Was bestimmt die Spezifität einer Tyrosinkinase?
 
Es wurde beobachtet, dass der Insulinrezeptor nach Stimulation durch Insulin duale Aktivität, d.h. Phosphorylierung von Tyrosinresten und Serinresten, in der Autophosphorylierung erlangt. Wird die lösliche Insulinrezeptorkinase als GST-Fusionsprotein, und damit als stetes Dimer, exprimiert, so zeigt auch diese Kinase duale Aktivität in der Autophosphorylierung. Substrate konnten bisher nur durch den Insulinrezeptor oder den verwanten IGF-Rezeptor an Serinresten phosphoryliert werden, wenn im Phosphorylierungsansatz Poly-Lysin in äquimolaren Konzentrationen vorlag.
In der vorliegenden Arbeit habe ich den Einfluss der PTB-Domäne des IRS-1 auf die Spezifität der löslichen Insulinrezeptorkinse (LIRK) untersucht. Zur Beantwortung der Fragestellung habe ich die lösliche Insulinrezeptorkinase LIRK!72C Mut kloniert und erfolgreich exprimiert und gereinigt. In dieser Kinase ist das Tyrosin960 durch Phenylalanin substituiert und an Position Lysin1272 trunkiert worden. Diese Substitution ist sowohl sequenziell als auch durch Autophosphorylierungsexperimente bestätigt worden. Für die Substratphosphorylierungen wurden die LIRKwt sowie die LIRKMut, welche ebenfalls die oben erwähnte Substitution trägt, jedoch nicht trunkiert worden ist, verwendet. Diese Kinasen wurden von mir erfolgreich gereinigt und durch Auto- und Substratphosphorylierung charakterisiert. Die Phosphorylierung der Substrate erfolgte durch vorher, durch eine Autohosphorylierungsreaktion, aktivierten Kinasen ohne Zugabe von weiteren Agenzien wie Poly-Lysin.  
Deweiteren wurden folgende PTB-Derivate kloniert, exprimiert und in Substratphosphorylierungsreaktionen eingesetzt:
  1. GST-PTBMut, dem N-terminal ein zusäzliches Tyrosin angefügt wurde. Dieses Konstrukt wurde durch die LIRKwt mit VInitial = 0,29pmol P/pmol Kinase-1/min-1  effizient phosphoryliert. Eine Phosphorylierung durch die LIRKMut ergab eine 10fach langsamere Phosphorylierung. Signifikante Serinphosphorylierung des Substrates konnte nur durch die LIRKwt erreicht werden.
  2. His-PTB275, welches aus der PTB-Domäne über das Serin270 hinaus  und einem C- terminalen His-Tag besteht. Das Substrat wurde sowohl durch die verwendeten Insulinrezeptorkinasen als auch durch die Akt-Kinase phosphoryliert. Die Initialgeschwindigkeit der LIRKwt lag mit 0,03pmol P/pmol Kinase-1/min-1 deutlich unter der für das Substrat GST-PTBMut. Auch bei diesem Substrat wurde der Befund bestätigt, dass die LIRKMut das Substrat 10fach langsamer phosphoryliert. Duch beide Kinasen konnte das Substrat signifikant an Serin- und Threoninresten phosphoryliert werden.
  3. His-PTB263, welches der von Eck et al., 1998 kristallisierten PTB-Domäne entspricht. Dieses PTB-Derivat besitzt nicht das Serin270 und konnte nicht durch die Akt-Kinase phosphoryliert werden. Eine Phosphorylierung durch die LIRKwt war möglich, wenn auch nicht effizient (VInitial = 0,003 pmol P/pmol Kinase-1/min-1). Auch in diesem Substrat konnte deutliche Serin- und Threoninphosphorylierung nachgewiesen werden.
Aufgrund der von mir beobachteten Ergebnisse wird ein möglicher Mechanismus dualer Kinasen diskutiert