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Dr. Susanne Dietz
Proseminar (4093) - "Emotionen"   2 St. Mo 12-14 in S 85
Proseminar (4094) - Übungen   2 St. Mo 14-16 in S 85
Sprechstunde - Mo 16-18 im Institut

15.11.1999     Emotionen - Einführung III


Emotionen sind schwer fassbare Phänomene, die viele verschiedene Aspekte beinhalten. Allein auf der physiologischen Ebene kann man davon ausgehen, daß sich Emotionen u.a. in Herzschlag, Pulsfrequenz, Pupillenreaktion, Darmtätigkeit, Hautleitfähigkeit, motorischen Sensationen (Zittern/Ruhe), Mimik, Gestik, Körperhaltung niederschlagen. Dabei wurde die neurologische Ebene noch nicht einmal beachtet. Diese wiederum kann man grob zwischen zentralneuralen (Gehirn) Sensationen und peripherneuralen () Aspekten differenzieren.

Thema hier sind zentralneurale Parameter des Emotionsgeschehens.

Es werden von innen nach außen grob drei Schichten des Gehirns (ZNS) unterschieden:

1. Die basale Schicht (Reptiliengehirn)
Evolutionsbiologisch betrachtet handelt es sich um den ältesten existierenden Bereich unseres Gehirns.Sie umfasst Stammhirn und Teile des Zwischenhirns. Sie ist verantwortlich für Herzschlag, Kreislauf, vegetative Prozesse, Darmtätigkeit. Es ist die Ebene automatischer Reflexe und Instinkte, auf der die Gefühle aufbauen. Emotionen im eigentlichen Sinne werden hier nicht "kreiert". Vielmehr werden hier basale, vitale Lebensfunktionen organisiert. Dazu gehört auch Vigilanz, (= Wachheits-/Erregungszustand), der wiederum eine große Rolle im emotionalen Erleben spielt. Die wichtigsten anatomischen Bereiche dieses Hirnareals sind Hirnstamm mit Formatio reticularis (verantwortlich für den Wachheits-/Erregnungszustand), Hypothalamus, der die Hypophyse (=oberste Hormondrüse, die selbst zahlreiche Hormonsysteme beeinflußt) kontrolliert.

2. Limbisches System
Dieses zweitälteste Areal befindet sich am Übergang vom Zwischen- zum Großhirn. Es ist ein ringförmige Ansammlung neuronaler Strukturen unterhalb der Großhirnrinde. Seine wichtigsten Bestandteile sind: Mandelkern (Nucleus Amygdala), Seepferdchen (Hippocampus), Fornix, Septum, Mammilarkörper, Gyrus cinguli, einige Thalamusbereiche, einige Frontalhirnbereiche.
Das limbische System hängt eng mit unseren Stimmungen oder Primäraffekten (Angst, Wut, Freude, Interesse) zusammen, die wir auf dieser Ebene "noch nicht so recht in Worte fassen können".
Das limbische System ist eng verbunden mit dem Reptiliengehirn, besonders dem Hypothalamus, der wiederum eng mit der Hypophyse vernetzt ist. So können z. B. im Falle von Wuterleben vegetative Systeme blitzartig auf "Angriff" geschaltet werden.
Aufgabe des Limbischen Systems scheint es also zu sein, untergeordnete vegetative Systeme so zu beeinflussen, daß unser Stoffwechsel der Umweltsituation angepasst wird (Hülsoff, T.: Emotionen, 1999, S.32ff).

Von zentraler Bedeutung ist der Mandelkern. Seine Einflußmöglichkeiten auf emotionales Verhalten sind breit gestreut. Eine Abtragung der Mandelkerne bewirkt eine starke Reduktion von Furcht-, Flucht-, und Angriffsverhalten. Der Amygdala ist also bei der Ausbildung der Verknüpfung sensorischer Reize mit affektiven Zuständen wesentlich. Diese Koppelung garantiert eine normale soziale Interaktion (Euler/Mandl, 1983: Emotionspsychologie, S.112). In der Hauptsache ist seine Funktion, sensorischen Reizen eine emotionale Bedeutung zu geben, sie also zu bewerten. Der Mandelkern arbeitet jedoch recht ungenau und darf nicht ohne seine Einbettung in andere neuronale Strukturen betrachtet werden (Schmitd-Atzert, L., 1995: Lehrbuch der Emotionspsychologie, S.173f).

