Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

Grundsätzlich sollten frontale Unterrichtsphasen immer gemischt mit stärker gesprächsoffenen und handlungsorientierten Phasen kombiniert werden. Dazu müssen Lehrende nicht nur klare Zielvorstellungen, sondern auch ein effektives Zeitmanagement entwickeln. Dies ist wichtig, weil Lehrende gerade in frontalen Phasen als Akteure gerne die Zeit vergessen und die eigentlich bloß als Phase gedachte Methode zur Dauermethode wird.
Vor dem Unterricht sollten Lehrende kritisch prüfen, ob und inwieweit frontale Phasen überhaupt benötigt werden. Sie müssen hierbei beachten, dass es einen Zusammenhang von Lerndimensionen (z.B. im Sinne der multiplen Intelligenzen nach Gardner) und Eindringtiefe durch die gewählte Lehr- und Lernmethode gibt.
Wir wollen dies kurz durch einen Bezug von Lerndimension und Methodenauswahl im Blick auf frontale und andere Methoden nach der Theorie Gardners (vgl. einführend z.B. http://www.infed.org/thinkers/gardner.htm) erläutern:

 

Multiple Intelligenz

z.B. geeignet für

Bedeutung für die frontale Methode

 

Sprachliche Intelligenz

(wichtig sind gesprochene und geschriebene Sprache, Fremdsprachen, Sprachnutzung, um Ziele zu erreichen, Sprache als Mittel für verschiedene Zwecke)

 

 

Berufe oder Interessen, für die das Reden und Argumentieren wichtig ist, z.B. in Verwaltungen, Marketing, auch Rechtsanwälte oder mit Recht befasste Menschen, Schriftsteller, Poeten

 

Frontale Methoden können als Teilaspekt im Sinne eines Vorbilds und einer Bühne wichtig sein. Aber allein durch überwiegendes Zuhören werden nicht hinreichend eigene sprachliche Kompetenzen entwickelt. Wesentlich für diese Gruppe ist die Möglichkeit, sich immer wieder selbst sprachlich darstellen zu können.

Logisch-mathematische Intelligenz

(wichtig sind logische Analysen, mathematische Operationen, wissenschaftliche Untersuchungsstrategien)

 

Berufe oder Interessen, in denen das Erkennen von Mustern, deduktive Analysestrategien und logisches Denken besonders wichtig sind, z.B. in der Technik, den Naturwissenschaften, aber auch bei Versicherungen, Banken, Computern usw.

 

 

Frontale Methoden können deduktive Analysen in kurzer Zeit und prägnant darstellen, sie können helfen, solche Strategien schnell zu erfassen und einen Überblick zu gewinnen. Aber allein durch Zuhören werden logisch-mathematische Kompetenzen nicht hinreichend gefördert. Hier müssen Problemstellungen aktiv mit logischen und mathematischen Operationen gelöst werden.

Musikalische Intelligenz

(Zuneigung zu, Durch­führung von und Komposition von musikalischen Mustern)

 

Berufe oder Interessen, in denen das Erkennen und/oder Gestalten von musikalischen Tönen, Rhythmen, Formen usw. wichtig ist, z.B. Musiker (steht in starker Parallele zur Sprache)

 

Musik wird zwar frontal präsentiert, ist aber für denjenigen der Musik spielt, nicht durch frontale Methoden anzueignen. Aber derjenige, der Musik hört, erfährt sie meist in einem frontalen Setting. Sinn einer aktiven Auseinandersetzung mit Musik wird es sein, alle Hörer in die Erfahrung des Musizierens zu bringen.

 

Körperlich-kinetische Intelligenz

(Einsatz des ganzen Körpers oder mit Teilen des Körpers zur Lösung von Problemen)

 

Berufe oder Interessen, in denen Bewegungen und mentale Stärken der Körperkontrolle eine wichtige Rolle spielen, z.B. Handwerk, Sportler, Militär (mentale und physische Stärken hängen hier zusammen)

 

 

Frontale Methoden sind für diese Lerndimension besonders belastend, da sie zur körperlichen Ruhe und Bewegungslosigkeit verpflichten.

Räumliche Intelligenz

(Potenzial um räumliche Weite und Tiefe zu erkennen und zu nutzen)

 

Berufe und Interessen, in denen räumliches Sehen und Handeln eine besondere Rolle spielen, z.B. Kunst, Architektur

 

 

Frontale Methoden reichen in der Regel nicht hin, um räumliche Erfahrungen zu machen und zu nutzen. Hier sind experimentelle, ausprobierende und auf Handeln bezogene Methoden wesentlich.

Interpersonale Intelligenz

(Verständnis für die Intentionen, Motivationen und Bedürfnisse anderer Menschen und Fähigkeit mit anderen zusammen­zuarbeiten)

 

 

Berufe und Interessen, in denen eine gemeinsame Kommunikation von entscheidender Bedeutung ist, z.B. erzieherische, soziale Berufe, Verkauf, Politik und Beratung, auch Religion

 

Frontale Methoden setzen eine interpersonale Intelligenz in dem Sinne voraus, dass die Lerner eine kommunikative Einbahnstraßensituation akzeptieren. Für die aktive Entwicklung kommunikativer Kompetenz ist die frontale Phase wenig geeignet.

