Literarische Praktiken in Skandinavien um 1900

DFG-Forschungsprojekt

Schul-Lektüren

Teilprojekt 8 – Esther Prause

Bild Schullektüre

Seit der Einführung des Muttersprachenunterrichts ist die Schule die wohl wichtigste Institution für die Einübung von literarischen Praktiken und Umgangsweisen mit Texten. Im Klassenzimmer erlernen die Schülerinnen und Schüler nicht nur die Technik des Lesens, sondern auch dessen verschiedene performative Ausprägungen, also die stille Lektüre ebenso wie das Vorlesen, das Lesen mit verteilten Rollen ebenso wie das Memorieren für den auswendigen Vortrag und das Vortragen selbst. Sie lernen Texte situationsbedingt zu verwenden, zu bewerten und zu interpretieren. Dabei kommt der Schule eine wichtige normative und regulatorische Funktion zu, sowohl in der Auswahl kanonischer Texte als auch in der Vermittlung der als relevant erachteten literarischen Praktiken. Die in der Schule vermittelte literarische Kompetenz und die praktische Einübung in bestimmte Umgangsweisen bilden die Grundlage für die Teilhabe an den Praktiken, die in den anderen Teilprojekten untersucht werden. Daher kann sich dieses Projekt nicht nur einer literarischen Praktik widmen, sondern nimmt gleich mehrere in den Blick. Ziel ist es,

  • die in der Schule angewandten literarischen Praktiken und den ihnen zugewiesenen Stellenwert historisch zu rekonstruieren,
  • ihre pädagogische Funktionalisierung zu analysieren,
  • eventuelle Entwicklungs- oder Verschiebungstendenzen herauszuarbeiten und
  • sie mit den anderen hier untersuchten Praktiken zu kontextualisieren, bzw. die Rolle der Schule im Kontext anderer literarischer Institutionen zu analysieren.

Der Untersuchungszeitraum umfasst die Jahre von etwa 1870 bis 1910, die geprägt sind von einer intensiven Debatte über pädagogische und literaturdidaktische Fragen, vor allem in Schweden, aber auch mit Bezugnahmen und Ausstrahlung auf die Nachbarländer Dänemark und Norwegen. Da eine Frucht dieser Debatte die Konzeption neuer Lesebücher für die schwedische Volksschule war, die von namhaften Autoren wie Selma Lagerlöf, Verner von Heidenstam und Sven Hedin verfasst wurden, ist sie literaturgeschichtlich gut erforscht (u.a. durch Ollén 1996 und Nix 2002). Allerdings liegt der Fokus hier auf Fragen der Textauswahl und des Kanons, nicht aber auf der Methodik und dem im Unterricht praktizierten Umgang mit der Literatur. Neben der Volksschule als elementarer Bildungseinrichtung wird vor allem das Gymnasium als Vermittlungsraum für bürgerliche literarische Praktiken in den Blick genommen. Die Untersuchung fokussiert auf Schweden; Norwegen und Dänemark werden aber vergleichend ebenfalls in den Blick genommen.

 

Letzte Aktualisierung der Seite am: 08. April 2014
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