Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

3. Theoretische und praktische Begründung

3.1 Theoretische Begründung
3.1.1 Skulpturarbeit nach Virginia Satir
3.1.2 Ericksonsche Hypnotherapie
3.1.3 Lösungsfokussierte Methoden der Schule von Milwaukee
3.2 Praktische Begründung
3.2.1 Familienaufstellungen nach Hellinger
3.2.2 Systemische Strukturaufstellungen nach Sparrer/von Kibéd
3.2.3 Lösungsfokussierte Systemische Strukturaufstellungen

Aufstellungen wurden in der Tradition der systemischen Familientherapie entwickelt, sie stellen eine Erweiterung der Skulpturarbeit Virginia Satirs dar. In diesem Kapitel möchten wir herausstellen, in welcher Weise es sich bei der Aufstellungsarbeit sowohl in theoretischer als auch in praktischer Sicht um eine Therapie- und Beratungsmethode im konstruktivistischen Sinn handelt.

Wir möchten in diesem Kapitel darauf eingehen, inwieweit sich die drei Beobachterperspektiven der Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion in der systemischen Aufstellungsarbeit sowie in ihren Grundlagen wieder finden lassen. Zudem werden wir die einzelnen Ansätze auch auf die Einhaltung und Umsetzung der systemischen Grund­prinzipien und deren Auswirkungen auf die beraterische und therapeutische Praxis untersuchen.

Systemische Aufstellungen sind vor allem eine Methode der Praxis, die zwar auf einer Theoriebasis aufbaut, deren Bedeutung für die systemische Therapie und Beratung sich aber erst in ihrer praktischen Umsetzung zeigen lässt. Im Bereich der Anwendung zeigt sich häufig, dass es bei weitem mehr auf das Menschenbild und die systemische Haltung des Therapeuten oder Beraters als auf festgelegte theoretische Modelle an­kommt, die einen geraden Weg des Vorgehens vorschreiben und somit viele Ressourcen des Klienten außer Acht lassen würden.


3.1. Theoretische Begründung

Wir möchten uns zunächst mit der Entwicklung der systemischen Aufstellungsmethode im Bereich der Familientherapie befassen und in diesem Kapitel die Grundlagen, aus denen sich die Aufstellungsarbeit entwickelt hat, darstellen. Dabei werden wir zunächst auf die Skulpturen im Rahmen der Familientherapie nach Virginia Satir eingehen, um dann über die Hypnotherapie nach Milton H. Erickson zur lösungsfokussierten Kurztherapie Steve de Shazers zu kommen, die im Zusammenhang mit den Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen eine besondere Rolle spielt – stellt sie doch neben den Systemischen Strukturaufstellungen eine ihrer Wurzeln dar.

3.1.1 Skulpturarbeit nach Virginia Satir

Grundannahmen der Familientherapie nach Virginia Satir
Virginia Satirs familientherapeutische Arbeit zeichnet sich vor allem durch das dahinter stehende Menschenbild der Therapeutin aus. Satir geht davon aus, dass sich der Mensch im Laufe seines Lebens unaufhörlich weiterentwickeln und verändern kann. Wenn Probleme den Kontakt zu dieser inneren Kraft verhindern, ist es die Aufgabe des Therapeuten diese Verbindung wieder herzustellen und dem Menschen somit die Möglichkeit zu geben aus seinem gesamten, von Geburt an vorhandenem Potential zu schöpfen. Diese Annahme führt zu einer Veränderung in der Beziehung zwischen Therapeut und Klient: Es handelt sich nicht mehr um eine Experten-Laien-Beziehung, sondern vielmehr um eine gleichberechtigte Beziehung ohne hierarchische Ordnung, in der auch alle Klienten, unabhängig von ihrem Alters- oder gesellschaftlichen Status, gleichwertig sind.
Satir arbeitet zudem mit einem systemischen Verständnis von Familie und zwischenmenschlichen Beziehungen, welches besagt, dass kein Mensch isoliert existieren kann und die Erfahrungen, die er im Laufe seines Lebens macht auch seine Einstellungen und Gefühle und somit sein Verhalten beeinflussen. Die Grundlagen für viele Problembewältigungsstrategien und die Anfänge der persönlichen Identität werden im Kindesalter und folglich in der Familie gelegt, für Virginia Satir steht bei letzterem vor allem die Triade zwischen Vater, Mutter und Kind im Vordergrund. Betrachtet man die Familie als System, so wird deutlich, dass Veränderungen immer alle Systemmitglieder betreffen und somit auch die Anwesenheit aller Familienmitglieder bei einer systemischen Therapie angezeigt ist. Nach Satir bestehen die grundlegenden Komponenten für das Funktionieren der Familie in einem positiven Selbstwert des Einzelnen, in einer direkten Kommunikation zwischen den Systemmitgliedern als auch in flexiblen Familienregeln, die zudem zur Diskussion stehen dürfen. In der Therapie werden der Familie diese verschiedenen Komponenten, ihr Zusammenspiel und ihre Auswirkungen auf das System Familie transparent gemacht. Virginia Satir betont, dass für sie die Entwicklung eines gesunden Umgangs mit Konflikten gegenüber der Arbeit an den Symptomen im Vordergrund steht, da ein Mensch mit einem guten Selbstwert in der Lage ist, neuen Problemen konstruktiv zu begegnen und somit auch keine Symptome mehr zeigen muss, da diese ihre Funktion verloren haben. Es geht somit in der Therapie oder Beratung nicht um die „direkte“ Beseitigung des Symptoms, sondern im Gegenteil darum, den Prozess der zur Entstehung des Symptoms beigetragen hat, zu verändern und somit das Symptom aufzulösen. (Vgl. Baldwin/Satir 1999, S. 135 ff)