Intrapersonale Intelligenz

(Fähigkeit der Selbst­beobachtung und Selbstanalyse auch im Blick auf Motivation, Gefühle und Ängste)

 

Berufe und Interessen, in denen es auf hohe selbst­analytische Fähigkeiten ankommt, z.B. Meditation (wichtig in Kombination mit inter­personaler Intelligenz)

 

Bei frontalen Methoden ist vor allem für den Akteur die intrapersonale Perspektive wichtig. Als Akteur muss ich mich selbst beherrschen, mich auf meine Motivationen, Gefühle und Ängste beziehen können, aber hinreichend gefordert bin ich hier nur dann, wenn ich zum Akteur werde. (Lehrende, die diese Kompetenz nicht haben, werden durch frontale Methoden daher auch besonders gestresst).

 

 

Für Gardner ist es wichtig, die sieben Intelligenzen nicht als isoliert anzusehen. Menschen haben nie nur eine Intelligenz, sondern individuell sehr unterschiedlich jeweils ein bestimmtes Setting in der Kombination dieser verschiedenen Potenziale, Perspektiven oder Fähigkeiten. Zudem sind diese auch erlernbar. Beim Lernen jedoch müssen wir darauf achten, nicht zu einseitig bestimmte Potenziale zu fördern, Perspektiven zu verengen oder Fähigkeiten unterzubewerten. Dies jedoch geschieht sehr schnell aus z.B. ökonomischen Gründen (Nachfrage bestimmter Arbeitskräfte), aus einer Bevorrechtigung bestimmter Berufe (Statuserwartungen), aus einer Tradierung bestimmter Lehrformen (Nachfrage bestimmter Lerntypen). Lehrende müssen sich daher allen Formen zuwenden und für alle auch methodische Überlegungen treffen. Dies verbietet dann die Bevorzugung von Methoden, die einseitig bestimmte Dimensionen ansprechen und diese ggf. auch noch verengen. Und genau dies macht den Frontalunterricht so problematisch.

Wer Interesse an den multiplen Intelligenzen hat, der kann hier einen Selbsttest durchführen, um eigene Stärken herauszufinden: http://literacyworks.org/mi/intro/

Die sieben Intelligenzen von Gardner sind ein Konstrukt, das sich stark auf den Kulturkreis heutiger Industriegesellschaften bezieht. So verwundert es nicht, dass es Versuche gibt, noch weitere Intelligenzen zu konstruieren. Auch kann man einige Kritikpunkte im Blick auf die Herleitung, die Klarheit der Unterscheidung und die empirische Relevanz einwenden. Gardner selbst hatte versucht, die sieben Formen aus einem umfassenden Studium von Arbeiten zu den Variationen menschlicher Intelligenz abzuleiten. Sein Interesse war es vor allem zu zeigen, dass es für die Vielfalt intelligenten Verhaltens auch keine Einfalt in der Erziehung geben kann. Wir brauchen multimodale Zugänge und Wege, um unsere Interessen und Veranlagungen zu fördern. Vor allem dürfen wir nicht ausschließlich auf die ersten beiden setzen, wie es die heutige Schule favorisiert. Und damit müssen wir eben gerade die frontalen Phasen als sehr beschränkte Zugänge sehen, um unsere Intelligenz zu fördern, denn sie schafft nur einen sehr engen Zugang zu bestimmten Formen. In dieser Hinsicht hat die Arbeit Gardners im englischen Sprachraum als ein wichtige Vorbild gedient, neueren, handlungsorientierten Methoden zu einem stärkeren Durchbruch zu verhelfen.

Zwei Konsequenzen für die Unterrichtsmethoden erscheinen als wesentlich, wenn wir Gardners Ausgangspunkt akzeptieren:

  • Alle Lerner können ihr Intelligenzpotenzial erweitern, indem sie die anderen (verborgenen, verdeckten, nicht geförderten) Seiten von Intelligenz in sich entwickeln lernen. Dazu muss ihnen das jeweilige Lernsystem aber umfassende auch unterrichtsmethodische Hilfen anbieten. Ein überwiegendes System des Frontalunterrichts ist hier abzulehnen.
  • Lerner mit unterschiedlichen Bevorzugungen müssen die Chance haben, ihr eigenes Lernpotenzial entfalten zu können. Dies bedeutet, dass Schulen nicht länger nur einseitig bestimmte Lerndimensionen oder bestimmte Unterrichtsmethoden bevorzugen dürfen.

Nach dieser Einleitung ist klar, dass wir in der konstruktivistischen Didaktik frontale Phasen des Unterrichts zwar akzeptieren können und wollen, aber die Methode eines durchgehenden Frontalunterrichts ablehnen. Dies deckt sich teilweise mit Gudjons Forderungen nach einem integrierten Frontalunterricht, aber im Gegensatz zu Gudjons kommt bei uns den anderen im Methodenpool dargestellten Methoden eine sehr viel größere und bestimmendere Rolle zu. Insoweit sind die Darlegungen zur Darstellung der frontalen Methode, die jetzt folgt, immer kritisch auf den eingeschränkten zeitlichen Einsatz bezogen, die den frontalen Phasen in notwendiger Kombination mit anderen Methoden zukommt. Nur eine Kombination mit Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit ist unzureichend.

