KANT II

17.-19. Oktober 2008

Beiträge zur 2. Kölner Afrikawissenschaftlichen Nachwuchstagung (KANT II)

Herausgegeben von
Marilena Thanassoula, Kathrin Kolossa, Claudia Baasner, Peter André Rodekuhr, Marc Seifert, Nico Nassenstein, Anne-Kathrin Horstmann, Christoph Vogel, Larissa-Diana Fuhrmann
am Institut für Afrikanistik der Universität zu Köln, 2009

Einblicke in die koloniale Vergangenheit der „Colonia Agrippina“

13. Wissenschaftlicher Kolonialismus zwischen Theorie und Praxis: Die Ostafrika-Expedition der Kölner Handelshochschule 1908

Anne-Kathrin Horstmann, Universität Köln

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Betrachtet man die aktuellen Afrikabilder der deutschen Mehrheitsgesellschaft wird deutlich, dass viele dieser von Stereotypen und Vorurteilen geprägten Denk- und Wahrnehmungsmuster noch aus der Kolonialzeit stammen. Viele dieser klischeehaften Bilder werden einfach unreflektiert übernommen und dadurch reproduziert. Ein Grund dafür ist die unzureichend aufgearbeitete koloniale Vergangenheit Deutschlands. Breiten Teilen der deutschen Gesellschaft ist dieser Teil deutscher Geschichte kaum bewusst oder wird als kurz und daher unerheblich empfunden. Ein wichtiger Aspekt für die nötige Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialvergangenheit ist daher, historische Fakten aufzuarbeiten und zugänglich zu machen. So soll ein Bewusstsein für die deutsche Kolonialzeit und deren Folgen in der Öffentlichkeit geschaffen und zu einem kritischen Hinterfragen der eigenen Vorstellungen und Bilder vom tatsächlichen oder vermeintlich „Anderen“ und „Fremden“ angeregt werden.

In zahlreichen deutschen Städten haben sich daher lokalhistorische Projekte gegründet, die Schnittstellen ihrer Stadtgeschichte mit dem deutschen Kolonialismus herausarbeiten und kritisch beleuchten. So auch das Projekt Köln Postkolonial , das sich der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Kölns als „Kolonialmetropole des Westens“ widmet. Die vorliegende Arbeit soll ebenfalls dazu beitragen.

Dafür habe ich in meiner Magisterarbeit den Zusammenhang von Wissenschaft und deutschem Kolonialismus am Beispiel der 1901 gegründeten Kölner Städtischen Handelshochschule – Vorgängerin der Universität zu Köln – untersucht. Dadurch möchte ich aufzeigen, wie diese wirksame Verbindung den kolonialen Diskurs beeinflusste und die Institutionalisierung kolonialen Wissens in einer Kölner Bildungseinrichtung für dessen Verbreitung sorgte.

 

14. Koloniales Engagement in Köln – der Erfinder und Unternehmer Eugen Langen

Kathrin Treins, Universität Köln

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Köln wird in der aktuellen Forschung als die „Kolonialmetropole des Westens“ bezeichnet. Von dieser Stadt ging ebenso wie von Hamburg und Berlin ein hohes Maß an kolonialem Engagement aus. In Köln gab es viele kolonialwirtschaftlich und -politisch engagierte Bürger. Einer der einflussreichsten war der Zuckerfabrikant und Erfinder Eugen Langen. „Es ist Ihnen wohl bekannt, daß ich mich für koloniale Fragen interessiere.“ So beiläufig, fast ironisch beschreibt Eugen Langen sein kolonialpolitisches Wirken in einem Brief 1891.

Seine Tätigkeiten stehen im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung, die eine Fallstudie zum kolonialwirtschaftlich engagierten Bürgertum im Deutschen Kaiserreich ist. Ein Fokus soll auf Langens Engagement in der deutschen Kolonialpolitik liegen, da er als interessierter Zeitzeuge und in Kolonialangelegenheiten aktiver Politiker eine besondere Stellung unter den Wirtschaftsbürgern im Deutschen Reich, speziell in Köln, inne hatte. Eugen Langen soll hier exemplarisch für die kolonialwirtschaftlich und kolonialpolitisch engagierten Unternehmer vorgestellt werden.

 

15. Hugo Zöller und der koloniale Afrika-Diskurs in der Kölnischen Zeitung

Britta Wiese, Universität Köln

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„Ist nicht der Weiße nach einem ehernen Gesetz der Natur zum Herrschen geboren?“

 „[…] ich will an dieser Stelle noch einmal, […] meiner Überzeugung dahin Ausdruck verleihen, daß der Neger ebenso wenig jemals ein Europäer werden wird wie der Mops ein Pudel.“

 „Meine feste Überzeugung geht dahin, daß der Neger unter halbwegs vernünftiger europäischer Aufsicht besser dran sei als unter eigener Herrschaft.“

Diese Zitate stammen von Hugo Zöller, dem Auslandskorrespondenten, Reise- und Kriegsberichterstatter der Kölnischen Zeitung, der das Blatt im Laufe seiner mehr als 50jährigen Anstellung (1874-1927) zum wichtigsten prokolonialen Presseorgan machte. Exemplarisch zeigen sie den kolonialpolitischen und -propagandistischen Gehalt der Artikel in der Kölnischen Zeitung zu diesem Thema und zu der Art und Weise, in der AfrikanerInnen dargestellt wurden.

