Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

 

4.1 Vorbereitung

(1) Auswahl geeigneter Lerninhalte

Die Gruppenrallye eignet sich besonders gut zur Erarbeitung struktureller Stoffgebiete aus unterschiedlichen Fächern. Der Lernstoff sollte ein Themengebiet mit mehreren Einzelthemen umfassen und in zweckmäßige Einheiten von z.B. drei bis vier Lektionen (bei einer Gesamtzahl von dann 12 Lektionen) aufgeteilt werden können. Bei einer solchen Aufteilung gibt es gute Erfahrungen, aber es lässt sich hier auch kein abschließendes Prinzip über den Umfang von Lektionen oder die Länge der Rallye aufstellen. Es ist immer günstig, zunächst mitkürzeren Einheiten zu beginnen.

Zu beachten ist: Bei all der organisatorischen Vorbereitung ist es wichtig, die übergeordnete Zielvorstellung nicht zu vergessen. Denn die gesamte Unterrichtsgestaltung wird wesentlich von einer leitenden Grundidee mitbeeinflußt, die je nach dem wie ernst sie verfolgt wird Auswirkungen auf die methodische Behandlung des Lehrstoffes hat.


(2) Erstellen der Unterrichtsmaterialien für die Rallyegruppen

Der zweite Vorbereitungsschritt umfasst das Erstellen der verschiedenen Unterrichtsmaterialien (Arbeitsblätter, Medien, Lösungsblätter) für die einzelnen kooperativen Phasen. Die Lerner sollen in der Lage sein, anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Materialien selbstständig Lösungen zu erarbeiten. In der kooperativen Phase ist besonders darauf zu achten, dass aufbauendes Lernen arrangiert wird.

Um die Zusammenarbeit der Rallyegruppen zu organisieren wird sehr oft das AVEK-P-Prinzip als generelle Anweisung verwendet. Dieses „Soziale Skript“ umfasst folgende Prinzipien:

  • Aufgaben: Die Aufgaben werden zunächst von jedem alleine bearbeitet.
  • Vergleichen: Anschließend werden die Lösungen mit den anderen Gruppenmitgliedern verglichen.
  • Erklären: Bei Schwierigkeiten haben die Schüler die Aufgabe sich die Lösung zu erklären, dabei ist das Abschreiben von richtigen Lösungen absolut zu vermeiden.
  • Kontrollieren: Die ermittelten Lösungen können dann anhand des Lösungsblattes (wird von der Lehrkraft verwaltet) kontrolliert werden.
  • Prüfen: Anschließend erfolgt eine gegenseitige Prüfung innerhalb der Rallyegruppe, bei der sich die Schüler selbstausgedachte Fragen stellen.
Ziel: Jedes Mitglied der Rallyegruppe soll in der Lage sein, den anschließenden Test zu bestehen.

Das soziale Skript regelt mit gewissen formalen Stufen die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppen. In den Gruppen muss die Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff geleistet werden. Die festgelegten Lernziele werden über spezielle Anleitungsblätter bearbeitet und aufgezeigt.

(3) Erstellen der Tests

Nach jeder Phase der Gruppenrallye, bestehend aus Unterricht in der Klasse und kooperativer Phase, findet ein Test statt. Dieser hat zum einen die Aufgabe zu prüfen, ob die Schüler den Lehrstoff verstanden haben, zum anderen um die Leistung der einzelnen Gruppenmitglieder ermitteln zu können. Hierbei ist zu beachten, dass der Test nicht nur Aufgaben zur reinen Wissensabfrage enthält, sondern auch Aufgaben zur eigenständigen Problemlösung.

Die Punktevergabe im Test sollte möglichst eindeutig durch eine Zuordnung von erwarteter Leistung und klarem Punktwert sein. Ein reiner Wissenstest mit bloßen Abfragen ist jedoch zu vermeiden. Auch für qualitative Aussagen sind Punkte zu vergeben. Deswegen ist es sinnvoll, auch Aufgaben zu konstruieren, bei denen die Schüler nicht immer eine gleiche Punktzahl unabhängig vom Schwierigkeits- oder Verstehensgrad erreichen können. Die bei den Tests gestellten Fragen sollten sich immer auf das vorher festgelegte Lernziel beziehen.

Günstig ist es, wenn das Punktesystem eine Vergleichbarkeit verschiedener Tests erlaubt (z.B. maximal erreichbarer Punktewert ist immer 100). Dies kann man ggf. durch Faktorisierung erreichen (Umrechnung auf den Punktewert durch Bildung eines Faktors; z.B. erreichbar sind maximal 70 Punkte, dann 100:70 = Faktor, mit dem der erreichte Punktewert malgenommen wird und dann im 100-Punkte-System erscheint).

