LEHRE Erwerb einer
Fremdsprache
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Berufsbezogene Fremdsprachliche Fortbildung

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Berufsbezogene Fremdsprachliche Fortbildung

  A. Lernziele

  1. Oberziel: funktionale Sprachkompetenz
  2. Oberziel: interkultutrelle Kompetenz
B. Didaktische Probleme

  1. Problem der Lernvoraussetzungen
  2. Einstiegsproblem: Sprechhemmung und niedriges Sprachniveau
  3. Semantisierungsproblem
  4. Komplexitätsproblem
  5. Massenproblem
  6. Transferproblem
  7. Motivationsproblem
  8. Niedrige Sprechkompetenz
C. Lernsequenz

 


 
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A. Lernziele

Das allgemeine übergeordnete Lernziel ist die Verbesserung der sprachgrenzübergreifenden Kommunikation. Dieses übergeordnete Lernziel gliedert sich in zwei Oberziele:

  1. die Erhöhung der berufsbezogenen funktionalen Sprachkompetenz für Berufe wie Lehrer, Wissenschaftler, Polizisten, usw.
  2. die interkulturelle Kompetenz.

Bei der funktionalen Sprachkompetenz und der interkulturellen Kompetenz steht die Kommunikation im Vordergrund des Spracherwerbprozesses, wobei die sprachliche Bewältigung von berufstypischen Situationen besonders zu betonen ist. In der sprachlichen Bewältigung von Situationen wird die intensivste und komplexeste Form der Sprachanwendung gesehen.

 

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Das erste Oberziel, die funktionale Sprachkompetenz, soll durch fünf Hauptziele angestrebt werden:

 

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Das zweite Oberziel, die Verbesserung der interkulturellen Kompetenz, gliedert sich in drei Hauptziele:

Schematisch ergibt sich:

Abbildung 1: Die funktionale Sprachkompetenz setzt sich aus fünf und die interkulturelle aus drei Hauptzielen zusammen. Beide Oberziele dienen der Erreichung des allgemeinen übergeordneten Lernziels – der sprachgrenzüberschreitenden Kommunikation.

 

 
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B. Didaktische Probleme

Sprechen lernt man nur durch Sprechen, es ist die "Funktionsverbesserung eines Systems durch die Funktion selbst" (LORENZ, 1973, S. 101). "Eine Fremdsprache lernt man nur dann als Kommunikationsmedium benutzen, wenn sie ausdrücklich und genügend oft in dieser Funktion ausgeübt wird. In diesem Sinne ist die Fremdsprache der Weg zu sich selbst. Man lernt sie, indem man sie gebraucht. Dies ist das unterrichtsmethodische Prinzip der Kommunikation und der funktionalen Fremdsprachigkeit des Unterrichts". (BUTZKAMM, 1993, S. 83) Diese grundlegende didaktische Orientierung folgt sowohl aus der Psycholinguistik als auch aus der Kognitionspsychologie. Beide Wissensbereiche liefern auch die Orientierungsgrundlage für die Entwicklung der konkreten didaktischen Techniken. Diese Orientierung steht im Einklang mit der aktuellen Tendenz, die Didaktik der Sprachlehrforschung immer stärker an der Linguistik und der Kognitionspsychologie zu orientieren, wobei zu betonen ist, dass beide Wissensbereiche immer nur heuristische Leitlinien und nicht schon gleich didaktische Methoden liefern.

Diese didaktische Orientierung führt darüber hinaus dazu, die verschiedenen Probleme des Fremdsprachenlernens präzisieren zu können. Im vorliegenden Programm stehen die folgenden Probleme im Vordergrund:

     
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  1. Problem der Lernvoraussetzungen
    Das Programm ist für Personen gedacht, die mindestens sechs Jahre Englischunterricht an einer Schule absolviert haben, typischerweise Realschul-Englisch. Es wird also davon ausgegangen, dass grundlegende Sprachstrukturen aufgebaut und die wichtigsten grammatikalischen Umstrukturierungen vollzogen wurden, darüber hinaus wird ein aktiver Vokabelschatz der wichtigsten allgemeinen englischen Ausdrücke vorausgesetzt. Es wird also vorausgesetzt, dass einfaches Englisch verstanden werden kann. Für den Fall, dass die Lernvoraussetzungen nicht gegeben sein sollten und das Programm im Einzelfall zu schwierig sein sollte, wird zur Sicherung der Lernvoraussetzungen dennoch auf vorhandene multimediale Sprachprogramme verwiesen. Im übrigen wird bezüglich der allgemeinen Lernvoraussetzung wie Sprachbegabung, Intelligenz usw. mit CHOMSKY (1965) davon ausgegangen, dass jeder Lerner mit einer angeborenen Spracherwerbkompetenz ausgestattet ist und es daher darauf ankommt, eine Vielfalt von produktiven Lernbedingungen zu gewährleisten, die individualisierte Lernverläufe ermöglichen. Dieses bezieht sich z.B. auf Lernzeiten und Wiederholungsfrequenzen.