Wählt man den Frontalunterricht als Methode, so können nach Jürgen Wiechmann (mit Ergänzungen von H. Gudjons) vier zentrale Arbeitsphasen als eine Art klassisches Vorgehen unterschieden werden:

  • Darbietung des Themas durch problemorientiertes oder informierendes Darbieten/Anschauung
  • konstruktives Durcharbeiten /Klassengespräch
  • übendes Wiederholen
  • problemorientierte Anwendung (entdeckendes Lernen, verschiedene Gesprächsformen, Interaktionsübungen)

Zwar ist nicht zu bestreiten, dass der Frontalunterricht sinnvoll nach diesen Schritten durchgeführt werden kann, aber es ist zu kritisieren, dass nach dieser Aufzählung die Schritte als ein kontinuierlich ablaufendes Schema erscheinen. Das Problem liegt darin, dass aus einer frontalen Phase, die mit anderen Methoden kombiniert werden kann, hier ein Frontalunterricht als System abgeleitet wird. Dies schießt weit über das Ziel hinaus, das eine konstruktivistische Didaktik mit frontalen Phasen verbindet. Für die konstruktivistische Didaktik ist zunächst nur die erste Stufe zwingend als frontal anzusehen. Schon in dieser Stufe sollte in der Regel der zweite Schritt mit integriert sein. Der dritte und vierte Schritt aber sind nur Möglichkeiten, denn an dieser Stelle könnten auch andere handlungsorientierte Methoden eingesetzt werden. Zudem übersieht das Schema, dass frontale Phasen ihrerseits stets in anderen Unterrichtsmethoden wichtig sein können. So können alle handlungsorientierten Methoden aus dem Methodenpool immer wieder in Zwischenschritten, in Stopps, in Zusammenfassungen oder Präsentation frontale Phasen benötigen.

Deshalb gehen wir auf diese drei Aspekte kurz näher ein:


4.1.Darbietung und Präsentation von Inhalten

Nach Gudjons wird der erste Schritt des Frontalunterrichts als kooperative Unterrichtsplanung bezeichnet. Dies meint ein Vorgespräch mit der Klasse, in der die Anforderungen der folgenden Unterrichtssequenz besprochen, ausgehandelt und gemeinsam beschlossen werden. Hier werden z.B. verbindliche Zwischenschritte, Beratungstermine und Fixpunkte zum gegenseitigen Zwischenresümee festgelegt. Die Kriterien für die Leistungsbewertungen werden transparent gemacht, so dass die Lerner nachvollziehen können, auf welche Dinge es bei der Arbeit besonders ankommt. Der Grundgedanke hinter dieser Vorgehensweise ist, dass durch die gemeinsame Planung des Unterrichtsthemas die Motivation und das Interesse geweckt und der Unterricht somit zum gemeinsamen Anliegen von Lehrer und Lernern werden kann. Des weiteren fühlen sich Lerner mitverantwortlich für den Verlauf des Unterrichts und somit erfahren sie viel über die Organisation von Lernprozessen. Zur Motivation empfiehlt Gudjons darüber hinaus verschiedene Methoden des Einstiegs.
In der konstruktivistischen Didaktik wird stärker als bei Gudjons der partizipatorische Charakter betont. Hierzu ist die kooperative Unterrichtsplanung ein Einstieg. Aber es ist auch kritisch darauf zu achten, dass die Lerner gefordert und gefördert werden, frontale Phasen zu übernehmen. Zudem ist gemeinsam eine Evaluation für den Gesamtprozess zu vereinbaren. Grundsätzlich ist zu vermeiden, dass in dieser Unterrichtsplanung der Eindruck entsteht, eine kooperative Unterrichtsplanung könne sinnvoll um das Konzept eines Frontalunterrichts herum entstehen. Für die konstruktivistische Didaktik sollte der Frontalunterricht nie das Herz oder Kernstück des didaktischen Arbeitens sein, sondern frontale Phasen sind stets nur ein Teilaspekt der methodischen Arbeit. Insoweit kommt es bei der Partizipation in der Unterrichtsplanung mit den Lernern darauf an, eine breite Methodenlandschaft vor Augen zu haben und diese methodisch im Lehr- und Lernprozess mit den Lernern zu reflektieren (vgl. dazu Reich: Konstruktivistische Didaktik: Methodenlandschaft).
Die Darbietungen oder Präsentationen in der frontalen Phase bedürfen einer besonderen Beachtung der Motivation der Lerner. Nach Deweys mittlerweile klassischer lerntheoretischer Vorstellung, die wir in der Unterrichtspraxis immer wieder als sinnvoll erfahren können, ist ein gelungener Einstieg immer eine emotionale und kognitive Reaktion auf ein Problem. Eine problematische Situation, d.h. ein Problem, dessen Sinn wir verstehen wollen, das uns zu Lösungen reizt, das unsere Aufmerksamkeit, aber auch unseren Widerspruch erregt, ist ein gelungener Einstieg in ein Thema. Hier kann man eher informierende oder problemorientierte Darbietungen und Präsentationen unterscheiden:

  • Informierende Darbietungen/Präsentationen: hier dominiert eine meist sachlich gehaltene Darstellung wesentlicher Informationen (Fakten, Texte, Interpretationen usw.), die meist versucht, einen erreichten Informationsstand mehr oder weniger umfassend zu präsentieren.
  • Problemorientierte Darbietungen/Präsentationen: hier wird der inhaltliche Fokus auf ein bestimmtes Problem oder einen Sinn hin entwickelt, so dass aus der Fülle des Materials bestimmte Aspekte hervortreten und im Kontext einer möglichen oder offenen Lösung erörtert werden können.