 

4.2 Durchführung

(1) Informationsphase

Um einen reibungslosen Ablauf der Gruppenrallye zu gewährleisten, ist es nötig, den Lernern die dargestellte Unterrichtsform eingehend zu erläutern. Dabei ist vor allem der kooperativeCharakter der Methode zu betonen. Den Lernern soll klar werden, dass es bei der Gruppenrallye auf jedes einzelne Gruppenmitglied ankommt und die Gruppe nur gemeinsam ein gutes Endergebnis erzielen kann.

 

(2) Bildung von Gruppen

Die Gruppenbildung kann unterschiedlich erfolgen. Hier wäre es beispielsweise möglich, Stamm- und Expertengruppen aus der Gruppen-Experten-Rallye zu bilden und diese auch zum Ausgangspunkt einer Gruppen-Wettkampf-Rallye zu machen. Ansonsten lassen sich auch Gruppentische sehr gut nutzen, wobei die Lerner am Gruppentisch mindestens für den Zeitraum der Rallye zusammenarbeiten müssen. Eine kontinuierlich existierende Gruppe ist für den Wettkampf in Form der erreichten Punktwerte ausschlaggebend.

Die Gruppenbildung wird in der Regel von der Lehrkraft vorgenommen. Dabei ist je nach Klassengröße eine Aufteilung in 4er Gruppen sinnvoll. Bleiben dabei Lerner übrig, müssen einzelne 3er- oder 5erGruppen gebildet werden.

Die einzelnen Gruppen müssen leistungsheterogen zusammengesetzt sein, sollten jedoch ein ähnliches Leistungsvermögen aufweisen, um jeder Gruppe die gleiche Chance zu bieten. Bei diesem Verfahren hat sich nach Niggli z.B. die folgende Einteilung in der Praxis als sinnvoll erwiesen:

  • Einteilung in 3 Leistungsniveaus:
  • Hohes Niveau (ca. 25%)
  • Mittleres Niveau (ca. 50%)
  • Niedriges Niveau (ca. 25%)

Als Kriterium für diese Einteilung sind bisherige Noten heranzuziehen. Außerdem können auch noch Merkmale wie Geschlecht ect. berücksichtigt werden. (Gerade in naturwissenschaftlichen Fächern ist es besser, Gruppen zu bilden, in denen Mädchen nicht in der Minderheit sind)

 

(3) Erarbeitung der Lehrstoffes

Die Erarbeitung des Lernstoffes erfolgt in mehreren Etappen, wobei jede einzelne aus 3 identischen Phasen besteht:

1. Etappe:

  • Etappenphase 1: Stoffeinheit 1 erarbeiten. In dieser Phase findet alltäglicher Unterricht (meist frontal geführter Unterricht) in der Klasse statt. Die Schüler werden in das Thema eingeführt und erhalten grundlegende Informationen.
  • Etappenphase 2: Kooperatives Lernen in der Gruppe. Die einzelnen Gruppen bekommen nun Arbeitsblätter (je zwei Exemplare pro Gruppe), die sie nach Anleitung des AVEK-P-Prinzip bearbeiten. Um vorschnelles Abschreiben zu verhindern, liegen die Lösungsblätter bei der Lehrkraft. Erst wenn alle Aufgaben gelöst wurden, werden die Antworten von der Lehrkraft korrigiert. Ziel der Etappenphase 2: Vertiefung des Lehrstoffes und Förderung des kooperativen Lernens.
  • Etappenphase 3: Test zur Stoffeinheit 1. Bei dem am Ende jeder Phase durchgeführten Test dürfen sich die Schüler gegenseitig nicht helfen. Die Punktewerte jedes einzelnen Schülers werden in Kontrolltabellen eingetragen. Für jede Gruppe wird eine separate Kontrolltabelle geführt. Die von den einzelnen Schülern erreichte Punktzahl des ersten Tests bildet den Basiswert 1 (BW1). Diesen Basiswert erfahren nur die Schüler selbst. Auf der Grundlage des BW1 werden dann die Verbesserungswerte der nachfolgenden Tests ermittelt.