     

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  2. Einstiegsproblem: Sprechhemmung und niedriges Sprachniveau
    Sprechhemmung ist die verbreitete Folge des schulischen Fremdsprachenunterrichts. (Zitat BUTZKAMM) Bei der vorliegenden Zielgruppe ist dieses Problem als besonders gravierend einzuschätzen, weil es sich um Erwachsene handelt, deren Schulzeit lange zurückliegt und die im allgemeinen in der Zwischenzeit wenig Englisch gesprochen haben. Deshalb wird zum Einstieg in das Programm auf eine didaktische Technik zurückgegriffen, die sich zum Abbau von Hemmungen vielfach - auch im Rahmen der Spieltherapie (SCHMIDTCHEN) - bewährt hat. Eine solche Methode ist in Lernspielen zu sehen. Lernspiele sind intrinsisch motivierend, beginnen mit niedrigem Ausgangsniveau, führen - was für die Lehre der Sprache besonders wichtig ist - zu vielen Wiederholungen ohne langweilig zu werden und weisen viele weitere positive didaktische Eigenschaften auf - (RÜPPELL 1982). Lernspiele können auch dem Problem des niedrigen Eingangssprachniveaus gerecht werden, denn die Spiele können so entwickelt werden, dass mit einfachen Anforderungen und hinreichend vielen Wiederholungen eine intrinsische Motivation erhalten bleibt.

    Durch Sprachlernspiele ist es prinzipiell möglich, die syntaktische Komplexität zunächst stark zu reduzieren und trotzdem inhaltlich und formal erwachsenengerecht zu bleiben. Aus dieser Perspektive wurde das Spiel "Wegbeschreibung" entwickelt, das inhaltlich erwachsenengerecht ist, weil die Kompetenz, Wege zu beschreiben, im Alltag unmittelbar relevant ist. Das Spiel "Wegbeschreibung" wird sogar dem kommunikativen Sprachlehransatz gerecht, denn die Sprache ist nicht das primäre Ziel, sondern nur notwendiges Instrument zur Zielerreichung.

     

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  3. Semantisierungsproblem
    Es herrscht eine riesige Diskrepanz zwischen "verstehen können" und "sprechen können". Das Semantisierungsproblem ist nachrangig.

     

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  4. Komplexitätsproblem
    Längere Dialoge und komplizierte Rechtsbelehrungen enthalten eine hohe inhaltlich und syntaktische Komplexität. Die mit dieser Komplexität verbundenen Lernprobleme können teilweise durch den geschickten Aufbau einer Transfersequenz aufgefangen werden, erfordern dennoch aber eine didaktisch ausgefeilte Lernmethode.

    Dieses wird auch durch die empirischen Ergebnisse nahegelegt, denen zufolge Anfänger große Schwierigkeiten haben, einfache Dialoge so weit zu erlernen, dass sie frei gesprochen werden können. Angesichts empirischer Ergebnisse ist eine effektive Lernmethode im vorliegenden Projekt unerläßlich. Aus diesem Grunde wurde unter Nutzung der kognitionspsychologischen Ergebnisse die Methode der progressiven Integration mit wechselnden Lehrmethoden entwickelt.

    Zusätzlich werden berufsspezifische Redewendungen vermittelt, die Elemente aus den nachfolgenden Dialogen enthalten:

     

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  5. Massenproblem
    Das Massenproblem bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Einübung der allgemeinen und spezifischen Redewendungen.