In der frontalen Phase sind problemorientierte Darbietungen/Präsentationen immer den bloß informierenden gegenüber zu bevorzugen. Sie erleichtern das Mitdenken, indem sie hinreichend Begleitinformationen über Sinn, Verwendbarkeit oder Lösungsnotwendigkeiten liefern. Zudem ist der Anspruch ein eine Wiedergabe von neutraler Information ohnehin kaum haltbar, das auch jede Informationsdarstellung immer Auswahl ist und meist nur die problemorientierenden Gesichtspunkte dieser Auswahl verschweigt.

Referate sind eine der klassischen Formen von Darbietungen. Dabei können gerade Referate im Unterricht zeigen, dass eine strikte zeitliche Begrenzung der frontalen Phase notwendig ist. In der Regel sollten Referate hier nicht länger als 10-20 Minuten sein, denn die Aufmerksamkeit bei rezeptiven Lehrverfahren sinkt schon nach 5 Minuten deutlich. Die Theorie über Referate zeigt, was wir schon über die frontale Phase erörtert haben. Auch der Aufbau von Referaten sollte die Begrenzungen der frontalen Phase respektieren. Nach Ausubel gibt es hier z.B. das „Regel-Beispiel-Regel-Konzept“: Zunächst wird das neue Thema in knapper Form – in etwa 2-3 Minuten – erläutert. Anschließend wird diese grundlegende Erklärung mit einigen Beispielen illustriert. Den Abschluss des Vortrages bildet eine Zusammenfassung in Form der zweiten Regel; dies ist besonders schwierig, denn es soll sich nicht um eine Wiederholung der ersten Regel handeln, sondern vielmehr um eine Verdichtung des Themas, die die Erweiterungen der Ausgangsinformation durch die illustrierenden Beispiele mit aufgreift. Mit solchen kognitiven Hilfskonstruktionen versucht man, die Nachvollziehbarkeit von Referaten zu sichern. Hinzu kommt dann auch noch die Aufforderung, die Referate mit geeigneten Medien zu veranschaulichen oder zu illustrieren, um die Aufmerksamkeit zu sichern.

Auch das Erzählen kann in frontaler Form erfolgen. Gudjons merkt an, dass das „Erzählen“ in den Schulen sehr vernachlässigt wird. Besonders Finkel betont, dass die Darbietung von Inhalten auch in Form einer lebhaft erzählten Geschichte gestaltet werden kann.

Das Gespräch muss immer mit frontalen Phasen verknüpft sein. So mag es zwar Gespräche ohne vorhergehende oder nachgehende frontale Phasen geben, aber frontale Phasen sollten immer eine Gesprächsmöglichkeit eröffnen.

Wichtig bei allen Formen der Darbietung/Präsentation ist es,

  • dass der frontalen Phase eine klare Gliederung zugrunde liegt,
  • dass in einfacher und verständlicher (den Teilnehmern angepasster) Sprache gesprochen wird,
  • dass auch Wiederholungsschleifen eingebaut werden, um an grundlegende Problemstellungen und Lösungsstrategien zu erinnern,
  • dass Rückkopplungs- und interaktionelle Sequenzen eingebaut werden, damit die Lerner sich aktiv beteiligen können,
  • dass hinreichend Medien eingesetzt werden, um Kernaussagen zu unterstreichen und Veranschaulichungen zu erreichen.

Bei problemorientierenden Darbietungen/Präsentationen sind vor allem zwei Dinge für den Erfolg entscheidend: Erstens muss das Problem für die Lerner wirklich relevant sein und zweitens muss der Lehrer den Lernern soviel Hilfe wie nötig zukommen lassen. Dabei ist es wichtig, dass die Lehrkraft sich offen auf die Lösungssuche der Lerner einlassen kann und sich selbst zurücknimmt, so dass er den Prozess unterstützend begleitet und nicht dominierend lenkt. Hier kann es wichtig sein, an vereinbarte Ziele und Wege zu erinnern und durch positives, konstruktives Feedback die Arbeit anzuregen. Zum anderen ist es Aufgabe des Lehrers/der Lehrerin dort über inhaltliche Schwierigkeiten hinwegzuhelfen, wo das Erleben der Selbstwirksamkeit der Lerngruppe gefährdet ist.
Methodisch ist es während der Darbietung/Präsentation möglich, den Problemlösungsprozess durch lenkende Fragen zu steuern. Günstig sind aber vor allem offene Impulse, die eigenständige Beiträge der Lerngruppe herausfordern. Während der frontalen Phase unterstützen Feststellungen, Zusammenfassungen, Visualisierungen, Hinweise und Aufforderungen die Darbietungen/Präsentationen. Besonders effektiv sind dabei, so zeigt die Unterrichtsforschung, nondirektive Impulse, denn sie zielen auf die Entwicklung des Problemlöseprozesses und nicht auf eine erwartete richtige Antwort.