Die Skulpturarbeit im konstruktivistischen Verständnis
Die Skulpturarbeit ermöglicht der Familie aufgrund ihres ganzheitlichen Vorgehens einen neuen Zugang zum System Familie zu finden und ihre Probleme aus unter­schiedlichen Perspektiven zu betrachten. In einer Familie finden tagtäglich die verschiedensten Prozesse statt. Allerdings werden diese nur selten von den Mitgliedern direkt wahrgenommen, vielmehr verlaufen sie häufig parallel oder beziehen sich aufeinander, so dass der Überblick über dieses Geflecht manchem verloren gehen kann. Eine Skulptur kann diese Beziehungen aufdecken und die einzelnen Teilprozesse sichtbar machen, so dass ein konstruktives Arbeiten wieder möglich wird. In vielen Familien beherrschen Kommunikationsprobleme, die zum Beispiel durch unklare Familienregeln entstehen können, das Miteinander. In der Skulpturarbeit können solche verdeckten Elemente offen, das heißt unmissver­ständlich herausgestellt werden und anschließend auf andere Situationen übertragen werden, so dass sich die Strukturen im System Familie insgesamt verändern können.
Das Stellen der Skulptur lässt sich mit der Arbeit eines Bildhauers vergleichen: Zunächst wird die Familie von einem ihrer Mitglieder so im Raum angeordnet, dass das entstandene Bild die Beziehungen in der Familie aus seiner Sicht repräsentiert. Die anderen Familienmitglieder haben die Möglichkeit, die Skulptur entsprechend ihrer Sichtweise zu verändern. Im konstruktivistischen Sinn würde dieses Vorgehen der Rekonstruktion entsprechen, was in diesem Zusammenhang bedeutet, dass jeder Teil­nehmer seine eigene Wirklichkeit entdeckt und somit eine Vielzahl von Beobachter­perspektiven entstehen können. Das Problem in der Familie wird somit für jeden durch die Wahrnehmungen am eigenen Körper erfahrbar. Durch die verschiedenen Skulpturen kommen die Familienmitglieder miteinander in Diskurs, dies lässt sich mit einer Dekonstruktion gleichsetzen: Regeln werden in Frage gestellt, Verhaltensweisen neu überdacht und Meinungen revidiert. Aus diesem Prozess können durch Konstruktion neue Lösungen entwickelt werden, die entweder ganz für sich allein oder durch eine Anpassung der alten Muster an die neue Sichtweise entstehen, was einer Umdeutung entsprechen würde. Infolgedessen können die Klienten ihre Problemlösestrategien modifizieren oder erweitern, so dass sie gestärkt aus einer Skulptur herausgehen können. Die Aufgabe des Therapeuten oder Beraters besteht darin, das individuelle Wachstum des Einzelnen in das Familiensystem zu integrieren (vgl. Baldwin/Satir 1999, S. 153). Für ihn bedeutet dies allerdings kein aktives Eingreifen oder Beeinflus­sen des Prozesses, sondern eine Rücknahme seiner eigenen Person, da er die Klienten ausschließlich unterstützen sollte, um sie nicht in eine von ihm persönlich favorisierte Richtung zu lenken (vgl. Schlippe/Schweitzer 2003, S. 164 f).

Die Arbeit mit Skulpturen in der therapeutischen Praxis
Da die Methode der Skulpturarbeit sowohl in der Therapie als auch in der psychologischen und pädagogischen Beratung eingesetzt wird, werden wir im Folgenden die Bezeichnungen Therapeut und Berater synonym verwenden.
Die familientherapeutischen Praxen und die Familienberatungsstellen werden heute von den unterschiedlichsten Menschen mit sehr unterschiedlichen Problemen besucht. Die Arbeit mit Skulpturen bietet dabei den Vorteil, dass sie in jeder Altersstufe und gesellschaftlichen Schicht einsetzbar ist, da sie keine besonderen sprachlichen Finessen voraussetzt, sondern mit den körperlichen und emotionalen Wahrnehmungen der Klienten sehr konkret arbeiten kann. Des Weiteren können mit Hilfe dieser Methode die verschiedensten Probleme bearbeitet werden, da sie in der Praxis äußert flexibel, sogar bereits in der ersten Sitzung eingesetzt werden kann. Während der Aufstellung haben die Klienten die Möglichkeit sich ihrer Gefühle und Wünsche klar zu werden als auch ihre Einstellungen und Wünsche darzustellen. Dies erweist sich auf der verbalen Ebene häufig als problematisch, da Worte von den anderen falsch gedeutet werden können und somit nicht zur Klärung des Problems beitragen können. (Vgl. Schlippe/Schweitzer 2003, S. 164)
Für den Berater ergeben sich einige Voraussetzungen bei der Arbeit mit dieser Methode. Er sollte in jedem Fall die systemischen Grundannahmen und das Wertesystem, das Virginia Satirs Arbeit geprägt hat, kennen und berücksichtigen. Da die Arbeit mit Skulpturen keine enge Technik mit einem Fahrplan ist, kommt es insbesondere auf die Haltung an. Das Fehlen dieses „Fahrplans“ lässt sich darauf zurückführen, dass die Arbeit mit Systemen, wie z.B. der Familie, vom Berater ein flexibles Handeln erfordert, da sich ein System permanent im Fluss befindet und somit immer neue Situationen entstehen können, auf die eingegan­gen werden muss. Des Weiteren besteht bei einem festgelegten Beratungs- oder Therapieplan die Gefahr, dass „Realitäten“ und Prozesse der Familie nicht erkannt werden und somit nicht in die Behandlung einfließen können. (Vgl. Baldwin/Satir 1999, S. 180 ff)


3.1.2 Ericksonsche Hypnotherapie

Entwicklung und Einflüsse
Die Ursprünge der Hypnotherapie liegen in der Hypnose, einer Technik, die bereits seit langem zur Beeinflussung physiologischer Zustände eingesetzt wird. Milton H. Erickson lässt sich als Begründer der modernen Hypnotherapie bezeichnen. Er begann ab den 1950er Jahren hypnotische und psychotherapeutische Methoden zu verknüpfen und wendete diese in verschiedenen Therapiebereichen an.
Die Annahmen dieses Ansatzes beeinflussten später die Arbeiten Virginia Satirs als auch Steve de Shazers und stellen somit auch eine Grundlage der Systemischen Strukturaufstellungen dar.

Grundannahmen
Erickson geht davon aus, dass jeder Mensch prinzipiell hypnotisierbar ist. Die Basis der von ihm entwickelten Hypnotherapie bildet die Annahme, dass das menschliche Bewusstsein das Ergebnis eines aus sich selbst heraus entstehenden hypnotischen Prozesses ist, in dem der Mensch seine Wahrnehmung an seine Möglichkeiten (physische und psychische) anpasst und sie somit beschränkt. Da es ihm folglich möglich ist sich auf diese Weise selbst zu hypnotisieren, kann im Umkehrschluss durch eine Therapie mit Hilfe eines Therapeuten eine Umfokussierung der Aufmerksamkeit und somit einer Erweiterung der Möglichkeiten herbeigeführt werden.
Während der Mensch in der traditionellen Hypnose als passiv und direkt beeinflussbar dargestellt wird, geht Erickson von einem eigenständigen Menschen aus, der in der Lage ist über Veränderungen selbst zu entscheiden und der alle Potentiale, die er dazu benötigt, bereits in sich trägt. Die Hypnotherapie stellt lediglich eine Unterstützung dieses Prozesses dar, indem der Therapeut dem Klienten den Weg zu seinem Unbewussten ebnet und ihm so Zugang zu seinen Ressourcen verschafft. Dabei ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass der Klient den Prozess der Hypnose bewusst verfolgt, um nicht in die Gefahr einer Abhängigkeit vom Therapeuten zu geraten. Erickson geht ebenfalls davon aus, dass Probleme durch bewusstes Denken entstehen können, sowie dass der Weg zur Lösung im Unbewussten liegt, während beispielsweise die Psychoanalyse das Unbewusste als Ort der Problementstehung bezeichnet. (Vgl. Mücke 2003, S. 405 ff)
Die Beachtung der Autonomie des Klienten bedeutet für den Therapeuten, dass er ihn weder durch Suggestion in eine bestimmte Richtung lenken noch Lösungswege vorgeben darf. Die Utilisation (Nutzbarmachung) der Ressourcen des Klienten und die Anpassung der Therapie an diese stellen eines der wichtigsten Prinzipien der Hypno­therapie dar. Folglich lässt sich die Hypnotherapie als ein flexibler Ansatz bezeich­nen, der sowohl bei den verschiedensten Störungen als auch für unterschiedliche Klienten geeignet ist, da von ihnen keine Voraussetzungen erfüllt werden müssen – im Gegenteil, die Therapie kann individuell an die jeweiligen Werte, Erfahrungen und auch an den Interaktionsstil angepasst werden. (Vgl. http://www.meg-hypnose.de/hypn.htm)