    Zu jeder der o. a. kommunikativen Funktionen sind mehrere Redewendungen zu erlernen und dazu kommen die berufsspezifischen Redewendungen. Da aber allesamt durch eine relativ einfach Satzstruktur gekennzeichnet sind, und außerdem der Nutzen dieser Wendungen für den Alltag transparent ist, kann sich die didaktische Methode auf die gedächtnispsychologischen Probleme des Behaltens und Abrufens konzentrieren. Aus diesem Grunde wird auf eine bildgestützte Lehrmethode zurückgegriffen, mit der wir in anderen Bereichen, etwa bei der Lehre japanischer Schriftzeichen, erfolgreich waren.

     

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  6. Transferproblem
    Das Transferproblem ist darin zu sehen, dass Trainingsergebnisse häufig nicht von der Trainingssituation auf den Alltag übertragen werden. Dieses wurde unter anderem beim Lehrertraining, insbesondere beim sogenannten Micro-Teaching, festgestellt und dadurch erklärt, dass die Trainingssituation der hochkomplexen Klassenraumsituation nicht gerecht wird. Im Vergleich hierzu ist im vorliegenden Fall (Ein Polizist setzt sich mit einem oder mehreren Verkehrsteilnehmern, Touristen usw. auseinander) als weniger komplex einzuschätzen. Es handelt sich um relativ eng umschriebene Dialogsituationen, weshalb es sinnvoll erscheint, das Transferproblem einfach dadurch zu lösen, zunächst die allgemeinen Redewendungen so zu entwickeln, dass viele Ergänzungsmöglichkeiten vorhanden sind. Die Redewendungen sind also mit einem unpersönlichen "es" so zu formulieren, dass die Anschlüsse für den nachfolgenden Satzteil schon mitgeliefert werden. Beispiel: "The question is, whether ... ." BUTZKAMM, 1993, spricht in diesem Zusammenhang von der Ausbildung einer Lexiko-grammar. Vor dem Hintergrund dieser offenen Redewendung könnte dann das Erlernen eine begrenzten Menge von Dialogen und ihrer Variationen dazu führen, dass die produktiven Mechanismen der menschlichen Sprache aktiviert werden und aus den Elementen der eingeübten Redewendungen und Dialoge durch Variationen Neues erzeugt wird.

    Psycholinguistisch wird angenommen, dass Abwandlungen, Austausch, Analogiebildung und anderes mehr schon nach der Beherrschung von etwa zwölf Dialogen einsetzen, weil das menschliche Gedächtnis diese Dialoge nicht wortwörtlich speichert, sondern dem Konstruktivismus zufolge jeweils rekonstruiert. Vor diesem Hintergrund wurde entschieden, zur Ausbildung der Dialogkompetenz eine begrenzte Anzahl von Dialogen einüben zu lassen und die sich entwickelnde funktionale Sprachkompetenz empirisch zu überprüfen. Die Dialoge sind so gestaltet, dass sie zunächst an das Spiel "Wegbeschreibung" und dann an die allgemeinen und berufsspezifischen Redewendungen anknüpfen und langsam aber sicher komplexer werden. Insgesamt entsteht also eine Lernhierarchie, die durch das Prinzip der gemeinsamen Elemente den pädagogisch wichtigen Transfermechanismus vielfältig aktiviert.

     

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  7. Motivationsproblem
    In der Weiterbildung herrscht eine andere Situation der Lerngruppen als in der Schule.

     

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  8. Niedrige Sprechkompetenz
    Das gesamte Programm ist für das Erreichen der Lernziele wichtig. Es sollten neue Mischungen in den Dialogen entstehen.

     

     
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    C. Lernsequenz

    Effektive Lernsequenzen sollten prinzipiell nach dem Prinzip von Transferhierarchien konzipiert werden. In diesen erleichtern die vorangegangenen Lernergebnisse die jeweils nachfolgenden signifikant durch vertikalen Transfer. Dieses Transferprinzip gilt im vorliegenden Projekt besonders für die Lernsequenz zur Ausbildung der funktionalen Sprachkompetenz. Die Übungen zur Ausbildung der interkulturellen Kompetenz können in diese Lernsequenz unter motivationalen Gesichtspunkten eingestreut werden. Das gleiche gilt für das Erlernen der Fachvokabeln. Die Lernsequenz zur Ausbildung der funktionalen Kompetenz hat sechs Ebenen:

    Abbildung 2: Die Ebenen beeinflussen sich durch vertikalen Transfer.

