Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

7. Praxiserfahrungen

 

7.1. Klassisches Memory-Spiel  

In Hinsicht auf das klassische Memory-Spiel sind vielfache Erfahrungswerte mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vorhanden, die zeigen, dass das Grundschema des Spiels einen anregenden, motivierenden Charakter hat und im Rahmen zahlreicher Kontexte in Freizeit und Ausbildung attraktiv ist.

 

Memory mit Kindern

Als Beispiel einer Praxiserfahrung mit dem klassischen Memory-Spiel als Lernmethode kann ein Englischkurs mit Grundschulkindern dienen, den wir durchführten. Die Methode wurde wiederholt angewandt, um Zahlen im Englischen, Monatsnamen, Früchtebezeichnungen usw. einzuprägen. Zuerst wurden gemeinsam mit den 6 Kindern zu einem bestimmten Thema je doppelt vorhandene Memory-Karten erstellt. Hierbei spielte zunächst die Konzentration auf die richtige Schreibweise eine Rolle und sollte einen ersten Lernanreiz darstellen. Außerdem standen verschiedene Farbstifte zur Verfügung, die erlaubten, die Karten nach eigenem Ermessen zu gestalten. Hiermit haben alle zur Entstehung des gesamten Spiels beigetragen und waren stolz auf das entstandene Werk. Im Anschluss wurden die Karten verdeckt gemischt und dann verdeckt auf dem Tisch ausgebreitet. Die Person, die an der Reihe war, durfte zwei Karten hintereinander aufdecken und hatte die Aufgabe, die aufgedeckten Begriffe jeweils vorzulesen, womit gleichzeitig die Aussprache und das Hören der Worte geübt und verbessert werden konnten. Die verschiedenen Zugangsweisen zum Lernstoff (schreiben, sehen, hören, sprechen) bieten mehrere Möglichkeiten zum Aufnehmen der Begriffe, und die Wiederholungen durch das mehrmalige Aufdecken einer Karte erleichtern möglicherweise das Merken und Erinnern. Stimmten die zwei Begriffe überein, durften von derselben Person zwei weitere Karten aufgedeckt werden usw.

Die Lernberaterin gab bei der Aussprache Unterstützung und moderierte das Spiel. Die Lernenden schienen von Anfang an begeistert von der Idee, ein Memory-Spiel zu spielen, und waren kontinuierlich bei der Sache. Der Spielcharakter schien eine motivierende Wirkung auf sie zu haben. Wieviel sie letztlich dabei gelernt bzw. sich eingeprägt haben, ist nicht im Anschluss an das Spiel überprüft worden und der Lerneffekt somit unklar. Erneute Wiederholung innerhalb kurzer Zeit erscheint jedoch wichtig, um das Einprägen zu unterstützen. Darüber hinaus könnte es von Bedeutung sein, mit Einzelnen im Verlauf und am Ende des Spiels möglichst sensibel in Hinsicht darauf umzugehen, dass manche ggf. mit wenigen oder gar keinen Karten ausgehen und dies Auswirkungen auf ihr Selbstvertrauen, besonders bezüglich des zu lernenden Stoffes haben könnte. Hier wäre ggf. eine weitere Lernmethode anzuschließen, die den Einzelnen eine Wiederholung und Erfolgserlebnisse ermöglicht.

Sind mehrere erstellte Memory-Spiele zu unterschiedlichen Themengebieten vorhanden, so ist es möglich, diese zu einem größeren, erweiterten Spiel zusammenzunehmen und dieses Spiel schließlich im Sinne einer Gesamtwiederholung zu nutzen.

 

7.2. Memory und Sinneswahnehmung

Mit Kindern und Jugendlichen

Auf einem Spielefest für Kinder und Jugendliche in Luxemburg wurde ein sogenannter „Bazar der Sinne“ angeboten, den eine der Autorinnen mit betreute. Dieser umfasste mehrere Stationen:

  • Ein Fühl-Memory, bei dem kleine Stoffsäckchen mit jeweils zweimal den gleichen Inhaltsstoffen an einer Pinwand befestigt waren. Inhalte waren z.B. Sand, Kieselsteine, Schaumgummi, Karton usw.
  • Ein Riech-Memory, bei dem in längeren Röhren mit kleiner Öffnung je zwei gleich riechende Inhaltsstoffe vorhanden und herauszufinden waren, wie z.B. Pfefferminze, Zitrone, Kaffeebohnen, Nelkengewürz usw.
  • Ein Hör-Memory, bei dem in kleinen Filmdosen befindliche Gegenstände gleicher Art gefunden werden sollten, wie Münzen, Steine, Sand, Haselnüsse usw.
  • Ein Laufparkur, bei dem idealerweise mit geschlossenen, ggf. verbundenen Augen, wenn gewünscht an Arm oder Hand begleitet, ohne Schuhe über verschiedene Bodenbeläge gegangen werden konnte und geraten werden sollte, um welchen Belag es sich handelt. Als Beläge dienten z.B. Sand, Schaumgummi, Heu, Kieselsteine.