Die Hypnotherapie im konstruktivistischen Verständnis
Während der Therapie/ Hypnose kommt es beim Klienten zu Bewusstseinsprozessen, die Parallelen mit dem konstruktivistischen Modell der Re-, De- und Konstruktion aufweisen. Wir möchten dieses Modell nutzen, um einige Elemente der Hypnotherapie vor dem Hintergrund der systemischen Therapie darzustellen und zu erläutern.
Der Therapeut hat die Möglichkeit durch Suggestionen kleine Veränderungen im Denken des Klienten herbeizuführen, welche die Mechanismen zur Problemerhaltung erschüttern. Diese werden meist beiläufig geäußert, zum Beispiel auch in Form einer Metapher und entgehen so der kritischen Betrachtung durch den Klienten, der sie möglicherweise aufgrund seiner Voreinstellungen direkt ablehnen würde.
Dieses Vorgehen führt über die Dekonstruktion der Einstellungen und Manifeste des Klienten zu einer „Neu-Konstruktion“. Derselbe Effekt kann auch durch eine Verun­sicherung der bestehenden Vorstellungen hervorgerufen werden, die dann den Abschied von alten Mustern und die Konstruktion erleichtern kann.
Klienten, die unter schmerzlichen Erfahrungen in ihrer Vergangenheit leiden, haben die Möglichkeit mit Hilfe der Regression (Orientierung in die Vergangenheit) an ihren Problemen zu arbeiten, indem sie durch Rekonstruktion eine neue Sicht auf die Geschehnisse entwickeln und sogar fiktive - aber realistische - Elemente hinzufügen können, um die Situation für sich positiv abzuschließen. Dieses Vorgehen kommt einer Dekonstruktion der bisherigen und anschließenden Konstruktion einer neuen Erinne­rung nahe. Es besteht zudem die Möglichkeit in der Zukunft nach neuen Lösungswegen zu suchen (Progression), welche eine gewisse Affinität zur Wunderfrage in der Lösungsfokussierten Kurztherapie darstellt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist in diesem Zusammenhang das Ziel der Therapie: Erickson strebt (ähnlich wie Satir) keine Auflösung, sondern eine Veränderung des Symptoms an, die es dem Klienten erleichtert mit ihm umzugehen. Diese Veränderung kann sowohl in der zeitlichen Dauer oder der Häufigkeit des Auftretens als auch in der Stärke oder anderen Variablen liegen. Somit bildet die Hypnotherapie ebenso wie die Lösungs­fokussierte Kurztherapie einen lösungsfokussierten Ansatz, der mit der Zukunft und nicht mit der Vergangenheit, mit Lösungen statt Problemen arbeitet. (Vgl.
http://www.meg-hypnose.de/expertise.pdf)

Die hypnotherapeutische Arbeit in der Praxis
Wie sieht die konkrete Umsetzbarkeit in die Praxis aus? Was zeichnet eine Hypnothera­pie aus, was kann sie leisten? Zuerst einmal möchten wir darauf hinweisen, dass die Hypnotherapie eine ausschließlich therapeutische Methode ist, die in der Beratung in dieser Form nicht eingesetzt werden kann, da es sich um eine eigenständige therapeutische Richtung und nicht um eine variabel einsetzbare Methode handelt. Deshalb werden wir nun zunächst auf die Person des Therapeuten eingehen. Neben einer speziellen Ausbildung gehört auch eine gute Vorstellungsgabe zu den Fähigkeiten, die im Bereich dieser Therapieform unab­dingbar sind. Die Beziehung zwischen Therapeut und Klient sollte auf ein Vertrauens­verhältnis aufbauen, da der Klient sich nur dann wirklich fallen und auf die Trance eingehen kann. Beim Therapeuten liegt eine große Verantwortung, da er die Möglich­keit einer Abhängigkeit von seiner Person von Seiten des Klienten, die durch diese Trance entstehen kann, nicht aus dem Blick verlieren darf und im Sinne und zum Wohl des Klienten die Entscheidung über die nächsten Schritte im therapeutischen Prozess treffen muss. Die Beziehung sollte auf eine Synchronisation von Therapeut und Klient ausgerichtet sein. Das bedeutet, dass der Therapeut durch empathisches Verhalten, in diesem Kontext „Pacing“ genannt, dem Klienten Rückmeldungen („Rapport“) gibt. Pacing kann sowohl auf der verbalen als auch auf der nonverbalen Ebene stattfinden und dient dem Aufbau von Vertrauen und als Wegbereiter für darauf folgende Sugges­tionen von Seiten des Therapeuten. (Vgl. http://www.meg-hypnose.de/expertise.pdf)
Für den Klienten gibt es bei dieser Therapieform die Möglichkeit der Verarbeitung traumatischer Ereignisse, die durch die Hypnose auf einer anderen Bewusstseinsebene stattfinden können. Beispielsweise können belastende Situationen in der Vergangenheit noch einmal, aber diesmal in Begleitung einer unterstützenden Person durchlebt werden, oder der Klient tritt mit seinem Körper in Kontakt, indem er durch eine Dissoziation (Abspaltung) vom Erleben eine bewusste Distanz zu ihm aufbauen und somit wieder eine Verbindung zu ihm aufbauen kann. (Vgl. Mücke 2003, S. 412)
Der Klient kann mit Hilfe einer Rekonstruktion seines Problems (Entdecken und Erfahren) zur Dekonstruktion (Enttarnen und Kritisieren) desselben und letztendlich zur Konstruktion (Erfinden und Gestalten) einer neuen Situation kommen.
Hypnotherapie wird meist im Rahmen einer Einzeltherapie eingesetzt, da die Kommunikation zwischen Therapeut und Klient (in Form von Suggestion während der Trance) eine der wichtigsten Komponenten darstellt. Es ist jedoch auch möglich mit kleinen Gruppen hypnotherapeutisch zu arbeiten (vgl.
http://www.meg-hypnose.de/expertise.pdf).