     

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    zu Ebene I:
    Zur Ausbildung der Instruktionskompetenz wird das Lernspiel Instruktionsverständnis eingesetzt. Die Verwendung eines solchen Spiels bietet sich an, weil man dadurch dem kommunikativem Sprachansatz gerecht wird, das Motivationsproblem automatisch löst und eine geeignete Methode zum Abbau von Sprechhemmungen hat. Ein Beispiel für ein Instruktionsspiel ist das Spiel "Wegbeschreibungen". In diesem Spiel wird die Sprache funktional eingesetzt. Die Satzkonstruktionen sind zwar kompliziert, wiederholen sich aber im Prinzip häufig. Dieser erste Teil der Lernsequenz gliedert sich in drei Schritte:

    1. Verstehen einfacher Wegbeschreibungen, in denen vorwiegend nur Richtungsangaben auftreten:
      Man hört sich über die Tonausgabe des Computers die Wegbeschreibung so lange an, wie man glaubt, sie behalten zu können und fährt den Weg mit der Maus auf dem vorgegebenen Plan. Wer sich verfährt, muss ein Stück zurück und sich die Wegbeschreibung erneut anhören.

    2. Reproduktion vorgegebener Wegbeschreibungen, in denen auch verkehrsspezifische Objekte auftreten.
      (a): A sitzt vor und B sitzt hinter dem Computer. B hört die Wegbeschreibung und sagt "STOP", wenn er glaubt, nichts mehr aufnehmen zu können. Dann erklärt er A das erste Stück des Weges.
      (b): Man prägt sich mit Hilfe des Programms eine Wegbeschreibung ein und erklärt dann frei ohne jede Hilfe einem Mitglied der Lerngruppe den Weg.

    3. Selbständige Formulierung von Wegbeschreibungen in der Fremdsprache.
      (a): A sieht das Auto fahren und erklärt B, wie es gefahren ist.
      (b): A sitzt vor und B neben dem Computer. B hat eine Karte mit dem eingezeichneten Weg, den er A erklärt. A muss den Weg auf der Computerkarte mit der Maus abfahren.

    Zur Bewältigung der mit den Wegbeschreibungen verbundenen Komplexität wird die Etappentechnik eingesetzt. Diese ermöglicht es dem Lerner, die Länge einer zusammenhängenden Instruktion selbst festzulegen, wobei er aus motivationalen Gründen dazu angehalten wird, die Beschreibung mit möglichst wenig Etappen ausführen zu können. Im Falle des Spiels "Wegbeschreibung" wird das Erlernen von fünf Wegbeschreibungen für Autofahrer und fünf Wegbeschreibungen für Fußgänger mit Benutzung der Nahverkehrsmittel als ausreichend dieser spezifischen Instruktionskompetenz angesehen.

     

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    Zu Ebene II:
    Die Ausbildung der kommunikativen Kompetenz gliedert sich in die Differenzierung der sozialen Kognition und das Einüben von Redewendungen für ca. 150 spezifische Funktionen der menschlichen Kommunikation. Diese wurden dem Threshold Level (1990) direkt entnommen. Aus gedächtnistheoretischen Gründen wird mit Redewendungen begonnen, die nicht mehr als fünf bis zehn Worte haben.

    Die Einübung der kommunikativen Funktionen geschieht in drei Schritten:

    1. Intention, gesprochen: Vorgabe der spezifischen Handlungsabsicht in deutscher Sprache.
    2. Allgemeine Funktion, getackert geschrieben: Nennung der allgemeinen kommunikativen Funktion in englischer Sprache.
    3. Alternative Beispiele: Aufforderung alternative Formulierungen zu nennen, bevor der Computer sie nennt.

    Beispiel:
    Intention: Sie wollen jemanden dazu bewegen, die Musik auszumachen.
    Allgemeine Funktion: Requesting someone to do something
    Alternative Beispiele:
    Please ...
    Please turn off the music
    Could you please ...
    Would you please ...
    Kindly ...

    Im Bedarfsfall kann die deutsche Übersetzung abgerufen werden.
    Überprüfung der Abrufbarkeit der Alternativen mit dem Strichmuster-Test. (Alle Alternativen noch einmal hören und anschließend ein bestimmtes Wort an die richtige Stelle des Strichmusters setzen.)

     

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    Zu Ebene III:
    Analog zu Ebene II mit berufsspezifischen Redewendungen.