Bei jedem dieser Angebote ging es um die Erfahrung und den Einsatz der eigenen Sinne. Neben der Zuordnung von zwei gleich riechenden, sich anhörenden oder –fühlenden Inhaltsstoffen war es bei allen Stationen eine mögliche Zusatzaufgabe, diese zu benennen. Dies bot einen weiteren Lerneffekt. Eine eigene Überprüfung der Zuordnungen und die Aufschlüsselung zu den tatsächlichen Inhaltsstoffen ermöglichten sich dadurch, dass auf der Rück- oder Unterseite der jeweiligen Gegenstände farbliche oder anderweitige Kennzeichen gegeben waren (Buchstaben, Zahlen, Wörter). Die Helferinnen erklärten die Aufgaben, gaben Unterstützung, wenn sie gefragt wurden, begleiteten jede einzelne Person bei ihrer Erfahrung und halfen bei der Aufschlüsselung. Der Bazar war einer der am meisten besuchten Stände auf dem Spielefest. Er wurde vorwiegend von ca. 6 – 11-jährigen Jungen und vor allem Mädchen, teils auch jüngeren und älteren Kindern bzw. Jugendlichen, besucht. Die meisten probierten alle Angebote aus und konnten die zusammengehörigen Inhaltsstoffe größtenteils zuordnen. Auch eine Benennung der Inhaltsstoffe war oftmals möglich. Das machte Spaß und regte an, über die Sinne neue Erfahrungen zu machen.          

 

7.3. Mega Memory  

Merken von Einkaufslisten mit Erwachsenen. Während der Erarbeitungsphase dieses Textes, beim Sichten und Bearbeiten, galt es, für uns zu erfahren, wie schnell das Gedächtnis Zahlensymbole speichert und Verknüpfungen herstellt. Um zu schauen, wie Personen ohne Hintergrundwissen die Memory-Methode umsetzen, testeten wir nachfolgend angeführte Aufgabe. Wir baten 3 „Probanden“ (jeden einzeln, unabhängig voneinander), einen Einkaufszettel mit 5 Artikeln mit den ersten 5 Zahlensymbolen zu verknüpfen (laut Geisselhart für den Anfang ausreichend). Diese Geschichten/Verknüpfungen sollten sie uns mitteilen. Nach 10 Minuten konnten alle die 5 Begriffe aufzählen. Nach 30 Minuten auch noch. Nach zwei Stunden fehlte einem der drei ein Begriff. Nach einer Woche konnten zwei Personen immer noch den kompletten Einkaufszettel benennen (die Zeitdauer ist eher zufällig entstanden, hat keinen empirischen Wert und spiegelt auch nicht die empfohlenen Wiederholungszahlen der Autoren Geisselhart und Staub). Ausschlaggebend für die Erinnerung waren die Verknüpfungen und Geschichten. Tatsächlich wurden nicht die einzelnen Einkaufsgüter benannt, sondern die Geschichten, und daraus wurde dann der einzukaufende Gegenstand abgeleitet. Konsequenz: Die Person, die einen Begriff vergessen hatte, konnte auch die dazugehörige Geschichte nicht rekonstruieren. Dies unterstützt die These, dass, wie schon öfter betont, Gedächtnisleistungen sehr wohl über die Anwendung von Bildern, Geschichten usw. erfolgreich erbracht werden können.

 

7.4. MEMO-Story

Mit Erwachsenen MEMO-Story ist einer der Autorinnen aus dem Freizeitbereich mit Erwachsenen bekannt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich Begriffe in Verbindung mit einer Geschichte gut einprägen ließen. Anhand der entstehenden Geschichten, die besonders dann gut zu merken waren, wenn sie interessante Verknüpfungen aufwiesen, amüsant oder skurril erschienen, war es möglich, lebhafte Vorstellungen des zu Merkenden zu entwickeln. Im Laufe der Entwicklung und Wiederholung der gemeinsam konstruierten Geschichten entstanden Motivation, Spaß und ein Gemeinschaftsgefühl. Das Ziel der Geselligkeit und eines heiteren, konzentrierten Zusam­men­seins wurde dabei erreicht. Die positive Wirkung des Gedächtnistrainings stellte einen Nebeneffekt dar, der zwar nicht bewusst eingeplant war, vielleicht aber gerade deshalb und durch den Spielcharakter erreicht werden konnte.