3.1.3 Lösungsfokussierte Methoden der Schule von Milwaukee

Grundannahmen
Die lösungsfokussierte Kurztherapie Steve de Shazers wurde ab Mitte der 1970er Jahre am Brief Family Therapy Center in Milwaukee entwickelt, ihre Wurzeln lassen sich unter anderem in der Hypnotherapie nach Milton H. Erickson finden.
Beide Ansätze arbeiten mit einer Lösungs- statt Problemorientierung und gehen davon aus, dass der Klient/Patient die Ressourcen, die er zur Lösung seiner Probleme benötigt, bereits in sich trägt. De Shazer bedient sich ebenfalls einiger hypnotherapeutisch orientierter Elemente (wie zum Beispiel der so genannten „Wunderfrage“), um seinen Klienten mögliche Lösungsszenarien, die in der Zukunft stattfinden könnten, zu suggerieren. Da die lösungsfokussierten Methoden zwar im Bereich der Therapie entwickelt wurden, mittlerweile aber ebenso in der Beratung zum Einsatz kommen, werden wir im folgenden die Bezeichnung des Beraters synonym mit dem des Therapeuten nutzen.
Die Aufgabe des Beraters besteht darin, den Klienten bei der Konstruktion neuer Lösungen zu unterstützen und durch den Veränderungsprozess zu begleiten. Das ressourcenorientierte Vorgehen des Beraters steht im Gegensatz zur Defizitorientierung manch anderer Therapieansätze, bei denen die Suche nach dem Problem und seine Beseitigung im Mittelpunkt des Interesses stehen.
Der lösungsfokussierten Kurztherapie liegt zudem ein systemisches Verständnis zu Grunde, welches sich beispielsweise darin äußert, dass hier nicht mit einem Ursache-Wirkungs-Modell gearbeitet wird, das Probleme und ihre Ursachen stringent zurückverfolgt, sondern mit einem ganzheitlichen Ansatz, der alle am Lösungsprozess beteiligen Elemente gleichermaßen berücksichtigt, da diese sich gegenseitig bedingen und beeinflussen können. Dieser Prozess verfolgt kein explizites und vorab festgelegtes Ziel, sondern orientiert sich an den individuellen Zielen des Klienten (nicht des Beraters), welche sich im Verlauf einer Beratung oder Therapie durchaus ändern können. (Vgl. Sparrer 2004, S. 23 ff)
In der lösungsfokussierten Therapie nimmt der Klient (wie im nächsten Kapitel ausführlicher beschrieben) im Laufe des Prozesses der Lösungsfindung verschiedene Perspektiven ein (zum Beispiel durch den Einsatz von zirkulären Fragen) und erwirbt somit eine neue Sicht der Dinge, diese lässt sich als systemisches Vorgehen beschreiben. Des Weiteren wird bei der Arbeit mit dem Klienten ein großer Fokus auf die Beschreibung von Unterschieden (in Bezug auf Gefühle oder Verhaltensweisen oder auch in Bezug auf das Problem) gerichtet, die mit Hilfe von Skalen gemessen werden. Die Lösungsfokussierte Kurztherapie bezieht sich deshalb weniger auf statische Größen wie Eigenschaften oder Zuschreibungen sondern berücksichtigt den beständigen Fluss des Systems und die daraus resultierenden Veränderungen. Auch der Berater wird als Bestandteil des Systems betrachtet und nimmt keinen objektiven Standpunkt als außen stehender Beobachter ein. (Vgl. Sparrer 2004, S. 400 ff)

D
ie Lösungsfokussierte Kurztherapie im konstruktivistischen Verständnis
Auch bei dieser Therapie können wir (ähnlich wie bei der Hypnotherapie) von einem systemisch-konstruktivistischen Ansatz ausgehen, dessen Vorgehen auf dem konstruktivistischen Modell der Re-, De- und Konstruktion basiert. Wir werden dieses Modell anhand der Methoden, die im Lauf der Therapie zur Lösungsfindung eingesetzt werden, erläutern. Der Berater hat die Möglichkeit, den Rekonstruktionsprozess anhand von verschiedenen Fragen anzustoßen, welche bereits vor der Beratung/Therapie oder während ihres Verlaufs gestellt werden können. Die Fragen (zum Beispiel Fragen nach Lösungen in der Vergangenheit oder Gegenwart) zielen auf bereits bestehende Lösungswege ab, die dem Klienten zu dem Zeitpunkt noch verborgen sind. Bei der Beantwortung stellt er fest, dass es bereits Lösungen gegeben hat oder das Ausnahmen vom Problem bestehen. Diese Erkenntnis führt zu einer Fokussierung auf die positiven Aspekte und somit zu einer neuen Sicht auf die Gegebenheiten. Es kommt zunächst zu einer Rekonstruktion der aktuellen Situation (inklusive der neuen Perspektive) und im Anschluss zu einer Dekonstruktion eben dieser Situation, indem sich der Klient fragt, was der Lösung eventuell noch im Weg steht oder warum die Ausnahmen nicht zur sprichwörtlichen Regel werden können. Diese Gedanken bilden die Basis für die Aktivierung ver­schütteter oder nicht bewusster Ressourcen und somit für die Konstruktion neuer Lösungen und einer neuen Lebenssituation, welche aber in Beziehung zur vorherigen steht. Auch die so genannte Wunderfrage setzt diesen Prozess der Re-, De- und Konstruktion in Gang, da der Berater dem Klienten durch sie einen Lösungszustand suggeriert und zugleich die systemischen Auswirkungen einer Lösung aufzeigt. Der Klient kann aus der Antwort auf die Wunderfrage etwas Neues konstruieren, indem er zuvor den bisherigen Weg dekonstruiert.
Mithilfe der Beantwortung der Fragen nach Lösungen macht der Klient die Erfahrung, dass Probleme keine feststehenden Begriffe oder Gegenstände sind, sondern auflösbare Konstrukte, die sich je nach Blickwinkel verändern und in einem ständigen Fluss befinden. (Vgl. Sparrer 2004, S. 27 ff)
Das Ziel der Beratung/Therapie könnte man als „Umschwung vom Problem- in den Lösungszustand [beschreiben]. Die Klientin ändert nicht einzelne Ereignisse, sondern sie ändert ihre Haltung zu Welt.“ (Sparrer 2004, S. 37)