     

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    Zu Ebene IV:
    Zur Einübung von Dialogen wurde der Dialogtrainer PRIMAT entwickelt. Er soll es dem Lerner ermöglichen, längere Dialoge frei sprechen zu können. Dazu ist die simultane Ausbildung von Hörbildern so wie von artikulatorischen und grammatikalischen Mustern notwendig.
    Das Erlernen längerer Dialoge ist aus lerntheoretischer Sicht als Aufgabe hoher Schwierigkeit einzustufen. Diese Schwierigkeit kann durch gedächtnispsychologische Experimente (Literatur) und empirische Studien aus dem Fremdsprachenunterricht geschätzt werden. BUTZKAMM 1993 kommt aufgrund seiner Untersuchung beispielsweise zu dem Ergebnis, dass schon das Erlernen kurzer Dialoge (8 Aussagen) bei Anfängern eine volle Schulstunde beansprucht. Auf der mikrostrukturellen Ebene des Lerngeschehens zeigte sich, dass schon das Nachsprechen von Sätzen mit mehr als sieben Silben dem Anfänger erhebliche Schwierigkeiten bereitet.
    Um den Schwierigkeiten beim Erlernen längerer Dialoge effektiv begegnen zu können, wurde PRIMAT entwickelt. PRIMAT erhebt den Anspruch, Dialoge so intensiv zu vermitteln, dass sie auch längere Zeit nach ihrem Lernen – gegebenenfalls mit einer kurzen Auffrischung – noch frei gesprochen werden können.
    Mengenmäßig wird davon ausgegangen, dass das Einstudieren von zwölf Dialogen zunehmender Komplexität für die Ausbildung der Dialogkompetenz ausreicht.

     

    PRIMAT PRogressive Integration Mit Alternativen Techniken
    Progressive Integration (PRI) bedeutet das Erlernen von immer größer werdenden Teilen, wobei jeder größere Teil die zuvor erlernten Teile enthält. Der kleinste zu erlernende Teil bei der PRIMAT-Technik ist ein Dialog-Absatz aus vier Äußerungen. Je zwei Absätze werden zu einem Abschnitt verbunden und je zwei Abschnitte zu einer Hälfte und die Hälften zum Gesamtdialog. Auf diese Weise entsteht die folgende Hierarchie, die mit der kognitiven Repräsentation der jeweiligen Situation beginnt:

    Abbildung 3: Die Zahlen stehen für die Anzahl der Äußerungen der Absätze, Abschnitte, Hälften und des Gesamtdialogs. Jeder der acht Absätze besteht aus vier Äußerungen. Je zwei Absätze bilden einen Abschnitt, usw.

     

    Die Ziele dieser Hierarchie werden mit alternativen Techniken (MAT) angestrebt:

    Techniken zur Repräsentation der Situation:

    1. Begriffs-Scribble zum Erfassen der Situation
      Wenn man auf die einzelnen Piktogramme des Scribbles klickt, werden in der Fremdsprache Aspekte der Situation genannt. Insgesamt geben diese Aspekte eine knappe Beschreibung der Situation.

    2. Matching-Test zur Aktivierung zentraler Begriffe
      Der Matching-Test ist ein A-Priori-Test. Wichtige Begriffe insbesondere solche, die zum Teil als Fremdworte schon bekannt sind, werden ungeordnet einander gegenübergestellt. Der Lerner soll ohne vorherige Lernmöglichkeiten jeweils die fremdsprachlichen und muttersprachlichen Begriffe einander zuordnen. Diese Zuordnung aktiviert gedächtnistheoretisch gehaltvolle Inferenzprozesse.

    Techniken zum Lernen von Absätzen:

