Warum ein verhasstes System trotzdem geliebt werden muss
      Eine Stellungnahme zur Demokratie an der Universität zu Köln

 Der Kölner Lehr-, Informations- und Prüfungs-Service ist spätestens seit Beginn des Wintersemesters 
2007/2008 in aller Munde. Kennt ihr nicht? Kennt ihr doch! KLIPS nennt sich das Projekt, welches zahllose
Nerven, böse Beschwerdeanträge und Vertrauen gekostet hat. Ein Vorhaben des Rektorats soll es sein,
sowie des Prorektors für Lehre, Studium und Studienreform. Wir jedenfalls wurden nicht gefragt, ihr etwa? 
Die bereits von KLIPS befallenen Institute können sich ebenfalls nicht erinnern, vor eine Wahl gestellt worden
 zu sein. 
Verfolgt man KLIPS zurück zu seiner Brutstätte, kommen Zweifel auf, ob es sich dabei tatsächlich um ein 
Vorhaben handelt. Offiziell hat das für KLIPS „seit Oktober 2006 eingesetzte POS-LSF-Team die Aufgabe, 
ein hochschulweites Prüfungs- und Veranstaltungsmanagement auf der Basis der Softwaresysteme der
Firma HIS zu realisieren“ (http://pos-lsf-team.uni-koeln.de/index.php/Hauptseite). Das gemeinnützige
Unternehmen HochschulInformationsSystem GMBH, kurz HIS, als Bestandteil des deutschen
Hochschulsystems konzipiert, befasst sich unter anderem mit der Optimierung von Verwaltungsprozessen
und Organisationsstrukturen (Gratulation unsererseits!). Die dazu verwendete HIS-Software speichert 
außerdem Daten über Studenten und ihr Bildungsverhalten. Laut eigenen Angaben werden durch 
Befragungen gespeicherte Daten bei Bedarf für wissenschaftliche Zwecke an ausgewiesene 
wissenschaftliche Einrichtungen bereitgestellt. Außerdem hat HIS in der Vergangenheit Studien für die
 Bertelsmann Stiftung durchgeführt. 

           
Bertelsmann Stiftung? Kein Begriff? Die Stiftung, gegründet von Reinhard Mohn, arbeitet nach eigenen Angaben für das Gemeinwohl. „Fundament der Stiftungsarbeit ist die Überzeugung, dass Wettbewerb und bürgerschaftliches Engagement eine wesentliche Basis für gesellschaftlichen Fortschritt sind“ (http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F14-922642E9/bst/hs.xsl/269.htm). 76,9 Prozent der Aktienanteile der Bertelsmann AG, welche unter anderem RTL sowie BMG umfasst und einen Jahresumsatz von etwa 18 Milliarden Euro verzeichnet, sind dieser Stiftung zuzuschreiben! Die Bertelsmann AG zahlt der Stiftung jährlich etwa 60 Millionen Euro steuerfrei (!) als Dividendenzahlung. Da es sich bei der Bertelsmann Stiftung um eine so genannte operative Stiftung handelt, finanziert sie lediglich eigene Apparate aus Forschung, PR und Organisation und unterliegt damit keiner Kontrolle durch Dritte. „Die
Erforschung und Entwicklung von innovativen Konzepten der Führung und
Organisation in allen Bereichen der Wirtschaft und des Staates, insbesondere durch
Systementwicklung und anschließende Implementierung“ (http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F14-922642E9/bst/hs.xsl/32039.htm) bildet nur einen Aufgabenbereich (Satzung §2 Absatz 2b) der Bertelsmann Stiftung. Die von der Stiftung angeregten zentralstaatlichen sowie landespolitischen Entscheidungen, welche Arbeit, Gesundheit, Wirtschaft und Bildung umfassen, beeinflussen die lokale Ebene und betreffen somit die Kommunalpolitik. „Von den Kultusministerien bis zum Kanzleramt, von den
Kommunalverwaltungen bis zum Amt des Bundespräsidenten gibt es kaum eine
politische Behörde, die nicht mit der Stiftung kooperiert“ (Harald Schumann. Der Tagesspiegel, 24.09.06, S.7). Kritiker behaupten, dass der Konzern und seine Stiftungen keinen unerheblichen Anteil an Sozialabbau und Privatisierung besitzen. Außerdem verbreitet sich der Eindruck einer „Bertelsmannisierung“ der Gesellschaft, da sich die Bertelsmann Stiftung sowohl Begriff wie Konzept der Bürgergesellschaft zu Nutze macht, um ihre politischen Reformen verbunden mit den wirtschaftlichen Interessen des Medienkonzerns Bertelsmann AG durchzusetzen. Bis dato demokratische Prozesse von politischer Willensbildung und politischen Entscheidungsfragen können so von der Stiftung beeinflusst beziehungsweise gesteuert werden.

Es drängt sich also die Frage auf, ob es sich bei der Einführung von KLIPS tatsächlich um ein Vorhaben des Rektorats und des Prorektors für Lehre, Studium und Studienreform handelt oder doch eher um eine weitere Anregung der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit HIS. Nach eigenen Angaben ist ein Ziel der Stiftung „die ’entfesselte Hochschule’: autonom, wissenschaftlich und profiliert, wettbewerbsfähig und wirtschaftlich, international und aufgeschlossen gegenüber neuen Medien“ (http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F14-29AAC352/bst/hs.xsl/1595.htm) und damit offen für den Medienkonzern Bertelsmann AG. Kritische Stimmen behaupten, die Universität sei vor keine Wahl gestellt worden, da man ihr lediglich die Option ließ KLIPS einzuführen oder Fördergelder zu verlieren. Eine Stellungnahme seitens des Rektorats hierzu wäre sicher aufschlussreich. Die Demokratie lebe hoch!

i.A. S. Dahl für die Fachschaft Pädagogik