Die Lösungsfokussierte Kurztherapie in der Praxis
Wir möchten nun auf die Haltung des Therapeuten/Beraters sowie auf die Chancen und Grenzen der lösungsfokussierten Kurztherapie eingehen. Die Rolle des Beraters in der lösungsfokussierten Kurztherapie lässt sich mit der eines Interviewers vergleichen: Er führt durch das Gespräch und fühlt sich in die Welt des Klienten ein ohne zu bewerten oder in eine bestimmte Richtung zu lenken, da auch er zum System des Klienten gehört und somit von Diagnosen absehen sollte, welche durch seine Abhängigkeit beeinflusst werden könnten.
Die Beziehung zwischen Berater und Klient ist durch eine beidseitige Wertschätzung geprägt, da jeder seinen Teil zum Gespräch beitragen kann: „Die Therapeutin ist Expertin für die Fragetechnik, die Klientin ist Expertin für die inhaltliche Entwicklung von Lösungen“ (Sparrer 2004, S. 35). Auf dieser gleichberechtigten Basis kann dann ein Vertrauen entstehen, das für beide Seiten unabdingbar ist: Der Klient gibt seine innersten Gedanken preis während der Berater in die Fähigkeiten des Klienten zur Problemlösung vertraut. Dies gibt dem Klienten ein positives Selbstwertgefühl und bestärkt ihn in seinem (auch von ihm, nicht vom Berater ausgehenden) Veränderungs­prozess. Die Interaktion zwischen Berater und Klient spielt eine wesentliche Rolle in der lösungsfokussierten Kurztherapie, sie ist maßgeblich an der Entstehung von Lösungen beteiligt. Dabei gilt allerdings: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, denn sowohl Berater als auch Klient können voneinander lernen und diese Erfahrungen machen mehr aus, als es die entstandene Lösung allein. (Vgl. Sparrer 2004, S. 35 ff)
Welche Chancen bietet eine lösungsfokussierte Kurztherapie und wo stößt sie an ihre (therapeutischen) Grenzen? Da die Theorie von den Ressourcen der Klienten ausgeht, von denen alle, die zur Lösung des Problems benötigt werden bereits vorhanden sind, könnte man davon ausgehen, dass keine neuen Fähigkeiten erlernt werden müssen um zu eben dieser Lösung zu gelangen. In der therapeutischen Praxis treten allerdings auch Fälle auf, bei denen der Erwerb neuer Fähigkeiten zur Verbesserung des Leidens angesagt ist. In diesem Fall würde die Arbeit mit so genannten „psychoedukativen“ Ansätzen, zu denen beispielsweise die Arbeit mit Angehörigen zählt, bessere Erfolge erzielen. Ein weiteres Beispiel des „Nicht-Lenkens“ oder „Nicht-Belehrens“ ist, dass auch die Weitergabe von Informationen (wie es z. B. in einer Beratung der Fall ist) an andere Stellen delegiert wird. Diese Tatsache lässt sich sowohl positiv als auch negativ beurteilen, je nachdem welchen Standpunkt man einnehmen möchte. Die Theorie geht davon aus, dass eine weiterführende Begleitung und Betreuung der Klienten nicht zu einem Veränderungsprozess beiträgt und somit nicht angezeigt ist. Der Klient hat somit auf der einen Seite die Chance sich seine persönliche Unabhängigkeit aufzubauen und autonom zu werden, andererseits fehlt ihm eventuell die Unterstützung im Alltag. (Vgl. Sparrer 2004, S. 83 f)
Ein weiterer positiver Aspekt bei der Betrachtung der Praxis dieses Ansatzes stellt die Einschränkung bei seiner Zielsetzung dar: Es können nur Ziele des Klienten verfolgt werden. Dies impliziert zudem, dass es sich bei der lösungsfokussierten Kurztherapie um eine Methode handelt, mit der man nicht in der Lage ist andere zu manipulieren, so lange der Therapeut seine eigenen Vorstellungen zurückhält und sich ganz auf die Ziele des Klienten konzentriert. (Vgl. Sparrer 2004, S. 85 ff) Kritisch ist zu bemerken, dass sich dieser Ansatz insbesondere bei schwierigeren psychischen Problemlagen nicht so einfach umsetzen lässt, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieser therapeutische Ansatz durch seine Lösungsorientierung zu den Kurzzeittherapien gehört und der Klient somit innerhalb kurzer Zeit erste Erfolge spüren kann bzw. sollte. Der Aspekt der Lösungsorientierung lässt sich auch in verschiedenen beraterischen Ansätzen wieder finden, zum Beispiel im Bereich der pädagogischen Beratung oder der Organisationsberatung.


3.2. Praktische Begründung

In diesem Kapitel werden wir auf die in der systemischen Beratungs- und Therapielandschaft momentan vorherrschenden praktischen Modelle der systemischen Au­stellungen eingehen. Bereits seit längerer Zeit lässt sich die Entwicklung von zwei Polen beobachten, die sich aus der Ursprungsform des Familienstellens entwickelt haben. Einerseits gibt es die Familienaufstellungen nach Bert Hellinger, der sich in den letzten Jahren vom Anfangsmodell weg zu einer mehr phänomenologisch oder – polemisch gesagt – esoterisch statt systemisch-konstruktivistisch ausgerichteten Arbeit hin orientiert hat und mittlerweile einer harschen Kritik einiger seiner früheren Kollegen und Weggefährten ausgesetzt ist. Auf der anderen Seite stehen insbesondere die systemisch-konstruktivistisch orientierten Systemi­schen Strukturaufstellungen und die sich daraus entwickelten Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen, die beide von Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd am Institut für systemische Ausbildung, Fortbildung und Forschung entwickelt wurden.
Zwischen und neben diesen beiden Polen lassen sich verschiedene weitere Ansätze finden, die sich mehr an dem einen oder am anderen Ansatz orientieren. Aus diesem Grund möchten wir uns in diesem Kapitel ausschließlich mit den beiden Hauptströmungen befassen und die kleineren Modelle außen vor lassen, auch wenn zu bedenken ist, dass jedes Modell seinen Wert hat und weitere Anregungen geben kann.


3.2.1 Familienaufstellungen nach Hellinger

Bert Hellingers Ansatz der Familienaufstellungen lässt sich nur schwer mit den systemischen Grundannahmen vereinbaren. Es gibt in der Fachwelt derzeit einen Diskurs, inwieweit er sich überhaupt systemisch nennen sollte. (Vgl.
http://www.systemische-gesellschaft.de/portal/index.php?option=content&task=view&id=7&Itemid=2
)
Zu bedenken ist jedenfalls, dass die Familienaufstellung nach Hellinger ein phänomenologisch orientierter Ansatz ist, der nicht auf dem konstruktivistischen Modell der Re-, De- und Konstruktion beruht. Demnach werden wir in diesem Kapitel zum einen auf die Unterschiede zum oben genannten Modell und des Weiteren auf die Praktikabilität des Ansatzes und die Gefahren, die er birgt, eingehen.