Zur Unterstürzung des Problemlöseprozesses gehört unbedingt die Beteiligung der Lerner. Dabei ist es wichtig, möglichst viele Lerner aktiv am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen. Wenn dies mit der Zeitplanung kollidiert, dann sollte dies offen mit der Lerngruppe besprochen werden. Bei der Beteiligung sollten stille Lerner nicht mit Keulenfragen in den Prozess einbezogen werden. Hier sind beziehungsorientiertere und kommunikativ angemessene Verfahren zu wählen.
Beim gesamten Ablauf der Problemlösung muss die Lehrkraft das Zeitmanagement so betreiben, dass den Lernern genug Zeit zum Nachdenken bleibt und es ausreichend Zeit gibt, das Problem zu lösen und am Ende den Lösungsweg in der Gesamtschau noch einmal zu rekapitulieren.

Wenn wir mit Wiechmann und Gudjons auf den zweiten Schritt, das Unterrichtsgespräch mit frontaler Lenkung, schauen, dann wird zugegeben, dass die Motivation der Lerner hierbei eher als gering einzuschätzen ist. Deshalb kommt es für die Autoren darauf an, in der Darbietungsphase das Interesse und die Leistungsbereitschaft der Schüler zu wecken. Innerhalb des vom Lehrer gelenkten Unterrichtsgesprächs könnten im Anschluss an die Darbietung dann prinzipiell vier klassische Formen der Gesprächsführung zur Anwendung kommen:

  • das Lehrgespräch (mit dialogischem Charakter bei starker Zurückhaltung des Lehrers, weiteren Impulsen zur Anregung der Antworten von Lernern, Zulassung von abweichenden Wegen, Möglichkeiten einer kritischen Position);
  • der fragend-entwickelnde Unterricht (idealtypisch mit weniger Fragen und mehr Denkanstößen, einer gewissen Zurückhaltung der Lehrkraft, mehr Raum für Lerner und vertiefender Qualität der Fragen; realistisch in der Praxis sieht man dagegen oft eher eine enge Führung durch den Lehrer und oft Fragefehler durch bloß rhetorische, suggestive oder geschlossene Fragen);
  • der katechetische Frageunterricht (bei dem „in lehrhafter Absicht“ einer Lehrerfrage eine Schülerantwort entspricht und ein eng eingegrenztes Thema direkt in kleinen Schritten vermittelt und angeeignet wird);
  • das sokratische Gespräch (bei dem die Lerner durch geschicktes Fragen so geleitet werden, dass sie das zu Vermittelnde selbst finden, auch als hohe Kunst der Mäeutik bezeichnet, die jedoch meist darauf hinausläuft die Fragen so eng zu halten, dass alle Antworten dadurch manipuliert werden).

Diese Kombination mit Gesprächs- und Fragetypen erscheint der konstruktivistischen Didaktik als unzureichend. Lehrgespräche sollte man dann, wenn an reziproke Kommunikation gedacht ist, in Diskussionen oder gemeinsame Gespräche umbenennen. Gerade hier ist es nach einer frontalen Phase notwendig, die einseitige Kommunikation und Macht von vorne aufzubrechen oder zumindest stark einzuschränken. Hierzu sind eigene kommunikative Regeln wichtig. So könnte z.B. die Lehrerin eine erste Frage stellen, und derjenige, der versucht, eine Antwort zu geben, stellt dann eine weitere Frage usw. Hier ist wieder die Beziehungsdidaktik und die kommunikative Haltung der Lehrkraft entscheidend. Sie muss aus sich heraus spüren, wann und wie es möglich und notwendig ist, das frontale Schema aufzubrechen und lernerorientiert zu arbeiten. Dies gilt auch für den fragend-entwickelnden Unterricht. Katechetische und sokratische Formen hingegen sind eher ein Sonderfall, meist nur als Karikaturen einer misslingenden Kommunikation für Rollenspiele geeignet, die die darin liegende autoritäre Unterwürfigkeit entlarven.

 

4.2. Re/de/konstruktive Kombination von frontalen Phasen

In einer frontalen Phase haben sich Lerner mit einem neuen Thema bekannt gemacht. Umfassenderes Verständnis entsteht aber erst, wenn das dabei vermittelte Grundwissen in die vorhandenen kognitiven Strukturen der Lerner integriert und schließlich auf unterschiedliche Anwendungen übend bezogen wird. Dies kann nur durch selbstständige und teambezogene Arbeit mittels anderer Lehr- und Lernmethoden geleistet werden.

Hier spielt die Grundidee der konstruktivistischen Didaktik eine große Rolle, die nämlich genau diesen Arbeitsschritt der Selbstkonstruktion der Lerner in den Mittelpunkt stellt.

