Studienbibliographie zur neueren
skandinavistischen und fennistischen Literaturwissenschaft

2.3.3 Drama und Theaterwissenschaft

Da das Drama im Hinblick auf eine Inszenierung angelegt ist, also im allgemeinen für die Bühne geschrieben wurde, wurde die literaturwissenschaftliche Forschung zur Theorie und Geschichte des Dramas seit Anfang unseres Jahrhunderts durch eine Theaterwissenschaft und -geschichte ergänzt. Für skandinavische Beiträge zur dramengeschichtlichen und theaterwissenschaftlichen Forschung siehe die Bibliographien in Abschnitt 3.9; für Theatergeschichten Abschnitt 3.4; für Einführungen in die Metrik Abschnitt 2.3.2.


Marx, Peter W. (Hg.): Handbuch Drama. Theorie, Analyse, Geschichte

Stuttgart: Metzler, 2012.

In den drei Kapiteln sollen Begriffe und Konzepte des Dramas erklärt, zentrale Aspekte der Dramenanalyse vermittelt und ein Überblick über die Gattungen des Dramas im historischen Kontext gegeben werden. Für Skandinavistikstudierende ist der Abschnitt zum Realismus/Naturalismus von Klaus Müller-Wille (S. 272-283) besonders interessant. [KaP]


Geiger, Heinz, u. Herrmann Haarmann: Aspekte des Dramas. Eine Einführung in die Theatergeschichte und Dramenanalyse

5., neu bearb. Aufl. Opladen: Westdeutscher Verlag, 2012 (= WV Studium; 147).

Wie der Untertitel bereits indiziert, kombiniert diese Einführung eine historische und eine systematische Perspektive. Im historischen Teil wird – recht punktuell – ein Einblick in Theaterästhetiken seit der Antike gegeben. Der systematische Teil behandelt auf 40 Seiten sehr knapp »Bauelemente des Dramas« wie etwa Handlungstypen (worunter z.B. das ›Konfliktdrama‹, das analytische Drama etc. subsumiert werden), Handlungsgliederung (Akt, Szene, Auftritt) und Formtypen (offenes vs. geschlossenes Drama). In einem 90 Seiten langen Anhang werden Auszüge aus Texten zur Entwicklungsgeschichte des Dramas von Aristoteles bis zu Heiner Müller und George Tabori präsentiert. Außerdem enthält der Band ausführliche Literaturhinweise sowie ein Personen- und Sachregister. [UwE]


Pfister, Manfred: Das Drama. Analyse und Praxis

11., verb. Aufl. München: Fink, 2001 (= utb; 580).

Das immer wieder neu aufgelegte Standardwerk ist eine allgemeine und systematische Einführung in die Dramenanalyse, das sich »primär an den literaturwissenschaftlichen Anfänger, an Kollegiaten und Studenten« wendet. Das Buch argumentiert auf strukturalistischer und kommunikationstheoretischer Grundlage, verdeutlicht eingangs den wesentlichen Unterschied zwischen narrativer und dramatischer Sprechweise und behandelt in längeren Kapiteln zentrale Themen der Dramentheorie wie Informationsvergabe, sprachliche Kommunikation, Personal und Figur, Geschichte und Handlung, Raum- und Zeitstruktur. Pfister versteht dabei das Drama als literarisches Textsubstrat, das implizite Inszenierungsanweisungen enthält. Die Analysebeispiele stützen sich auf eine große Auswahl von Primärtexten, wobei englisches Material überwiegt. Der Band verweist in einer sehr ausführlichen Liste auf weiterführende Sekundärliteratur und ist mit einem Autorenregister ausgestattet. [UwE]


Fischer-Lichte, Erika: Semiotik des Theaters

Bd. 1: Das System der theatralischen Zeichen; Bd. 2: Vom »künstlichen« zum »natürlichen« Zeichen – Theater des Barock und der Aufklärung; Bd. 3: Die Aufführung als Text. 5. unveränd. Aufl. Tübingen: Narr, 2007 [1. Aufl. 1983].

Diese Einführung in die Theatersemiotik ist in drei Teile gegliedert: im ersten, systematischen Band werden die theatralen Zeichensysteme (Gestik, Mimik, Proxemik, Kostüm, Dekoration etc.) wie auch die allgemeinen Bedingungen theatraler Bedeutungserzeugung untersucht; der zweite, historische Band beschreibt mit dem erarbeiteten Inventar synchron die Zeichenkomplexe des Barocktheaters und diachron den Übergang zu einem quasi-natürlichen Zeichensystem in der Aufklärungszeit; im dritten, analytischen Band schließlich werden Prinzipien und Methoden der Aufführungsanalyse erarbeitet und praktisch erprobt, wobei die Aufführung als Text aus theatralen Zeichen aufgefasst wird. Jeder Band enthält ausführliche Literaturverzeichnisse. [UwE]


Holm, Ingvar: Drama på scen. Dramats former och funktion

Sthlm: Liber, 1981.

