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CI: Chemische Ionisation
Bei der Chemischen Ionisation wird in die Ionenquelle zu den thermisch verdampften Probenmolekülen ein Überschuß an Reaktantgas eingelassen, das durch Elektronenbeschuß (150 eV) ionisiert wird. Es resultiert ein Druck in der Ionenquelle von etwa 2•10-1 bis 2 Torr. Um diesen Druck (4-5 Zehnerpotenzen höher als bei EI-MS) in der Ionenquelle zu erreichen, muß die Elektroneneintrittsöffung und die Ionenaustrittsöffnung verkleinert und die Pumpenleistung des Vakuumsystems erhöht werden.

CI-Ionenquelle
Abb.1: CI-Ionenquelle

Die durch den Elektronenbeschuß gebildeten Primärionen des Reaktantgases reagieren durch eine Serie von Stößen mit weiteren Reaktantgasmolekülen zu den eigentlich ionisierend wirkenden stabilen Ionen (CI-Plasmaionen). Als Beispiel sei Methan angeführt:

  1. CH4 + e- ® CH4+• (Bildung des Primärions)
  2. CH4+• ® CH3+ + H
  3. CH3+ + CH4 ® C2H5+ + H2
Ionisierung durch Protonierung
Im CH4-CI-Plasma sind die vorwiegend gebildeten stabilen Reaktantgasionen CH3+ und C2H5+ (protoniertes Ethen). Bei Wasser und Ammoniak dominieren die protonierten Moleküle [H3O]+ und [NH4]+ sowie deren Clusterionen mit einem oder zwei weiteren Neutralmolekülen (z.B. [(NH3)iNH4]+ mit i = 1-2). Bei Isobutan wirkt als protonierndes Reaktantgasion [C4H9]+, das protoniertem Isobuten entspricht. Diese Reaktantgasionen sind Brönsted-Säuren. Sie ionisieren Analyt-Moleküle in der Gasphase durch Protonierung in Ionen-Molekül-Reaktionen.

Reaktantgase für CI-MS: Protonierungsreaktionen
Gas Plasma-Ionen PA [KJ/mol]*
H2 H3+ 422
CH4 CH5+ 527
H2O H3O+ 706
CH3OH CH3OH2+ 761
i-C4H10 t-C4H9+ 807
NH3 NH4+ 840
* Protonenaffinität (PA) ist die mit der Reaktion M + H+ ® MH+ verbundene negative Reaktionsenthalpie

Die Protonenaffinitäten nehmen in der Reihenfolge [H3]+ > [CH5]+ > [C2H5]+ > [H3O]+ > [C4H9]+ > [NH4]+ ab. Demnach wird ein gegebenes Analytmolekül durch Protonenübertragung zunehmend schonender ionisiert, da die Exothermizität der Protonenübertragungsreaktion abnimmt. Auf diese Weise kann durch Wahl des Reaktantgases das Ausmaß der massenspektrometrischen Fragmentierungen gesteuert werden.
Neben der Protonierung werden auch durch Anlagerung von Reaktantgasionen gebildete Analytionen beobachtet (z.B. bei [NH4]+).
In der Regel sind CI-Spektren deutlich fragmentärmer als entsprechende EI-Spektren und zeigen höhere relative Intensitäten an Ionen, die das intakte Molekül enthalten. Dies ist auf die geringere Anregungsenergie bei Protonenübertragungen und Anlagerungsreaktionen zurückzuführen. Überdies wird die innere Energie der gebildeten Molekülionen (z.B. [M+H]+) im CI-Quellenbereich durch zahlreiche Stöße mit neutralen Reaktantgasmolekülen moderiert.

Ionisierung durch Ladungsübertragung
Wird ein Reaktantgas verwendet, das keine protonierenden Spezies bilden kann (z.B. N2, CO2), so werden Analytmoleküle über Ladungsaustauschreaktionen (charge tranfer reactions) ionisiert. Dabei entstehen wie bei EI-MS positiv geladene Molekülionen des Typs [M]+•. Hierbei ist die Differenz der Ionisierungspotentiale (IP) des Analyten und des Reaktantgases entscheidend. Ist das IP(Reaktantgas)~IP(Analyt), so werden in der Hauptsache Molekülionen [M]+• gebildet. Ist das IP des Reaktantgases um einige eV größer als das IP des Analyten (M), so wird das CI-MS-Spektrum einem entsprechendem EI-MS-Spektrum ähnlich, da in analoger Weise Fragmentierungen durch die auftretende Überschußenergie generiert werden.

Reaktantgase für CI-MS: Ladungsaustauschsreaktionen
Gas Plasma-Ionen IP[eV]
C6H6 C6H6+ 9,3
Xe Xe+ 12,1
CO2 CO2+ 13,8
CO CO+ 14,0
N2 N2+ 15,3
Ar Ar+ 15,8
He He+ 24,6

Häufig laufen auch mehrere Reaktionen als Konkurrenzprozesse nebeneinander ab. So liefern Alkene mit Isobutan als Reaktantgas durch Ladungsaustausch mit C4H10+• [M]+• sowie durch Reaktion mit dem Plasmaion C4H9+, [M+H]+, [M-H]+, [M+ C4H9]+ und [M+ C3H3]+. Vorausssetzung für den Ablauf jeder Reaktion ist deren Exothermizität. Auch hier gilt: Wird bei der betreffenden Reaktion nur wenig Energie frei, so werden nur Quasimolekülionen oder solche beobachtet, die daraus durch schnelle stark exotherme Prozesse entstehen können. Beispiel:
ROH ® ROH2+ ® R+ + H2O
Ist die Ionisierungsreaktion stark exotherm, so ist mit einem fragmentreichen Spektrum zu rechnen. Zu beachten ist dabei, daß die Quasi-Molekülionen in der Regel über eine gerade Zahl an Elektronen verfügen (z.B. [M+H]+ etc.) und daher in anderer Weise fragmentieren als Molekülradikalkationen des Typs [M]+• (ungerade Zahl e-).

Bedeutung der Chemischen Ionisation
  1. gezielte Unterdrückung von Fragmentierungen; Vereinfachung von Gemischanalysen durch das ausschließliche Auftreten von Quasimolekülionen und zur Bestimmung der Molmasse
  2. gezielte Ionisation bestimmter Verbindungsklassen; So werden z.B. bei Verwendung von NH3 als Reaktantgas nur stark basische Substanzen ionisiert.
  3. Bestimmung der Anzahl an aciden H-Atomen durch ND3 oder D2O als Reaktantgase. Beispiel:
    ROH + ND4+ ® ROD2+
  4. Erzeugung negativer Ionen; Durch Wechselwirkung der 150 eV Elektronen mit den Reaktantgasmolekülen wird die Energie der Primärelektronen vermindert. Es entstehen sog. thermische energiearme e- (Energie ~ eV Bereich), die insbesondere von halogenhaltigen Verbindungen wegen ihrer hohen Elektronenaffinität eingefangen werden (resonance capture ionization) und so empfindlich nachgewiesen werden können. Dies kann auch zum Nachweis von entsprechend derivatisierten Verbindungen (z.B. mit Pentafluorbenzylbromid, C2F5COOH) genutzt werden.

Literatur
A.G. Harrison, Chemical Ionization Mass Spectrometry, CRS Press Boca Raton, 2. Ed., 1992