Familienaufstellungen und ihr theoretischer Hintergrund
Eine der bezeichnenden Grundannahmen Hellingers ist die der „Ordnungen der Liebe“. Er geht davon aus, dass ein System, in diesem Fall die Familie, nach bestimmten festgelegten Ordnungsprinzipien leben muss, um funktionstüchtig und gesund zu sein. Zu diesen Prinzipien gehört beispielsweise das der Rangfolge zwischen den einzelnen Mitgliedern (Eltern vor Kinder, Erstgeborener vor Zweitgeborener usw.) oder das des Gebens und Nehmens (Eltern geben, Kinder nehmen). Diese Festlegung widerspricht dem konstruktivistischen Grundgedanken der individuellen Wahrheitskonstruktion von unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Verständigungskontexten, da sie „eindimensionale“ Wahrheiten vorgibt und keinen Diskurs darüber zulässt. Die jeweils spezifischen Beziehungen und Bindungen der Familienmitglieder untereinander werden außer Acht gelassen, die jeweils unterschiedlichen Zusammenhänge bleiben unerforscht. Ein wesentlicher Grundsatz der systemischen Therapie ist es andererseits in anderen Ansätzen, besonders diese Verbindungen zu betrachten, sie in kultureller und kontextueller Hinsicht zu reflektieren und gegebenenfalls zu verändern. Der Mensch wird in der systemischen Therapie von fast allen Ansätzen als wertvoll und relativ autonom angesehen, seine Wahrheit ist es, die bei der Lösung des Problems zählt. Bert Hellingers Ansatz deutet an, dass es Menschen gibt, die die eine Wahrheit kennen (z.B. der Therapeut) und solche, die noch auf der Suche nach ihr sind und denen sie nahe gebracht werden sollte (z.B. Klient). Diese Einstellung lässt nicht auf eine, als Voraussetzung für eine systemische Therapie geltende, hinreichend offene und partnerschaftliche Beziehung zwischen Therapeut und Klient schließen. Die in der Aufstellung durchgeführten Interventionen sind seitens ihrer theoretischen Basis von einem bestimmten Menschenbild abgeleitet, aus dem wiederum Vorgaben für die Regeln in bestimmten Systemen (Eltern, binationale Paare) entstehen, die sich nicht immer eindeutig von hierarchischen Vorstellungen und einem Wertekonservativismus abgrenzen lassen.
(Vgl. http://www.systemische-gesellschaft.de/portal/index.php?option=content&task=view&id=7&Itemid=2)

Familienaufstellungen in der Praxis
Bert Hellinger lässt sich als Praktiker bezeichnen, beispielsweise bestehen seine Veröffentlichungen zu einem großen Teil aus Protokollen seiner Aufstellungen (genannt Kursbuch) oder aus Videoaufzeichnungen. Diese Darstellungen seiner Praxis zeigen, dass Bert Hellinger als Person im Mittelpunkt der Aufstellungen steht, dass der Fokus auf ihn statt auf die Klienten gerichtet ist. Von dieser Tatsache geht eine nicht unbeträchtliche Gefahr aus, da er als Therapeut einen nicht unrelevanten Einfluss auf seine Klienten hat und sie somit durch sein Vorgehen insbesondere dann manipulieren kann, wenn er normative Werturteile fällt. Durch seine zudem esoterisch anmutende Arbeitsweise mit einer Demonstration seiner Arbeit auf großer Bühne kann man ihm vorwerfen, sich in den Aufstellungen als eine Art allwissender „Guru“ in den Mittelpunkt zu rücken und das Wissen um die Wahrheit für sich zu beanspruchen, selbst wenn er dann behauptet, dass keiner ihm folgen „muss“. Hier unterschätzt er die Machtseite jeder Therapie erheblich.
Zum eigentlichen Ablauf der Familienaufstellungen lässt sich sagen, dass diese meist in sehr großen Gruppen von mehreren hundert Menschen, die als Zuschauer daran teilnehmen können, abgehalten werden und somit die persönliche und vertrauensvolle Beziehung zwischen Klient und Therapeut vernachlässigt wird beziehungsweise gar nicht aufgebaut werden kann. Die große Zuschauergruppe kann ebenfalls das Gefühl (sowohl beim Klienten als auch bei den Zuschauern) hervorrufen, dass der Klient vorgeführt wird, da seine innersten Gedanken und Gefühle vor einer großen passiven Gruppe nach außen gekehrt und er somit bloßgestellt wird.
Der Klient wird weder durch eine Vor- oder Nachbereitung betreut, was einerseits dazu führt, dass es keine umfassende explizite Klärung des Anliegens oder Auftrags an den Therapeuten gibt, andererseits wird der Klient nach der Aufstellung mit den mitunter aufwühlenden und beängstigenden Emotionen allein gelassen und muss sich selbst einen Weg der Verarbeitung suchen. Hellinger geht davon aus, dass es eine Wahrheit gibt, zu der er als Therapeut Zugang hat und mit der er den Klienten während der Aufstellung konfrontiert. Da es sich (laut Hellingers Ansicht) um die einzige für die Situation relevante Wahrheit handelt, muss der Klient versuchen, sich mit ihr auseinanderzusetzen und letztendlich zu arrangieren. Diese (sehr anmaßende und verantwortungsproblematische) Haltung lässt sich nicht mit dem Grundgedanken des Konstruktivismus vereinbaren, dass sich jeder seine eigene Wirklich­keit erschafft, diese entdeckt und auch im Rahmen seiner Kontexte reflektieren muss, um sie erfolgreich zu verändern. Zu dieser „einen Wahrheit“ gehört beispielsweise auch die Annahme, dass bestimmte Verhaltens­weisen wiederum bestimmte, festgelegte Konse­­quenzen mit sich tragen, zum Beispiel dass eine Krebserkrankung durch eine gestörte Beziehung zum Vater entsteht (vgl. Hellinger 1998, S. 410 ff). Dieses Modell der Kausalität weicht ebenfalls vom systemischen Ver­ständnis von der Entstehung von Problemen ab.
(Vgl.
http://www.systemische-gesellschaft.de/portal/index.php?option=content&task=view&id=7&Itemid=2)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Familienstellen nach Hellinger diverse Gefahren für den Klienten in sich birgt, zum Beispiel durch die unkontrollierte Begegnung mit der Vergangenheit oder der Familiengeschichte, bei der beim Klienten Gefühle ausgelöst werden können, die dieser häufig nicht ohne längerfristige Hilfe aufarbeiten kann. Zu einer effektiven und unterstützenden Psychotherapie gehört immer auch ein verantwortungsvoller Therapeut, der sich seiner Rolle bewusst ist und sie nicht zur Beeinflussung und Lenkung seiner Klienten benutzt. Demnach kann die Methode nach Hellinger in keinem Fall empfohlen werden.


