KONSTRUKTIVISMUS :: Texte
 

 

Kurzes Wörterbuch zur konstruktivistischen Didaktik

 

  Imaginäres
 
Das Imaginäre begleitet unsere Kommunikation ständig, indem wir uns Vorstellungen über etwas machen. Hinter diesen Vorstellungen steht ein Begehren, ein unbewusstes Wünschen, bestimmte Bilder, die uns leiten, ohne dass wir sprachlich oder reflexiv darüber verfügen. Eine solche Verfügung erlangen wir erst durch einen Wechsel in das Symbolische.

Das Imaginäre wird besonders dann herausgefordert, wenn eine schwierige Situation oder ein Problem oder ein emotionales Ereignis besteht, für die wir als Lösung eine Vision benötigen.

So entsteht z.B. die Frage nach einem Wunder: Welches Wunder müßte geschehen, damit...?

Findet man auf diese Frage eine Antwort, so ist es eine Lösung!

Aber das Imaginäre bezeichnet stets auch eine Grenze: Wir können den anderen nicht imaginär einfangen, wir können ihn nicht nach unseren Bildern formen, er bleibt eigen. Gerade Pädagogen darf diese Grenze nicht schrecken, denn sie zu beachten signalisiert, dass ich den anderen nie vollständig instruieren kann, dass ich Überraschungen erleben werde, dass mehr Kräfte im anderen schlummern, als ich je zu sehen vermag. Vielleicht schlummern ja auch in mir ungeahnte Kräfte.

Dies sollte jedoch keine Gleichgültigkeit bedeuten: Andere sind anders und daran lässt sich nichts ändern. Nein, ein solches Schwarz-Weiß-Bild ist nicht gemeint, denn Veränderungen bestimmen alle Interaktionen zumindest als Möglichkeit. Aber die Wege der Veränderung sind eben nicht so einfach, wie es viele ungeduldige Menschen gerne möchten. Und Veränderungen treten vor allem dann leichter ein, wenn das Imaginäre positv als Vision ins Spiel kommt. Pädagogische Arbeiten benötigt Imaginationen. Es benötigt Visionen. Und kleine Wunder, die nur dann eintreten, wenn wir sie erwarten und vorbereiten.