    1. Echo-Hören mit progressivem Lückentext zum Codieren der Absätze
      hören – rekonstruieren
      Beim kontinuierlichen Sprechen überschreibt der nachfolgende Satz den vorangegangenen, so dass dieser nicht codiert werden kann. Das Echo-Hören ermöglicht die akustische und der direkt nachfolgende progressive Lückentext die orthografisch korrekte Rekonstruktion von Sätzen. Echo-Hören bedeutet, einen gehörten Satz unmittelbar nach seinem Verklingen nochmals leise zu sprechen. Technisch wird dieses durch eine Stop-Taste realisiert, mit der der Lerner die Absätze Satz für Satz abhören kann.
      Man startet die Sprachausgabe, hört sich einen Satz an, stoppt die Sprachausgabe und ruft sich den Satz unmittelbar noch einmal ins Gedächtnis und bewertet dann die Schwierigkeit, Klarheit usw.
      Dieser elaborative Rehearsal-Prozess bewirkt, dass der gehörte Satz ein paar Sekunden im Arbeitsgedächtnis erhalten bleibt, durch die Bewertung etwas elaboriert wird, dadurch Verbindung zum Langzeitgedächtnis bekommt und nicht gleich durch den nachfolgenden Satz überschrieben wird.
      Allgemein kann gedächtnistheoretisch argumentiert werden, dass das Hören einer Fremdsprache eine schwache Spur und das Rekonstruieren der Sprache eine signifikant stärkere Spur im Gedächtnis erzeugt. Wichtig ist, dass durch die Rekonstruktion eine Spur für die Rekonstruktion entsteht, die für den späteren Abruf entscheidend ist.

    Techniken zum Lernen von Abschnitten:

    1. Decodierendes Lesen mit Strichmuster-Test zur integrierenden Rekonstruktion der Abschnitte
      Der Lerner hört mehrere der zuvor codierten Sätze am Stück. Dabei sieht er die auf Striche reduzierten Sätze und soll, während er hört, anhand der Striche mitlesen. Unmittelbar danach wird unter dem Strichmuster ein Wort eingeblendet, und er soll den Strich anklicken, der dem Wort entspricht.

      Diese Aufgabe erfordert es, den gesamten Abschnitt gedanklich zu rekonstruieren und die Rekonstruktion erzeugt die Gedächtnisspur für die spätere freie Reproduktion.

      Merke: Die meisten Erinnerungen werden nicht passiv aus dem Gedächtnis abgerufen, sondern aktiv rekonstruiert, deshalb ist es wichtig, die Inhalte mindestens einmal rekonstruiert zu haben - die Gedächtnisspur für die freie Reproduktion entsteht durch die Rekonstruktion.

    Techniken zum Lernen von Hälften:

    1. Etappentechnik mit Wortarten-Test zur integrierten Kontrolle von Dialoghälften
      Durch die jeweils unterschiedlichen Rekonstruktionsprozesse werden Gedächtnisspuren erzeugt, die helfen, den gesamten Dialog zu rekonstruieren, da die Verarbeitungstiefe so größer wird.
      Der Lerner startet wieder die Sprachausgabe und hört sich von dem zuvor gelernten Dialog so viel an, wie er glaubt, rekonstruieren zu können. Er stoppt die Sprachausgabe und wird unmittelbar mit dem Wortartentest konfrontiert: man sieht das Strichmuster einer Dialoghälfte und wird aufgefordert, entweder die Verben, die Substantive oder die Adjektive des Textes in ein Eingabefeld einzutippen. Ein richtig eingetipptes Wort springt dann an seine Stelle im Text, so dass aus dem Strichmuster nach und nach ein Lückentext entsteht.

      Diese verzögerte Rekonstruktion einer ganzen Dialoghälfte führt zur Vertiefung der Gedächtnisspuren, die durch die Rekonstruktion der Abschnitte entstanden sind. Die Rekonstruktion in einem größeren Kontext fördert gleichzeitig die progressive Integration.

    Techniken zum Lernen des Gesamtdialogs:

    1. Ping-Pong-Technik mit Peer-Bewertung ("ist noch zu akzeptieren", o.ä.) zur Integration des Gesamtdialogs

      Die Satzanfänge jeder Äußerung werden vorgegeben mit der Aufforderung, den Satz schneller zu sprechen als der Computer ihn schreibt. Der Lernpartner bewertet die Qualität der Äußerungen. Wenn dieses beiden Lernern gelingt, kommt es zu einem Ping-Pong-Effekt dergestalt dass der eine sprechen muss, sobald der eine gesprochen hat und bewertet wurde. Hier sind erste Abweichungen vom vorgegebenen Dialog möglich.