Solche konstruktive Tätigkeit steht nach dem Ansatz der „Konstruktivistischen Didaktik“ vor drei möglichen Perspektiven:

  • Konstruktion (= die Erfindung eigener Wirklichkeiten, die aber immer vor dem Hintergrund der Beschränkungen kultureller Kontexte zu sehen ist; lernpsychologisch gesehen aber muss alles Gelernte in ein eigenes Konstrukt verwandelt werden)
  • Rekonstruktion (= die Entdeckung von Wirklichkeitskonstruktionen anderer, der als sinnvoll erlebte Nachvollzug von Wirklichkeitskonstruktionen)
  • Dekonstruktion (= die Kritik an Wirklichkeitskonstruktionen, das Herausfinden von Auslassungen und Problemstellen)

Lehrende müssen beachten, was sie im Blick auf diese Perspektiven von einer frontalen Phase erwarten. Im traditionellen Frontalunterricht und selbst in dem schon erweiterten Konzept von Gudjons dominiert hier eine kurzschrittige und dabei auch oft kurzsichtige Erwartung:

  • Kurzschrittig/kurzsichtig: die Aufforderung des Lehrers/der Lehrerin zur Reproduk­tion des Dargebotenen wird oft als ein erster Schritt einer (eher rekonstruktiven) Stoffvermittlung gesehen. Verständnis entsteht dabei vor allem, wenn durch Fragen das Gelernte in neuen Perspektiven betrachtet wird. Dabei soll es keine falschen Antworten geben, es gibt nur schlechte Fragen! Der Schwierigkeitsgrad der Fragen soll weder zu hoch noch zu niedrig sein. Betont wird auch, dass die Fragen in dieser Phase kurzschrittig zu formulieren sind. Als Lehrkraft erhält man so vielfältige und vergleichsweise präzise Rückmeldungen zum Lernprozess der einzelnen Lerner und kann, so die Annahme, mit der jeweils folgenden Frage den Prozess der Vermittlung von themenbezogener Sachstruktur und personenbezogener Denkstruktur immer wieder präzise an den jeweils erreichten Arbeitsstand ausrichten. Umgekehrt erhalten die Lerner so ein hohes Maß an unmittelbarer Verstärkung. Darüber hinaus ermöglichen kurzschrittige Fragen die Berücksichtigung einer großen Zahl von Lerneraussagen und ermöglichen es der Lehrkraft, auf die unterschiedlichen Lernwege und Lerntypen besser einzugehen. Was die Befürworter des Frontalunterrichts aber leider übersehen, das ist die Kurzsichtigkeit, die ein solches Verfahren produziert: Es wird stark auf die Lehr- und Lernstrategien begrenzt, die die Lehrkraft versteht und erwartet; die Mehrperspektivität und Multimodalität der Lernzugänge wird stark begrenzt; das kurzschrittige Vorgehen verführt oft zu einer Kurzsichtigkeit des Lerners im Blick z.B. auf die Eigenständigkeit seines Denkens, die Begründung von Aussagen und die Anwendungsbreite der Aussagen.
  • Langschrittig/weitsichtig: grundsätzlich sollten frontale Phasen eher in eine lang­schrittige und weitsichtige Perspektive überführt werden. Dies setzt voraus, dass durch einen Methodenwechsel die Nachteile des Frontalunterrichts überwunden werden. Hier reicht es nicht aus, wenn nur von der Lehrkraft erstellte Übungen und Anwendungen einsetzen, um die frontale Phase zu ergänzen. Zwar sind solche Übungen und Anwendungen hier ein erster und möglicher Einstieg, aber es müsste zuvor, wie John Dewey es schon forderte, zumindest eine Hypothesenbildung bei den Lernern einsetzen, die ihnen verständlich macht, welche Übungs- und Anwendungs­strategien als Lösungen überhaupt bereitstehen. Wenn dieser wichtige Schritt fehlt, wenn solche Strategien immer von der Lehrkraft vorgegeben werden, dann wird eine eher weitsichtige Perspektive verfehlt.

Inwieweit kurzschrittig/kurzsichtig und langschrittig/weitsichtig vorgegangen wird, dies hängt allerdings von den Zielen ab, die im Unterricht verfolgt werden. Mitunter gibt es Themen, die auf eine gewisse Kurzsichtigkeit angelegt sind. Dies sind sehr begrenzte, stark konventionell geprägte, meist auf Regellernen oder einfache logische Operationen bezogene Inhalte, die entweder auswendig zu lernen sind oder die wenig Spielraum für Deutungen lassen. Diese geplante Kurzsichtigkeit ist nicht immer zu vermeiden, sollte aber dann mit den Lernern thematisiert werden (im positiven Sinne: Was gewinnen wir hierbei?).

