Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

3. Theoretische und praktische Begründung

>> 3.1. theoretische Begründung
>> 3.2. prakttische Begründung


3.1. Theoretische Begründung

Die Unterrichtsmethode „Freie Arbeit“ entwickelte sich im Zuge der Reformpädagogik, in der neue Lehr- und Lernformen gesucht wurden, um Unterricht kindgerechter zu machen. Der Franzose Freinet gilt als Begründer der Freien Arbeit. Am be­kanntesten sind die „freien Texte“, die er seine Lerner schreiben ließ.
Freinet kombinierte Arbeitsmethoden wie das Drucken oder die Arbeit mit Karteikästen zu einem neuartigen Unterricht, weil das vorhandene Material von Schul- und Textbüchern ihm lebensfern schien und die Schüler deshalb nicht interessierte und motivierte. Er ist davon ausgegangen, dass die Entwicklung der Umwelt des Menschen so schnell voranschreitet, dass Lernen nicht mehr nur in der Übernahme tradierten Wissens bestehen könne. Ein persönlicher Impuls für das Umgestalten des Unterrichts war für ihn auch, dass er aufgrund einer Lungen­verletzung zu traditionellem Unterrichten, also ständigen Lehrervorträgen, nicht in der Lage war.
Im Zentrum seines Denkens steht die Persönlichkeitsentwicklung, die durch das Kind selbst gestaltet wird. Die Aufgabe des Lehrers ist es, eine fördernde Umgebung einzurichten, in der die Kinder nach ihren Interessen arbeiten können. Dafür bringen die Kinder beispielsweise Dinge mit in die Schule, die ihnen wertvoll erscheinen. Durch solche Maßnahmen möchte Freinet den Lebensweltbezug im Unterricht sichern, der aufgrund der rasanten politischen, technischen, gesellschaftlichen usw. Entwicklungen verloren zu gehen droht. Aus seiner historischen Perspektive ist Freinet der Ansicht, dass Schule verändert werden muss. Seiner Meinung nach fehlt der Lebensweltbezug im Unterricht, was Desinteresse an den Inhalten bei den Schülern auslöst. Arbeitsmittel und Techniken der Schule bedürfen einer Modernisierung.
Die Welle des Fortschritts stellt die Pädagogik, beispielsweise in Schulen, vor neue Auf­gaben. Die Erzieher können die Kinder nicht mehr optimal auf die Zukunft vorbereiten, wenn sie sich in der Sicherheit wiegen, dass diese mit den gleichen Problemen und Lebens­umständen konfrontiert sein werden wie sie selbst. Es gilt stattdessen, den individuellen Standpunkt des Schülers in seiner ihm eigenen Umgebung in den Blick zu nehmen.
Freinet ist der Ansicht, dass Schule verändert werden muss. Seiner Meinung nach fehlt vor allem der Lebensweltbezug im Unterricht, der im 20. Jahrhundert ständig zugenommen hat. Diesbezüglich kritisiert er Maria Montessoris Pädagogik: „Sie besteht heute noch genauso wie 1930, und deshalb ist sie überholt.“ ( Jörg 1981, S.38, zit. Freinet 1964) Nach Freinet ist die Montessori-Pädagogik in ihren „wissenschaftlichen“ Richtlinien zu sehr befangen und Sklave eines unbeweglichen Materials. Gleichwohl spielt das Material in den Arbeitskarteien und den Arbeitsmitteln (Arbeitsateliers), die Quellen auch für die freie Arbeit darstellen, auch bei Freinet eine große Rolle. Freiarbeit meint keine beliebige Freiheit, sondern soll sich an sinnvollen Abarbeitungen im Blick auf lebensweltliche und sachliche (wissenschaftlich-technische) Probleme orientieren. Hier steht die Lehrkraft in der Verantwortung, ein sinn­volles Material und sinnvolle Aufgaben zu konzipieren und zur Verfügung zu stellen.