    2. Freies Sprechen des Dialogs mit Coaching
      "Coaching" (einer spricht mit Sicht auf den Computer, der andere muss frei antworten und wird von seinem Coach bewertet) Alternativen sollen dem Coach sichtbar gemacht werden, sollen ihm zur Verfügung stehen, um seine Bewertung zu optimieren. Der Coach lernt am meisten durch den Bewertungsprozess. Der Tutor lernt mehr durch die auftretenden Diskrepanzen. Bewertungsproblem innerhalb der Lerngruppe: Die Bewertung wird fortlaufend im Programm besser, weil über die Masse der Dialoge auch das Repertoire an Redewendungen größer wird und damit die Grundlagen für Transfer, Alternativen auch in der Bewertung zur Verfügung stehen.

     

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    Zu Ebene V:
    Analog zu Ebene IV mit längeren und komplexeren Dialogen.

     

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    Zu Ebene VI:
    Zur Ausbildung der Erklärungskompetenz werden zahlreiche längere Erklärungen in der Fremdsprache mit Hilfe der PRIMAT-Technik so weit geübt, dass man sie frei sprechen kann. Zur Selbstkontrolle erhält der Lerner die Möglichkeit, seine gesprochenen Erklärungen vom Computer aufnehmen und sich vorspielen zu lassen.

    Mit den Erklärungen erreichen die fremdsprachlichen Formulierungen eine hohe sprachliche Komplexität.

     

     
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    D. Didaktische Handreichungen

    Um einen optimalen Umgang mit den Techniken zu erreichen, können unter "Anregungen und Tips" lernstrategische Hinweise abgerufen werden. Diese Tips beziehen sich auf Lernzeiten, Wiederholungsfrequenzen, Auswahl von Lernpartnern, Wiederbeanspruchung zurückliegender Lernergebnisse, Module überspringen bei großem Erfolg, ...

     

     
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    E. Evaluation

    Die Evaluation gliedert sich in:

    • Effektnachweis
    • Implementation
    • Akzeptanznachweis.

       
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    1. Der Effektnachweis

      1.1 Effektnachweis zur Instruktionskompetenz
      Es wird ein Kontrollgruppenversuch durchgeführt. Der Proband muss dem Evaluator zwei Wege beschreiben. Der Evaluator fährt den Weg und bewertet die Qualität.

      1.2 Effektnachweis zur kommunikativen Kompetenz
      Lernzielorientiert: Zu 80% der Funktionen müssen 80% der Alternativen in einer Testsituation abgerufen werden können.

      1.3 Effektnachweis zur Dialogkompetenz
      Neue Dialoge aus dem spezifischen Berufsbereich signifikant besser generieren und besser fremdsprachlich formulieren können als eine Kontrollgruppe.
      a. Lernzielorientiert: Die eingeübten Dialoge müssen zeitverzögert in akzeptabler Form reproduziert werden können. Die Akzeptanzbewertung geschieht durch Experten als Dialogpartner.
      b. Lernzielorientiert: Neue einschlägige Dialoge zu einer Situation, frei sprechen, wobei der Evaluator die Rolle des Coachs einnimmt. Die Anzahl der Hilfen ist entscheidend.

      1.4 Effektnachweis zur Erklärungskompetenz
      Lernzielorientiert: Die eingeübten Erklärungen müssen zeitverzögert reproduziert werden können.

       

    2. Implementation

      Die Implementation geschieht durch strukturierte Interviews und bezieht sich auf Fragen wie

      • Wann wurde das Programm benutzt?
      • Wie lange wurde gelernt?
      • Wie oft mit Partner, wie oft alleine?
      • Widerstände sind da?
      • Welche organisatorischen Hindernisse?
      • ...

       

    3. Akzeptanznachweis

      Durch Fragebogen und Interview

     

    Zusatz:
    Zusätzlich soll aus sprachwissenschaftlicher Perspektive die kognitionspsychologische-psycholinguistische Eingangsthese überprüft werden:
    • Vermischen sich Dialoge, Instruktionen, Redewendungen und Erklärungen untereinander und miteinander?
      Kommt es zu einem Austausch von sprachlichen Elementen?
      Bilden sich Variationen von Satzstrukturen und analoge Satzstrukturen?
      Kurz: Kommt es zu einem allgemeinen Transfer?
    • Lernt der Lerner mehr als nur die Dialoge?

    Diese Überprüfung ist wichtig, weil die Threshold-Didaktik das Einstudieren von Dialogen nicht empfiehlt. Offensichtlich, weil sie davon ausgeht, dass es zu keinen produktiven Vermischungen kommt.
    Die Überprüfung könnte durch eine Analyse der gesprochenen Satzstrukturen geschehen.