Das Limbische System mit der Amygdala im Zentrum erhält seine Infirmationen über zwei Bahnen:
Die Information (Schlange) kommt zunächst im Thalamus an, einer Struktur unterhalb der Großhirnrinde. Dort wird zweifach umgeschaltet.
Die stärksten Bahnen gehen weiter zum visuellen Hirnrindengebiet, wo das Geschehene bewußt ausgewertet wird. Von dort aus gelangt die Information ins Limbische System, das das Ereignis emotional bewertet und reagiert (Flucht, Panik, Neugier). Vorteil: Auf diesem Wege kann eine harmlose Schlange von einer gefährlichen unterschieden werden. Nachteil: Es dauert doppelt so lange, wie der zweite Weg:
Vom Thalamus gelangt die Information auf direktem Wege zur Amygdala. Die ungenaue Information wird sofort emotional bewertet eine Reaktion eingeleitet (Flucht, Panik). Vorteil: Rasend schnelle Reaktionen. Nachteil: Undifferenzierte, womöglich falsche Reaktion.

Wichtigste Schlüsselfunktion von Gyrus Cinguli (aktive Vermeidung) und Septum (passive Vermeidung bzw. Unterlassung) scheint die Steuerung der Orientierungsreaktion zu sein. Sie gilt als Basis aller Aufmerksamkeitsprozesse und dient der Integration von sozialen mit körperinternen Reizen (Euler/Mandl, S113f) Beide Strukturen des Limbischen Systems haben die Aufgabe, das Ausmaß potentieller Gefahr einzuschätzen, um entsprechende motorische Reaktionen auszulösen

3. Großhirn(rinde) (Neocortex)
Hierbei handelt es sich um den stammesgeschichtlich jüngsten Hirnbereich.
Besonders der Frontallappen ist für das bewußte Erleben und Steuern von Emotionen bedeutsam. Hierbei handelt es sich dann endlich und eine kognitivaffektive Gesamtleistung; wir können unsere jew. Gefühle auf dieser Ebene benennen und uns dementsprechend differenziert verhalten.

Das "dreieinige Gehirn" :
Während die basalen, triebhaften, erregenden oder hemmenden Momente von Reptiliengehirn beigesteuert werden, werden die emotionalen Grundlagen durch das Limbische System moduliert. Darüber stülpt sich das Großhirn, welches sich der Emotionen bewußt werden und mit ihnen umgehen kann.

Vegetatives Nervensystem und Emotionen (Euler/Mandl, 1983, S.120ff)

Das vegetative Nervensystem (VNS), das die Aktivität des Herzens, der glatten Muskulatur aller Organe und der Drüsen steuert, ist ein weiteres wichtiges Teilsystem in Bezug zum Emotionsgeschehen. Bei den in der Emotionsforschung hauptsächlich untersuchten Emotionen (Angst, Angst und nochmals Angst) werden i. d. R. vegetative Veränderungen im Sinne einer gesteigerten Sympathikusaktivität beobachtet (z. B. Steigerung der Herzfrequenz, Blutdruckanstieg, vermehrte Schweißdrüsenaktivität u. a.). Diese Veränderungen sind jedoch nicht spezifisch für eine bestimmte Emotion. Vielmehr definiert der Grad symphatischer Erregung die Intensität von Emotionen.
Veränderungen vegetativer Symptome beeinflussen Emotionen. Jedoch ist dies nicht einheitlich der Fall. Zum einen ist das periphere vegetative NS nur ein physiologischen System, das für Emotionen relevant ist, zu anderen weisen Beobachtungen an Angstpatienten darauf hin, daß Veränderungen vegetativer Angstsymptome nur bei bestimmten Patientengruppen zu emotionalen Veränderungen führten, und zwar vorzugsweise bei solchen Patienten, bei denen diese Symptome einen wesentlichen Bestandteil der emotionalen Störung bilden.

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