3.2.2 Systemische Strukturaufstellungen nach Sparrer/von Kibéd

Die Systemischen Strukturaufstellungen im systemischen und konstruktivistischen Verständnis
Die Systemischen Strukturaufstellungen, die von Insa Sparrer und Mattias Varga von Kibéd seit Ende der 1980er Jahre entwickelt werden, begründen sich auf der modernen Hypnotherapie und lassen sich demnach eher den systemisch-konstruktivistischen Ver­fahren zuordnen als andere Aufstellungsmethoden wie beispielsweise das Familienstellen nach Hellinger. Gleichwohl fällt bei der Lektüre ihrer Texte auf, dass auch sie mitunter dazu neigen, kulturelle und persönliche Kontexte schnell zugunsten des gewählten Verfahrens zu übergehen und damit zu einer Vereinfachung der Beschreibung psychischer und kommunikativer Interaktionen neigen. Es ist nicht immer einfach für die Leserin/den Leser, hier für sich aufzuklären, inwieweit trotz der Absetzungen von Hellinger nicht immer noch ein gewisser Anteil Hellinger auch hier bestehen bleibt.
Insa Sparrer erläutert allerdings in ihrem Buch „Wunder, Lösung und System“ den Begriff „systemisch“, der häufig im Zusammenhang mit Therapie und Beratung gebraucht wird, auf eine ausgesprochen systemische Weise, da sie ihn nicht als stabile Eigenschafts­beschreibung, sondern als Möglichkeit der Skalierung im Sinne von „systemischer als“ benutzt. Die Systemischen Strukturaufstellungen erfüllen alle Kriterien dieser Skala im Sinne des „systemischer als“. Sie berücksichtigen mehr Kontexte und Perspektiven als andere Methoden und richten ihren Fokus auch in der therapeutischen Praxis auf die Herausstellung von Unterschieden statt auf die Beschreibung von Eigenschaften, die sich in diesem Kontext als statische Werte beschreiben lassen. Dieses Vorgehen führt zu einer umfassenderen Berücksichtigung der Interaktionen der Repräsentanten, deren Inhalt die Herausstellung der Unterschiede zwischen ihren Empfindungen während der unterschiedlichen Aufstellungsbilder ist. Veränderungen stehen für Prozesse, für Entwicklung, während die Beschreibung verschiedener Zustände oder Eigenschaften darüber keine Aussage treffen können. (Vgl. Sparrer 2004, S. 400 ff)
Die Systemischen Strukturaufstellungen werden von manchen Theoretikern eher den systemisch-phänomenologischen als den systemisch-konstruktivistischen Methoden (zu denen beispielsweise auch die Lösungsfokussierte Kurztherapie zählt) zugeordnet. Insa Sparrer zeigt in ihrem Buch „Wunder, Lösung und System“ jedoch auf überzeugende Weise auf, dass beide Methoden sowohl konstruktivistische als auch phänomenologi­sche Aspekte beinhalten (vgl. Sparrer 2004, S. 400 ff).
Diese konstruktivistischen Gesichtspunkte möchten wir im Folgenden erläutern. Auch bei den Systemischen Strukturaufstellungen lässt sich das konstruktivistische Modell der Re-, De- und Konstruktion wieder finden. Wir gehen davon aus, dass der Mensch das, was er wahrnimmt in diesem Prozess beeinflusst, folglich kann er nicht losgelöst von seinem eigenen Bewusstsein, seinen Erfahrungen und Einstellungen wahr­nehmen. Das in der Aufstellung entstandene Problembild zeigt demzufolge auch seine persön­liche und individuelle Sicht der Dinge, das heißt keine Tatsachen, sondern die Ent­stehung der Probleme in seinen zwischenmenschlichen Beziehungen auf. In Anlehnung an das oben genannte Modell lässt sich dieser Wahrnehmungsprozess als Rekonstruktion erklären: Der Klient stellt seine Sichtweise auf das Problem auf, er entdeckt seine Wirklichkeit und externalisiert sein inneres Bild. Der darauf folgende Schritt ist der der Dekonstruktion. Da es sich bei der Aufstellung um ein externes Bild handelt, ist es dem Klienten möglich mit diesem zu arbeiten und es zu verändern. Die Wirklichkeit wird enttarnt. Diese Enttarnung kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass eine andere Person das System aufstellt und somit eine weitere, von der des Klienten abweichende Perspektive einbringt, welche dann vom Klienten hinsichtlich des vorhan­denen Problems bewertet wird. Dies kann dazu führen, dass zum Beispiel die Vorstellung der eingebildeten perfekten Familie einen Riss bekommt und eine neue Wirklichkeit entsteht (Konstruktion), z.B. den Umgang mit Konflikten auch in perfekt gedachten Familien.
Das letztendlich entstandene Lösungsbild stellt wiederum nur eine Möglichkeit zur Lösung des Problems dar, je nach Perspektive können sich auch andere Lösungen eignen. Das „eigentliche“ Problem wird durch die Findung einer Lösung nicht gelöst, es kann aber der Lösungsprozess in Bewegung gesetzt werden, der im Laufe der Zeit im Idealfall zu einer neuen Wirklichkeitskonstruktion führen kann. (Vgl. Sparrer 2004, S. 417 ff)
Insa Sparrer sagt zum Charakter der Systemischen Strukturaufstellungen, dass „eine Aufstellung (…) also sicher nicht die Abbildung einer Wirklichkeit, sondern eher vergleichbar mit einem bunten Strauß aus verschiedenen perspektivischen Bildern von verschiedenen konstruierten Wirklichkeiten [ist]“ (Sparrer 2004, S. 420).
Der Berater muss während der Aufstellung darauf achten, nicht deutend und somit lenkend in den Prozess einzugreifen, da seine persönliche Sicht auf die Wirklichkeit nicht ausschlaggebend für die Lösungsfindung des Klienten ist. Auch der in der Aufstel­lung durchgeführte Strukturebenenwechsel stellt eine Möglichkeit zur Rekonstruktion dar: Der Klient kann seine gesellschaftlichen Rollen und deren Kongruenzen oder Differenzen entdecken. (Vgl. http://www.syst.info/index.php?id=1,37,0,0,1,0)

Die systemischen Strukturaufstellungen in der Praxis
Systemische Strukturaufstellungen werden sowohl im Bereich der Beratung als auch der Therapie angewandt. Es gibt eine Vielzahl an Aufstellungsarten (z.B. Problemaufstellung, Tetralemmaaufstellung, Entscheidungsaufstellung oder auch die im nächsten Kapitel ausführlich besprochenen Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen) und Aufstellungstypen (z.B. verdeckt, mit Strukturebenenwechsel, systematisch mehrdeutige Aufstellungen, Supervisionsaufstellungen), ebenso wie verschiedene Bereiche, in denen die Systemischen Strukturaufstellungen eingesetzt werden, wie beispielsweise die Organisationsberatung, der politische oder der kreativ-künstlerische Bereich. Aus diesem Grund werden wir im Folgenden den Begriff des Therapeuten synonym mit dem des Beraters verwenden.
Dem Berater kommt bei den Systemischen Strukturaufstellungen eine entscheidende Rolle zu. Im Gegensatz zu anderen Aufstellungsansätzen besteht sein Part allerdings in einer neutralen Haltung gegenüber dem Klienten, die von Deutungen oder Beeinflus­sung (im Sinne von Manipulation) absieht. Der Berater muss sich seiner Verantwortung bewusst sein und sollte sich ausschließlich auf die Vermittlung und Anleitung des methodischen Vorgehens beschränken. Diese Zurückhaltung erfordert Vertrauen in die Fähigkeiten des Klienten, selbständig zu einem Problemlösungsprozess zu gelangen. Auch wenn dies eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, so sollte er seinen Klienten geduldig begleiten und ihm unterstützend zur Seite stehen. Des Weiteren spielt das Pacing, also die Beachtung der Sprache des Klienten und seine Formulierungen, eine wichtige Rolle im Aufstellungsprozess, da diese als direkte Grundlage für eine Aufstellung genutzt werden können (vgl. Sparrer 2004, S. 102). Die Aufstellung kann sowohl in einer Gruppe erfolgen, die aus dem Klienten und den (personalen) Repräsentanten der Systemmitglieder besteht als auch in Einzelarbeit mit dem Klienten, indem dieser Symbole, Kärtchen oder ähnliches als Repräsentant verwendet.