Nun noch kurz einige Anmerkungen zu Übungen und Anwendungen:

Übungen: Etwas Gelerntes lässt sich in der Regel immer anwenden, damit auch üben. Was aber soll zuerst gemacht werden: anwenden oder üben? Hier ist zu bedenken, dass wir aus Einsicht in notwendige Übungen immer erst einmal Beispiele benötigen, die bereits Anwendungen sind. Diese Anwendungen (als Anwendungen erster Stufe = als direkte Lösungen für ein Problem) beziehen sich auf das Problem, das wir z.B. in einer frontalen Phase erfahren haben und für das wir eine Lösungsstrategie gemeinsam gefunden haben. Wir wissen von anderen Unterrichtsmethoden, dass solche Einführungen in Probleme und Lösungsansätze nicht notwendig mit einer frontalen Phase beginnen müssen. Hier gibt es viele andere (und meist effektivere) Verfahren. Aber wenn wir nun einmal in der Phase sind, etwas Gelerntes in erster Stufe anzuwenden, dann kommen wir an Übungen nicht vorbei.
Im Frontalunterricht werden Übungen von der Lehrkraft vorgegeben. Idealtypisch wird für den Frontalunterricht dabei folgendes gefordert:
Das neu Gelernte soll vertieft werden, damit es später in unterschiedlichen Situationen angewandt werden kann. Dabei ist es der Lehrkraft wichtig, direkt mit dem Üben zu beginnen, um es gedächtniswirksam nahe an der Problemstellung auszurichten. Zu Beginn der Übungsphase ist es der Lehrkraft fast immer wichtig, die erworbenen Kompetenzen ohne jede Ablenkung von zusätzlichen Schwierigkeiten selbstständig durch die Lerner rekapitu­lieren zu lassen. Aber hier soll nicht noch einmal schematisch alles zusammengefasst werden, was bisher gesagt wurde, sondern in einer Übung auf ein Problem (das in seiner Grundanlage mit dem gelösten Problem aus dem Frontalunterricht unmittelbar in Verbindung steht) bezogen werden. So wird eine Lösung variiert und geübt. Erfolgreiches Üben in dieser Phase bedeutet, dass möglichst alle Lerner alle Übungsaufgaben auch lösen können. Wichtig bei der dann folgenden Aufgabenverteilung ist es für die Lehrkraft meistens, differenziert üben zu lassen. Das bedeutet, jedem Lerner die Aufgabe zuzuteilen, die dem individuellen Entwicklungsprozess möglichst optimal entspricht. Die beste Annäherung dafür stellt die Differenzierung der Übungsaufgaben nach einem unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad dar. Dabei sollte das Differenzierungskriterium genannt werden, so dass eine Aufgabenwahl möglichst selbstständig durch die Lerner vorgenommen werden kann. Dadurch erhalten die Lerner eine gewisse Autonomie in ihrer Arbeit, was einen zentralen Faktor für ihre Motivation darstellen kann. Autonomie in der Aufgabenwahl erfordert allerdings eine Einschätzung der eigenen Kompetenz, und irren sich Lerner oft, so dass die Lehrkraft fordern und fördern muss.
Lehrende müssen sich in dieser Phase aber auch von dem Lernerfolg der Lerngruppe überzeugen und dies können sie tun, indem sie das richtige Üben kontrollieren. Kontrolle soll hier aber möglichst noch nicht zur Bewertung eingesetzt werden, sondern soll die individuelle Unterstützung fördern und zum Ausgleich einzelner Lernschwierigkeiten verhelfen. Übungsaufgaben, die Selbstkontrolle ermöglichen, sind hier besonders wirksam, weil sie bei einem richtigen Ergebnis die Bereitschaft zur Wiederholung des Erfolgs, ein zentraler Faktor erfolgreichen Übens, verstärken. Und bei falschen Ergebnissen kann der Lehrer frühzeitig und hinreichend individuell reagieren.
Das Üben und die Bestätigung richtiger Lösungen ist ein motivational positiver Rück­kopplungsprozess, durch den das neu erworbene Verständnis konsolidiert wird. Gleichzeitig weisen die Effekte des Rückkopplungsprozesses über diese eng definierte Funktion hinaus und eröffnen die Kultivierung auf einer höheren Ebene: Nicht nur die Sache, sondern auch das Üben wird geübt; nicht nur der Lernfortschritt, sondern auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Lernen wird im Sinne metakognitiver Kompetenzen geschult (vgl. Metakognition).
Allerdings müssen wir vorsichtig sein, um die dergestalt durchgeführten Übungen nach einer frontalen Phase nicht zu überschätzen. Aus der Lernforschung wissen wir, dass Übungen, die von Lehrkräften erstellt werden, nicht immer die Bedürfnis- und Entwicklungslage aller Lerner hinreichend treffen. Das Formulieren von Problemen, Fragen und Lösungswegen von den Lernern selbst hingegen schult das Erinnerungsvermögen und die Fähigkeit zur selbstständigen Arbeit der Lerner deutlich mehr. Insoweit ist im Sinne einer konstruktivistischen Didaktik zu überlegen, inwieweit die Übungsphase nicht auch nach einer frontalen Phase stärker Momente der Eigenständigkeit der Lerner und die Nutzung und Ausweitung von Methoden- und Sozialkompetenzen intendieren sollte. Dies ist bei anderen handlungsorientierten Methoden ja bereits meistens hinreichend eingebaut! Gute Erfahrungen hat man beispielsweise im konstruktivistisch orientierten Unterricht damit gemacht, die Lerner auf der Basis des erarbeiteten Problems und erster Lösungen eigene Aufgaben zur Übung konstruieren zu lassen (für ihre Mitschüler). Dies kann so weit reichen, dass sie sogar für die von ihnen erstellten Aufgaben (je nach Lernstand können hierzu entsprechende Hilfsmaterialien bereitgestellt werden) die verantwortliche Lernkontrolle übernehmen.

