Das EURAD-PROJEKT



EURAD steht für "Europäisches Ausbreitungs- und Depositionsmodell". Das EURAD-Modell beschreibt die physikalischen, chemischen und dynamischen Prozesse, die für die Emission, die chemische Produktion, den Transport und die Deposition atmosphärischer Spurenstoffe von Bedeutung sind. Als Ergebnis liefert das EURAD-System die Konzentrationen atmosphärischer Spurenstoffe in der Troposphäre über Europa und ihre Ablagerung am Boden durch trockene und nasse Deposition (Hass et al., 1995, Jakob et al., 1995 Memmesheimer et al., 1997, Kessler et al., 2001). Daneben stehen auch meteorologische Felder, die mit dem mesoskaligen Meteorologiemodell MM5 berechnet werden, zur Verfügung. Anthropogene und biogene Emissionen können mit dem EURAD-Emissionsmodell EEM in das System integriert werden und erlauben beispielsweise die Untersuchung der Auswirkungen von emissionsmindernden Massnahmen auf die Konzentration atmosphärischer Spurenstoffe und deren Deposition. Damit kann das Modell zur Untersuchung wissenschaftlicher Fragestellungen und zur Planung von Luftreinhaltestrategien eingesetzt werden. Das Modell ist bisher sowohl für den europäischen Raum wie im lokalen Bereich angewendet worden und überdeckt Skalen von 1 km bis 1000 km, in Verbindung mit dem Modellsystem CARLOS kann es auch noch für kleinere räumliche Skalen eingesetzt werden. Die Kopplung der verschiedenen Skalen erfolgt durch das sogenannte Nestung-Verfahren, das immer wieder erfolgreich für wissenschaftliche Anwendungen eingesetzt werden konnte.


Durch die Verwendung aktueller meteorologischer Vorhersagen mit MM5 kann das System zur Prognose von Spurenstoffen verwendet werden. Damit ist auch eine begleitende Unterstützung von Feldexperimenten vor und während des Experiments möglich (PROGNOSE, PROSYS, CONTRACE). Die wissenschaftliche Auswertung und Interpretation von Feldmessungen wird durch die Behandlung aller wichtiger chemischer und dynamischer Prozesse im Modell erleichtert. Es wurde beispielsweise im Rahmen von BERLIOZ und VOTALP eingesetzt. Der Vergleich mit Messungen ermöglicht andererseits die Evaluierung des Modell-Systems und eine Verbesserung der verwendeten Parametrisierungen für die Behandlung der chemischen und dynamischen Prozesse. Besonders wertvoll ist die Verbindung des Modellsystems mit Datenassimilationstechniken.

Zur Behandlung der Gasphasenchemie wird der RADM2-Mechanismus (Stockwell et al., 1990) verwendet. Dieser umfasst 158 chemische Reaktionen und 63 gasförmige Substanzen, von denen 42 in der Atmosphäre transportiert werden. Neben den primär emittierten gasförmigen anorganischen Verbindungen (NO2, NO, NH3, SO2, SO4,CO) und 16 organischen Verbindungen (teilweise gruppiert nach ihrer Reaktivität) werden damit auch photochemisch produzierte Folgeprodukte erfasst (O3, PAN, H2O2, N2O5, HONO, HNO3, HNO4). Optional steht der Chemie-Mechanismus RACM (Stockwell et al., 1997) zur Verfügung. Dieser ist eine Weiterentwicklung des RADM2, insbesondere im Hinblick auf die Behandlung biogen emittierter Kohlenwasserstoffe.

Zur dynamischen mikrophysikalischen Behandlung der atmosphärischen Partikel wird das Aerosolmodell MADE (Modales Aerosol-Dynamik Modell für Europa) verwendet (Ackermann et al., 1998; Friese et al., 2000; Memmesheimer, 2001 Download[pdf-Format, ca. 1,8MB]) liefert damit für jeden Gitterpunkt des EURAD-Modells die Aerosolanzahl-Konzentration für jeden Mode und die Partikelmasse für verschiede Aerosolspezies. Primäre Aerosolkomponenten in MADE sind elementarer Kohlenstoff und organische Aerosole im Aitken- und Akkumulationsmode, sowie anthropogene Partikel im Grobpartikelmode. Sekundäre Aerosolkomponenten in MADE sind Sulfat, Ammonium, Nitrat sowohl im Aitken- wie im Akkumulationsmode. Die Bildung sekundärer organischer Aerosole wird durch das Modell SORGAM (Sekundäres Organisches Aerosol-Modul) erfasst (Schell et. al., 2001).

Im Wolkenmodul des CTM werden die Prozesse Auswaschung, vertikale Durchmischung, Nassphasenchemie und nasse Deposition parametrisiert.

Die wissenschaftlichen Entwicklungen und Anwendungen des EURAD-Modells werden vom BMBF (AFO2000, AFS, TFS), der DFG (SFB 419) und der Europäischen Union gefördert. Zur Luftreinhalteplanung wurde das Modellsystem bisher vom Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen , der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württenberg und dem Umweltbundesamt eingesetzt. Die Arbeiten im Bereich atmosphärischer Partikel werden vom Ford Forschungszentrum in Aachen unterstützt. Die numerischen Simulationen werden mit Unterstützung des Forschungszentrums Jülich (ZAM, NIC, ICG II) und des Rechenzentrums (RRZK) der Universität zu Köln durchgeführt. Meteorologische Daten werden vom ECMWF und NCEP zur Verfügung gestellt. Zugang zu Emissionsdaten ermöglichen die TNO, EMEP, das Umweltbundesamt, die Landesumweltämter und das IER der Universität Stuttgart.


Organigramm des EURAD-Modell-Systems
Autor:   Michael Memmesheimer