3.2.3 Lösungsfokussierte Systemische Strukturaufstellungen

Lösungsfokussierte Systemische Strukturaufstellungen im konstruktivistischen Verständnis
Die Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen wurden von Insa Sparrer als eine Erweiterung der Systemischen Strukturaufstellungen entwickelt. Sie stellen eine Kombination der oben genannten Aufstellungsmethode mit der Lösungsfokussierten Kurztherapie Steve de Shazers dar.
Auch wenn diese beiden Ansätze zunächst einmal recht unterschiedlich erscheinen mögen, der eine systemisch-konstruktivistisch, der andere eher systemisch-phänomenologisch, so gibt es dennoch einige Gemeinsamkeiten, die eine Kombination zulassen. Zum einen stellen beide Ansätze Kurzzeittherapieformen dar, die auf wenige Sitzungen und eine hohe Eigenverantwortlichkeit der Klienten ausgerichtet sind. Auch die thera­peutische Haltung der Allparteilichkeit, Offenheit und des Verzichts auf Bewertungen findet sich in beiden Ansätzen wieder. Eine weitere Übereinstimmung ist die syntakti­sche Arbeit, das heißt eine therapeutische Arbeit bei der mehr Wert auf die Unterschiede zwischen Empfindungen oder Situationen als auf deren Beschreibung und Deutung gelegt wird. (Vgl. Sparrer 2004, S. 174)
Bei der Kombination gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen die sukzessive Kombina­tion der beiden Methoden, entweder innerhalb einer Sitzung oder im Verlauf der Therapie durch eine Integration der lösungsfokussierten Kurztherapie in die Systemischen Strukturaufstellungen und umgekehrt, oder aber die Option das lösungsfokussierte Vorgehen als Aufstellung durchzuführen. Dabei wird die Gesprächsform der lösungs­fokussierten Kurztherapie als räumliche Beziehungsstruktur aufgestellt. Die letztge­nannte Möglichkeit der Kombination verbindet die Vorzüge beider Ansätze und erhöht somit ihre Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit (vgl. Sparrer 2004, S. 235).
Die Arbeit der Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen lässt sich ebenso wie ihre beiden Komponenten anhand des konstruktivistischen Modells der Re-, De- und Konstruktion erklären. Zuvor werden wir kurz die Vorgehensweise bei der Neun- oder Zwölffelderaufstellung darstellen, um anhand dieser das Modell erläutern zu können.
Bei der Neun- oder Zwölffelderaufstellung wird ein Koordinatensystem auf dem Boden markiert, dessen Achsen die Zeit (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) und die Berei­che des internen Kontextes, der Grenze (Person) und des externen Kontextes darstellen. In den so entstehenden Feldern können sich Lösungen für das Problem des Klienten zeigen. Zusätzlich werden Repräsentanten im engeren Sinn aufgestellt, wie zum Beispiel der Fokus (steht für den Klienten), das Ziel sowie das Wunder im Bereich der Zukunft/ Grenze, manchmal auch der Kontext des Wunders, der ein Repräsentant für die Reaktionen aus dem Umfeld des Klienten auf dessen Veränderung ist. (Vgl. Sparrer 2004, S. 241 ff)
Bei der Aufstellung externalisiert der Klient sein inneres Bild, er rekonstruiert seine Wirklichkeit durch diese Visualisierung. Das Aufstellen von Lösungen in der Vergan­genheit (Ressourcen), Gegenwart (Ausnahmen) und Zukunft (Wunder) zeigt dem Klien­ten verschiedene neue Möglichkeiten der Problembewältigung auf. Es kommt zur Dekonstruktion der bisherigen Wirklichkeit. Der Klient hat die Möglichkeit eine Meta­perspektive einzunehmen, da seine Person durch einen Repräsentanten in der Aufstel­lung vertreten wird. Wenn die aufgestellten Lösungen als Hindernisse agieren, gibt es die Möglichkeit der Umstellung und somit des Schaffens neuer Lösungswege. Der Klient kann ebenso die Position des Wunders im Feld Zukunft/Grenze einnehmen und so körperlich erfahren, wie sich dieser Zustand anfühlt, ohne dass er ihn benennen muss. Diese Prozesse ebnen den Weg zur Konstruktion einer neuen Situation, die durch das Umstellen und die Veränderung der Abstände zwischen den Repräsentanten oder ihrer Blickrichtung entstehen kann.

Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen in der Praxis
Die Kombination von zwei Ansätzen bietet in diesem Fall einige Vorteile, die sich allein aus dieser Zusammenführung ergeben. Die Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen lassen sich als gelungene Symbiose verstehen, als eine gegen­seitige Ergänzung beider Verfahren. Die Aufstellungsarbeit bildet einen kreativen und nonverbalen Gegenpol zur eher verbal ausgerichteten lösungsfokussierten Kurztherapie. Die Aufstellung kann eine Alternative zum lösungsfokussierten Interview bilden, da sie eine gewisse Aktivität in die Beratung oder Therapie bringt. Manchen Klienten fällt das Arbeiten ausschließlich anhand von Gesprächen schwer, die Lösungsfindung kann durch eine Aufstellung erleichtert werden (z.B. durch das Einnehmen der unter­schiedlichen Positionen, die aus dem abstrakten Problemlösevorgang eine konkre­te, sicht- und spürbare Aktion machen).
Die Lösungsfokussierten Systemischen Strukturaufstellungen können sowohl im Rahmen der Therapie als auch in der Beratung zum Einsatz kommen, da ihnen ein sehr allgemeines Schema zu Grunde liegt, welches sich individuell anwenden lässt, so dass sowohl zwischenmenschliche Konflikte als auch innerpsychische oder körperliche Probleme oder auch inhaltliche Aspekte aufgestellt werden können. Bei der Arbeit mit Familie kann die Methode für eine Metaaufstellung genutzt werden, die anders als beispielsweise die Skulpturen, sowohl einen Blick von außen als auch eine Perspektivübernahme zulassen. Ein weiterer Bereich ist der der Organisationsberatung, in dem die Arbeit mit dieser Art von Aufstellungen durch den möglichen Strukturebenenwechsel ein verdecktes Vorgehen ermöglicht, welches die Privatsphäre der Mitglieder einer Organisation schützt und trotzdem auf innere Konflikte eingehen kann, ohne sie vor allen Teilnehmern offen legen zu müssen.