 

Einblicke in die Sklaverei damals und heute

16. Kontinuitäten von Sklaverei und Zwangsarbeit in der portugiesischen Militärkampagne in Angola

Tobias Drehsen, Universität Trier

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Seit Ausbruch des Unabhängigkeitskrieges 1961 wurde Angola, sieht man von einigen kurzen Unterbrechungen ab, über 40 Jahre lang mit Krieg überzogen. Mit dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft 1975, noch während des Abzugs der portugiesischen Truppen, setzten die verfeindeten Unabhängigkeitsbewegungen MPLA (Movimento Popular de Libertação de Angolas, FNLA (Frente Nacional de Libertação de Angola) und UNITA (União National para a Independência Total de Angola) die bewaffneten Auseinandersetzungen fort. Das Luena Memorandum of Understanding 2002 beendet vorerst eine der wohl längsten Perioden gewaltsamer Auseinandersetzungen auf dem afrikanischen Kontinent. Insbesondere in der letzten Phase des Bürgerkrieges prägten unvorstellbaren Gewalthandlungen den Kriegsverlauf.

 

17. Die Kategorie der Enteignung im Kontext der kolonialen Landnahme in Deutsch-Südwestafrika

Malte Thran, Universität Bremen

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Koloniale Landnahme wird in weiten Teilen der wissenschaftlichen Literatur zur namibischen Landfrage als „Enteignung“ gekennzeichnet bzw. mit „Enteignungen“ gleichgesetzt. In Darstellungen der historischen Entwicklung der Landfrage im Zeitraum von 1884 bis 1915 fungiert „land dispossession“ (Werner 1993; Karuuombe 2003:6; Hunter 2004:2) bzw. „illegal expropriation of land“ (Fuller 2004:85) als Beurteilung der gesamten Aneignung von Boden durch deutsche Siedler und den deutschen Kolonialstaat. Werner weist in der Debatte zur kolonialen Landnahme auf unterschiedliche Aneignungsformen – Raub und Tausch – hin, subsumiert diese allerdings unter die Kategorie der Landenteignung: „Unabhängig davon, welcher Standpunkt in dieser Frage eingenommen wird, ist zweifelsfrei zu konstatieren, dass eine weitreichende Landenteignung stattgefunden hat“ (Werner 2004:293). Ähnlich wird argumentiert, wenn „colonial land theft“ (Adams 1991:7) als Ausgangspunkt kolonialer Besiedlung genommen oder „stolen lands“ (vgl. Harring 2002a) als Hintergrund der postkolonialen Landreform gesehen werden. Diese Kategorien haben mit der Enteignungskategorie gemein, dass sie koloniale Landnahme als Verstoß gegen das Eigentum der indigenen Bevölkerung definieren. Dieser Betrachtung der Landnahme entsprechend werden die Enteignungen von 1905, die im Zuge des kolonialen Genozids an den Herero und Nama vollstreckt wurden, in den Vordergrund der Kritik an kolonialer Landnahme gestellt. In meinem Beitrag soll es darum gehen, diese Beurteilung der Landnahme kritisch zu untersuchen. Zwar ist zweifelsfrei festzuhalten, dass die koloniale Landnahme ein „Prozess […] der gewaltsamen Vertreibung der Menschen [war], die dieses Land ursprünglich als Lebensgrundlage benötigten“ (Melber 2000:23). Es ist aber in Frage zu stellen, ob dieser Prozess mit der Kategorie der Landenteignung adäquat erfasst wird.

 

Einblicke in „Wir“ und die „Anderen“

18. Die Konstruktion des „afrikanischen Migranten“ in deutschen Printmedien am Beispiel des Spiegel und der Zeit in den Jahren 2006/2007

Sanata Nacro, Universität Köln

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Afrikanische MigrantInnen spielen hierzulande eine eher unterrepräsentierte Rolle. Meist steht ihre Präsenz in Verbindung mit hiesigen Manifestationen des Rassismus zur Debatte, die je nach diskursiver Herausstellung des Ereignisses mehr oder minder hitzig geführt wird. Aber auch die stereotype Wahrnehmung als „Täter, als Kriminelle, „Sozialschmarotzer“ und „Illegale““ prägt ihre Medienexistenz.

Aktuell rücken sie im Zusammenhang mit der illegalisierten Migration an die Küsten Spaniens und Italiens in den Fokus der Medienberichterstattung. Dass dies ein europäischer Diskurs ist, mindert die Brisanz für eine deutsche Auseinandersetzung keineswegs, da hier Wahrnehmungs- und Denkmuster aktiviert werden, die auf eine lange Tradition zurückgreifen. Denn obwohl die ersten AfrikanerInnen schon seit der frühen Neuzeit deutschen Boden betraten, kann von einer erfolgreichen Integration und einem vorurteilsfreien Miteinander keine Rede sein. Das mag wohl auch daran liegen, dass sie lange Zeit, aufgrund ihrer geringen Zahl, weniger als „soziale Personen im Gefüge der deutschen Gesellschaft“ wahrgenommen wurden, sondern eher als Projektionsfläche für Ängste und Sehnsüchte aller Art gedient haben.

 

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