2. Etappe:

  • Stoffeinheit 2 erarbeiten und Verbesserungswerte errechnen. Zu Beginn der 2. Etappe haben die Schüler, deren Basiswert unter deren Erwartungen geblieben ist, die Möglichkeit, Ihre Defizite auszugleichen. Die 2. Etappe wird dieselben Phasen durchlaufen wie auch die 1. Etappe. Der anschließende Test sollte hierbei auf keinen Fall schwerer sein als der erste Test, um den Schülern die Möglichkeit zu geben, sich auch zu verbessern. Die von den einzelnen Schülern der Gruppen erreichte Gesamtpunktzahl (T2) wird dann mit dem entsprechenden BW 1 des ersten Tests verglichen. Alle Schüler, die im zweiten Test besser abschneiden als im ersten Test erhalten sog. Verbesserungspunkte:
    • Es können maximal 10 Verbesserungspunkte (pro Schüler) erreicht werden.
    • Der Minimalwert liegt bei 0 Verbesserungspunkten.
    • Es werden keine Minuspunkte vergeben, wenn ein Schüler im Test 2 weniger Punkte erreicht, als im Test 1.
    • Schüler, die einen fehlerfreien Test abgeliefert heben erhalten 10 Verbesserungspunkte.

Auszug aus der Kontrolltabelle:

Name der Gruppenmitglieder

Test 1=

Basiswert 1: (BW1)

Test 2

(T2)

Verbesserungspunkte V1: (T2- BW1)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jedem Gruppenmitglied ist es selbst überlassen, ob es seiner Gruppe oder der Klasse seine Basiswerte bzw. Verbesserungspunkte mitteilt. Einzig das Gruppentotal, das bedeutet das Produkt aller Verbesserungspunkte einer Gruppe, wird öffentlich dargestellt.

 

4.3 Auswertungen

Beispiel: Auszug aus der Kontrolltabelle nach der 2. Etappe; hier die Gruppe Delfine:

Name der Gruppen-mitglieder

Test 1= Basiswert: (BW1)

Test 2

(T2)

Verbesserungs-punkte (V1)

Georg

16

23

7

Dagmar

18

30

10

David

18

17

0

Petra

23

30

0

Gruppentotal der Verbesserungswerte im Einzeltest

 

 

V1

27

Transformierter Wert

 

 

 

Rang in der Einzeletappe

 

 

1

Kumulierte Verbesserungswerte

(Gesamtklasse)

 

 

 

Rangplatz in der Rallye

 

 

1

 

(1) Ermittlung der Gruppenwerte

Bei der Ermittlung der Gruppenwerte werden zunächst alle Verbesserungswerte der einzelnen Gruppenmitglieder in die Kontrolltabelle eingetragen. Anschließend werden diese addiert und zum Gruppentotal zusammengefasst.

(2) Darstellen der Gruppenergebnisse

Die Schüler erhalten anschließend an die Auswertung einen Überblick über den Leistungsstand der Gruppe. Um die Werte (Gruppenwert und Rangplatz) zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, diese zum Beispiel an Hand eines Plakates zu veranschaulichen. Am besten eignet sich hierfür ein Plakat mit numerischer „Rennstrecke“. Hierbei wird statt Distanzangaben eine Punkteskala angegeben. Um den Rangwert der verschiedenen Gruppen anzuzeigen, können verschiebbare Symbole verwendet werden. Wichtig dabei ist, dass klar ersichtlich wird, dass dem Lehrer der Gruppenerfolg und nicht der des einzelnen Schülers am Herzen liegt.

Beispiel für den Wettkampfstand von Gruppen dokumentiert durch eine grafische Übersicht

Anschließend wird die 3.Etappe durchgeführt. Nach Durchführung eines Tests können ein Etappenklassement und ein Gesamtklassement angegeben werden. Das Gesamtklassement setzt sich aus der Summe der Verbesserungswerte der beiden Etappen zusammen. Dieser Wert wird wiederum nur den Gruppen selbst bekannt gegeben. Die anderen Gruppen erfahren nur auf welchen Rang sich welche Gruppe befindet.

 

Name der Gruppenmitglieder

Test 1=

Basiswert 1:

(BW1)

Test 2

(T2)

Verbesserungs-punkte V1:

(T2- BW1)

Test 3

Verbesserungspunkte V2:

(T3- BW1)

Georg

16

23

7

17

1

Dagmar

18

30

10

22

4

David

18

17

0

21

3

Petra

23

30

0

21

0

Gruppentotal der Verbesserungswerte im Einzeltest

 

 

 

27

 

 

8

Transformierter Wert

 

 

-

 

-

Rang in der Einzeletappe

 

 

1

 

4

Kumulierte Verbesserungswerte

(Gesamtklasse)

 

 

 

-

 

 

-

Rangplatz in der Rallye

 

 

1

 

1

Obwohl diese Gruppe in der dritten Etappe weniger Verbesserungswerte erzielt hat und demnach nur den vierten Rangplatz erreicht, befindet sie sich im Gesamtklassement immer noch auf Platz 1.