Bei Maria Montessori (1870-1952), Ärztin, Professorin für Anthropologie und Pädagogik in Italien, gibt es auch einen Ansatz zur Freien Arbeit. Sie begründete die heute noch weit verbreitete „Montessori-Pädagogik“. Hier wird die Freiheit des Arbeitsprozesses aber durch einen genau beschriebenen Rahmen begrenzt, und somit ist kritisch zu hinterfragen, wie frei diese Arbeit wirklich ist.
Maria Montessori beobachtete, dass Kinder in der Lage sind, sich über eine lange Zeit auf eine Sache zu konzentrieren („Polarisation der Aufmerksamkeit“). Hierfür braucht es jedoch die Einlösung besonderer Bedingungen: Die freie Wahl der Arbeit, eine relative Zeitfreiheit, d.h. ein eigenes Lerntempo in verschieden langen Arbeitsphasen, eine vorbereitete Um­gebung, einen Lehrer, der diese gestaltet, der berät, hilft und anleitet, es braucht die Gruppe für soziales Leben und Lernen, was besonders in jahrgangsübergreifenden Klassen möglich ist, und es braucht Freiheit und Disziplin, da letztere den Rahmen geben, in dem sich die Freiheit entfalten kann.
Ein Kernstück der Montessori-Pädagogik ist das sog. Freispiel, in dem die Kinder wählen, womit sie sich beschäftigen wollen. Allerdings findet diese Wahl innerhalb eines eher ein­geschränkten Material­angebots statt, und dessen genaue und einzig mögliche Handhabung wiederum wird vom Lehrer eingeführt. Diese genauen Vorgaben ergeben sich dadurch, dass Montessori von einem „Bauplan“ ausging, nach dem sich alle Kinder entwickeln, und der für sie besondere „sensible Phasen“ für das Erlernen ganz bestimmter Fähigkeiten vorsieht. Jedes Material ist für eine bestimmte Phase konzipiert und auch nur dann interessant.
Vgl. weiterführend zum heutigen Ansatz insbesondere http://www.montessori-deutschland.de

Auch Peter Petersen (1881-1952) geht wie Montessori und Freinet davon aus, dass es im Kind einen „angelegten und treibenden Bildungsdrang“ gibt. Auch er hat ein Konzept der Freien Arbeit entwickelt. Petersen wollte die Volksschullehrerbildung reformieren und eine neue Grundlage für das Verhältnis von pädagogischer Theorie und Praxis entwickeln. Sein „Jenaplan“, der keine Unterrichtsmethode sein soll, sondern ein pädagogisches Konzept, will Lernräume außerhalb der Schule einbeziehen, selbstständiges und interessengeleitetes Lernen, eine Aufhebung der Fächertrennung und auch eine Auflösung der Jahrgänge. Hierin soll es Phasen freier Arbeit geben.


3.2. Praktische Begründung

Freiarbeit als Methode basiert auf der Grundannahme, dass Kinder lernen wollen und dies auch eigenständig tun können. Wenn Lernen als Konstruktion von Wissen und nicht als Übertragung des Wissens von A nach B verstanden wird, dann muss Freiarbeit insbesondere die Eigenständigkeit und freie Wahl der Lerngegenstände und Lernformen usw.  betonen. Konstruiert wird Wissen effektiv, wenn der Lerner aktiv bei der Auswahl der Inhalte und Methoden mitwirkt. Dieses aktive, Interessen geleitete, nicht (oder je nach Ausprägung wenig) eingeschränkte Tätigsein wird im Unterricht durch die Methode der Freien Arbeit besonders ermöglicht.
Die Freiarbeit gewährleistet ein individuelles Arbeiten der Schüler. Sie begegnet somit der Gefahr eines gleichschrittigen Unterrichts, besonders der Unter- oder Überforderung der Schüler sowie der Lebensferne, da an bereits vorhandenes Wissen und Fähigkeiten angeknüpft wird. Im Prozess des Freien Lernens entdecken die Schüler eigenständig, welche Informationen, Wissensvorräte, Lernstoffe usw. ihnen zur Bewältigung ihrer Arbeitsaufgabe fehlen und wenden sich dabei auch bereits gelerntem Stoff wieder zu. Sie lernen also nicht linear, sondern pendelnd/kreiselnd.
Freiarbeit trägt ebenfalls zur Persönlichkeitsentwicklung bei, da sie wichtige Kompetenzen übt, wie z.B. Selbstständigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Einschätzen eigener Fähigkeiten, Reflektieren der Konsequenzen des eigenen Handelns, Selbstkontrolle, Erfahren eigener Grenzen.