Holms Buch erschien erstmals 1969 und gilt seitdem als Klassiker der Theaterliteratur in Schweden. Es ist in erster Linie ein Lehrbuch für Studierende der Theaterwissenschaft und Theaterpraktiker. Etwas unscharf verbindet es eine systematische und historische Perspektive, indem es Elemente und Aspekte des Dramas (Dialog, Handlung und Intrige, die Personen des Dramas, die Einheit des Dramas) diskutiert und in ihren verschiedenen Ausprägungen in der Theatergeschichte vorführt. Eigene Kapitel beschäftigen sich mit dem Verhältnis von Text und Theater, etwa mit ›Regieattitüden‹, und mit Möglichkeiten und Ergebnissen der Rezeptionsforschung. [UwE]


Longum, Leif: Å lese skuespill. En innføring i dramaanalyse

2. Aufl. Oslo: Gyldendal Norsk, 1982.

Nach einem längeren dramen- und theaterhistorischen Einleitungskapitel werden in systematischer Perspektive einzelne Elemente des Dramas behandelt: Handlung (Exposition, Peripetie etc.), Figuren (Protagonist, Antagonist etc.), Dialog und Bildsprache. Ein Kapitel ist der grundsätzlichen methodischen Frage gewidmet, wie die Einzelbeobachtungen am Text einer ganzheitlichen Analyse subsumiert werden können. Abschließend werden neue Entwicklungen (Hörspiel, TV-Theater) diskutiert. Viele Analysebeispiele stammen aus den Werken Ibsens und Strindbergs. [UwE]


Holm, Ingvar (Hg.): Teater

[Bd. 1:] Polemik Teorier Manifest. En antologi; Bd. 2: Tecken Språk Struktur. En antologi; Bd. 3: Publik Organisation Samhälle. En antologi. Lund: Studentlitteratur, 1972–1981.

Drei Anthologiebände mit theatertheoretischen Texten aus über 2.000 Jahren, allerdings mit Schwerpunkt auf den sechziger und siebziger Jahren unseres Jahrhunderts. Jeder Band mit einer Einleitung des Herausgebers, aber leider ohne Register. [UwE]


Wiingaard, Jytte: Teatersemiotik

Kbh: Borgen, 1987.

Im ersten, theoretischen Teil des Buches wird eine historische Einführung in die Tradition der Theatersemiotik seit ihren Anfängen im Prager Strukturalismus gegeben; auch auf skandinavische Forschung (Aspelin u.a.) wird verwiesen. Im zweiten, praktischen Teil wird auf dieser recht knappen systematischen Grundlage der Versuch einer Aufführungsanalyse (Henrik Ibsen, Bygmester Solness, Kbh 1893) unternommen. Im Anhang werden Fachworte erklärt und die wichtigsten Ergebnisse auf englisch zusammengefasst. [UwE]


Hagnell, Viveka: Att läsa litteratur och att se teater. Upplevelse av spelade dramatiska verk och av lästexter med likartad innehåll

Lund: Gleerup, 1973.

Diese schwedische Doktorarbeit untersucht auf empirisch-rezeptionstheoretischer Grundlage die unterschiedlichen Wirkungen des Text- und des Theatermediums. Im Anschluss an eine theoretische Einleitung wird in vier Feldversuchen das Verhalten von Testpersonen beschrieben, die ein Theaterstück und einen Text (Roman, Gerichtsprotokoll etc.) ähnlichen Inhalts rezipiert haben. Auf der Basis von Interviews mit diesen Testpersonen erfolgt eine erneute Erörterung der verschiedenen theoretischen Positionen zum Thema Medienwechsel. [UwE]


Törnqvist, Egil: Transposing Drama. Studies in Representation

London: Macmillan, 1991. (= New Directions in Theatre; 4)

Törnqvist untersucht in diesem Buch einen noch erstaunlich wenig erforschten Gegenstand: die Bedingungen der Transformationen eines dramatischen Texts in verschiedene andere Medien (Hörspiel, Bühnenaufführung, Fernsehtheater, Film); übrige Formen der Transposition (z.B. vom Entwurf zur Schlussversion eines Textes oder von der Ausgangssprache des Textes in eine Zielsprache) treten demgegenüber in den Hintergrund. In einem knapp gehaltenen, semiotisch orientierten Einleitungskapitel werden zentrale theoretische Fragestellungen formuliert. In den Hauptabschnitten werden anhand von Shakespeares Macbeth, Ibsens Et Dukkehjem, Strindbergs Spöksonaten und Pinters The Homecoming praktische Auswirkungen der jeweiligen Medienwechsel demonstriert und interpretiert. Törnqvists Analysen, die am ›close reading‹ geschult sind, konzentrieren sich dabei auf einzelne Szenen dieser Dramen, im Falle von Et Dukkehjem z.B. auf den Anfang, das Ende und den wichtigen Tarantella-Tanz. In die ausführliche Zusammenfassung fließen erneut theoretische Reflexionen ein. [UwE]



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