Beispiel:

David, der zuvor keine Verbesserungspunkte erreicht hat, erzielte nun die meistens Punkte und bewahrt seine Gruppe somit davor, auf den 2. Platz zurückzufallen.

Durch seine verbesserte Leistung hat er zum Gruppenerfolg beigetragen. Aus diesem Beispiel wird ersichtlich, dass es auf die Leistung jedes Gruppenmitgliedes ankommt und sich der Status eines Gruppenmitgliedes verändern kann, wenn die individuellen Verbesserungsleistungen berücksichtigt werden.

 

(3) Festsetzung neuer Basiswerte

Nach der 3. Etappe ist es sinnvoll, einen neuen Basiswert zu bestimmen, der die Schüler noch einmal dazu animieren soll, sich anzustrengen. Dieser neue Basiswert berücksichtigt nicht mehr die Verbesserungswerte, sondern die gesamten bisherigen Testleistungen.

Berechnung des neuen Basiswertes:

  • Basiswert (BW1) und sie Summe der Testpunkte der beiden nachfolgenden Tests werden addiert.
  • Dann wird dieses Ergebnis durch 3 dividiert.
  • Anschließend werden von diesem Wert 3 Punkte abgezogen.

 

Beispiel:

 

Name der Schüler/innen

 

Test1 = BW1

 

Test2

(T2)

 

 

Test3

(T3)

 

Summe der 3 Tests

 

Summe durch 3

Neuer Basiswert:

Spalte 6 minus 3

Georg

16

23

17

56

18,666

15

Dagmar

18

30

22

70

23,33

20

David

18

17

21

56

18,66

15

Petra

23

30

23

76

25,33

22

Anschließend an diese Berechnung kann die 4. Etappe beginnen. Von der Durchführung einer weiteren 5. Etappe ist zu klären, ob hierfür die Motivation der Lerner reicht. Meist reichen 4 Etappen völlig aus. Es ist dann besser, die eingeführte Organisationsform zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen.

 

(4) Evaluation

Nachdem die 4. Etappe beendet ist, steht die Gruppe fest, die im Gesamtklassement den 1. Rang belegt hat. Als Preis für die Gewinnergruppe eignen sich z.B. Kinokarten oder Karten für eine Zirkusvorstellung (oder andere Belohnungen; richtet sich nach dem Alter der Gruppe) und ein Gruppenzertifikat. Außerdem können als zusätzlicher Anreiz Bonuspunkte für die Schlussprüfung erworben werden.

Berechnung:

  • 25 % der addierten Basiswerte aus Test 1
  • Summe der Verbesserungswerte aus Test 2, 3 und 4
Bei der Berechnung der Bonuspunkte wird der erste Basiswert berücksichtigt. Oftmals äußern Lehrer die Befürchtung, die Schüler könnten im 1. Test absichtlich schlecht abschließen, um mehr Verbesserungswerte zu erzielen. Wenn den Schülern allerdings bewusst ist, dass der BW1 in der Berechnung der Bonuspunkte miteinbezogen wird, strengen sie sich auch im 1. Test hinreichend an.

 

(5) Feedback

Um nach der Durchführung der „Gruppen-Wettkampf-Rallye“ die Meinung der Schüler zu erfahren, kann ein Gespräch geführt und/oder ein Rückmeldefragebogen verwendet werden. Dieser Fragebogen könnte sich in folgende Bereiche untergliedern:

  • Wie war meine Eigenaktivität/ Verantwortlichkeit?
  • Was habe ich für mich mitgenommen?
  • Wie empfand ich den Gruppenprozess und das Zusammenwirken?
  • Wie war die Attraktivität und das Behalten des Lernstoffes?
  • Welche Lernschwierigkeiten gab es und wie haben wir es geschafft, sie zu meistern?

Die Ergebnisse des Fragebogens werden anschließend in der Klasse besprochen. Die Effektivität der Gruppenrallye hängt in besonderem Maße von der Motivation der Klasse ab. Deswegen ist es sinnvoll, eine Prozessrückmeldung durchzuführen, um gegebenenfalls die kritisierten Punkte bei einer weiteren Durchführung der Gruppenrallye zu vermeiden.