Anwendungen: Die Verfügbarkeit des neu erworbenen Wissens ist noch sehr an den unterrichtlichen Kontext gebunden. Das didaktische Ziel dieser Arbeitsphase besteht nun darin, die Kompetenz aus diesem Kontext (einer Anwendung erster Ordnung) herauszulösen, was eine Grundvoraussetzung für einen Transfer auf z.B. praktische Situationen darstellt (= Anwendung zweiter Ordnung bzw. praktische und theoretische Verwendbarkeit von Problem und Lösung). Dies wird oft im Frontalunterricht völlig vergessen. Er trägt überhaupt die Tendenz, diese Phase zu vermeiden oder bloß idealtypisch zu propagieren. Um dieses Ziel erreichen zu können, muss die Aufgabenstruktur gegenüber der Übungsphase grundlegend geändert werden. Der Erfolg dieser Lernphase hängt davon ab, dass die Lerner das Problem als echtes Problem empfinden, was sie selbstständig lösen müssen. Die didaktische Heraus­forderung besteht zum größten Teil darin, pragmatisch bewältigbare Probleme zu finden und zu stellen, möglichst von den Lernern selbst finden und stellen zu lassen. Hierbei können allerdings bei stark anwendungsbezogenen Problemen dann auch die im Alltag, in der Technik, in der Wissenschaft bearbeiteten tatsächlichen Probleme herangezogen werden. Wie die Übungsphase stellt auch diese Anwendungsphase einen motivational positiven Rück­kopplungsprozess dar: Die Lösung eines Problems stärkt das Bewusstsein von Selbst­wirksamkeit und weckt die Bereitschaft, neue Probleme in Angriff zu nehmen, um sich neue Kontexte erschließen zu können. Eine erfolgreiche Anwendungsphase kann dann über sich selbst hinausweisen: sowohl sachbezogenes Interesse als auch metakognitive und soziale Kompetenzen können entwickelt werden.
Je mehr sich Unterricht und Schule auf eine künstlich abgegrenzte Lebenswelt beziehen, je weniger sie mit den Problemen in ihrer Umwelt pragmatisch zu tun haben, desto schwerer wird es, diesen Anwendungsbezug zu erreichen. Wenn Lehrpläne voll von totem Stoff sind, wenn wir mehr aus einer Vergangenheit heraus für die Probleme der Vergangenheit als für die Gegenwart lernen, dann wird es um so schwerer, diesen Anwendungsbezug tatsächlich meistern zu können. Dann sind die Rahmenbedingungen für Anwendungen schlecht. Und hier muss heute sehr deutlich Kritik an den Lehrplänen der deutschen Schule geübt werden, die mehr als andere Schulsysteme mit einem Ballast an fachwissenschaftlichen Inhaltswünschen überfrachtet sind. Neuere Konzepte der Lernforschung wie z.B. anchored instruction , cognitive apprenticeship, problem based learning, situated learningusw. fordern sehr klar, dass wir eine Lernumgebung bereitstellen müssen, in der Lerner Probleme, deren Sinn und Bedeutung sie klar herausgearbeitet haben, möglichst ohne übertriebenen Zeitdruck lösen sollen, wobei ihnen leistungsheterogene Lerngruppen helfen, das Problemlösen und den Transfer auf andere Anwendungen eigenständig und selbstregulierend vorzunehmen. Dies setzt allerdings voraus, dass die frontale Phase nur ein Teil einer umfassenderen Lernumgebung ist, die grundsätzlich handlungsorientiert gestaltet wird. Insoweit sehen wir anders als Gudjons nicht einen „integrativen Frontalunterricht“ als Ziel, sondern eine konstruktiv handlungsorientierende Didaktik als Voraussetzung einer Integration von zeitlich begrenzten frontalen Phasen.

 

4.3 Frontale Phasen in anderen Methoden

In allen großen und kleinen Methoden des Methodenpools können phasenweise frontale Situationen auftreten. Sofern sie zeitlich begrenzt bleiben, sofern sie nicht zum Kern des Unterrichts werden, wollen wir für diese Phasen auch nicht von Frontalunterricht im Sinne eines Konzepts sprechen. Diese frontalen Phasen sind mit allen Methoden kombinierbar und mischbar. Es ist aus unserer Sicht deshalb völlig unnötig ein Stufenmodell wie das von Wiechmann/Gudjons aufzustellen, da es den Eindruck erweckt, als müssten nach einer frontalen Phase immer Gespräche, Wiederholungen, Übungen und Anwendungen einsetzen. An eine frontale Phase könnte genauso gut ein Brainstorming, ein Mindmapping, eine Erkundung oder eine andere Methode oder Teilmethode ansetzen, um sich mit dem Problem, seiner Lösung, den Lernvoraussetzungen der Lerner oder Anwendungsfragen zu beschäftigen. Der Erfolg des Frontalunterrichts liegt gewiss auch in der Einfachheit seiner Schematisierung. Dagegen müssen wir heute jedoch ein neues Lehrerbild setzen, das Freude an der Komplexität und Mischung, der Kreativität und dem Experiment, einer insgesamt forschenden Einstellung zum Lernen gewinnt, um hinreichend professionell seinen Beruf auszuüben.