PROJEKTHINTERGRUND




Neue Institutionen für das Management natürlicher Ressourcen
in Kommunalen Conservancies
(Nadine Faschina)

 

Seit der Unabhängigkeit 1991 verfolgt Namibia das Ziel, Naturschutz und ländliche Entwicklung miteinander zu vereinbaren. Ein Schwerpunkt bildet dabei das Community Based Natural Resource Management (CBNRM). Dieses Programm basiert auf der Übertragung von Nutzungsrechten an natürlichen Ressourcen (besonders Wild) auf die ländliche Bevölkerung. Daran geknüpft ist, dass sich diese als Gemeinden in „Communal Conservancies“ (kommunale Hege- oder Schutzgebiete) organisieren.

In diesem Teilprojekt sollen das Entstehen, die Netzwerkstrukturen und die Funktion Neuer Institutionen in drei kommunalen Conservancies in der Kunene-Region analysiert werden.

 

Forschungsschwerpunkte

  • Netzwerkstrukturen der Institutionen (national, regional, lokal), die in das CBNRM-Programm involviert sind;
  • Kommunikationsfluss innerhalb des Netzwerkes;
  • Entscheidungsgewalt und Kompetenz der Neuen Institutionen auf lokaler Ebene für das Management natürlicher Ressourcen;
  • Kooperation und Konfliktpotential zwischen Alten und Neuen Institutionen;
  • Einfluss persönlicher Netzwerke auf Entscheidungen der Ressourcennutzung;
  • Konfliktanalyse/Konfliktlösung im Weidemanagement.

Hintergrund

Landreform und Community Based Natural Resource Management (CBNRM)

Seit den 90er Jahren hat sich in verschiedenen Ländern des südlichen Afrika eine Politik der Integration von Naturschutz und ländlicher Entwicklung durch die kommunale Nutzung natür-licher Ressourcen etabliert. Das Community Based Natural Resource Management (CBNRM) - Programm basiert in Namibia hauptsächlich auf der Über-tragung von Nutzungsrechten an der Ressource Wild auf die ländliche Bevölkerung (gesetzlich seit 1996 festgeschrieben), wenn sich diese als Gemeinden in „Communal Conservancies“ organisieren (d.h. kommunale Hege- oder Schutzgebiete). Sie sind zentrales Element einer grundlegenden Reform des von Apartheidstrukturen geprägten Landrechts und damit einer gerechteren Verteilung des Zugangs zu natürlichen Ressourcen. Die Politik stellt sich der Problematik mittels zweier zentraler Reformansätze:

  1. Die Umverteilung von Land über die Einrichtung sogenannter Resettlement Farms;
  2. Reform des kommunalen Landrechts.

Anfang 2003 ist der Communal Land Reform Act in Kraft getreten.

Conservancies

In der Körperschaft der Conservancy sollen zwei zentrale entwicklungspolitische Ziele - Entwicklung ländlicher Gemeinden und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen - eine Synthese eingehen. Geographisch gesehen ist eine Conservancy ein durch verbindliche Grenzen festgelegtes Gebiet, dessen Einwohner sich über eingetragene Mitgliedschaft als Nutzergemeinschaft formieren müssen. Dadurch erhalten sie vom Staat exklusive Besitz- und Kontrollrechte über natürliche Ressourcen (vor allem Wild). Rechtlich bedeutet das Modell Conservancy, dass Ressourcen kollektiv bewirtschaftet und durch repräsentative, von der Gemeinschaft demokratisch gewählte Komitees verwaltet werden. Jede Conservancy muss über eine Satzung und einen detaillierten Managementplan verfügen. Die Programmziele von CBNRM umfassen nicht nur ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit (zur Definition von Nachaltigkeit klicken Sie hier (hier interner Link zu Objectives: Range Ecology). Die neuen Managementstrukturen sollen Partizipation und Demokratisierung stärken und breitere Teile der ländlichen Bevölkerung an Entscheidungen über natürliche Ressourcen beteiligen - eine Domäne, die bis dato von traditionellen Autoritäten und dem Staat dominiert wird. Zudem sollten Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Kontrolle natürlicher Ressourcen auf kommunalem Land reduziert werden.

Namibias Conservancies haben nicht nur eine große Spannbreite, was räumliche Ausdehnung oder Mitgliederzahl angeht. Auch das Entwicklungspotential ist sehr verschieden. Mitte 2005 waren über vierzig kommunale Conservancies registriert bzw. in Gründung, wovon die meisten im Nordwesten Namibias liegen.
(weiterführenden Information: http://www.met.gov.na/dea/index.htm)


Forschungsrelevanz

Bei der Gründung einer Conservancy muss die Gemeinde eindeutige Schutzgebiete für Wild ausweisen und sich damit gleichzeitig Nutzungsbeschränkungen der traditionellen Weideflächen auferlegen. Eine damit einhergehende räumlich und qualitativ veränderte Zugriffsmöglichkeit auf die zentrale natür-liche Ressource „Weide“ (einschließlich der zugehörigen Wasserstellen) macht jedoch die Schaffung eines entsprechenden neuen Regelwerkes notwendig. Die Nutzungsrechte von natürlichen Ressourcen müssen auf Dorf- und Haushaltsebene festgelegt und individuelle Kosten der Ressourcennutzung auf den individuellen Nutzer übertragen werden. Dies wirkt einer Dilemma-Situation entgegen, in der die individuellen Maximierungs- und Optimierungsinteressen den Interessen des Kollektivs zuwiderlaufen. Wie und von wem ein entsprechendes Regelwerk aufgestellt und nachhaltig etabliert werden kann, soll untersucht werden.

Ein erfolgreiches kommunales Ressourcenmanagement setzt aufgrund des angestrebten Demo-kratisierungsprozesses in den Conservancies die Bildung „Neuer Institutionen“ sowie die Akzeptanz und die Partizipation der verschiedenen Interessengruppen voraus. Häufig stellt sich jedoch deren Beteiligung als sehr ungenügend dar. Auffällig sind Kommunika-tionsdefizite und Konflikte zwischen den einzelnen Akteuren der verschiedenen Hierarchiestufen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. Hier soll analysiert werden, ob und wo der vertikale und horizontale Kommunikationsfluss gestört ist.

Im Zuge einer staatlich angestrebten Dezentralisierung sollen die Gemeinden bemächtigt werden, eigen-verantwortlich ihre natürlichen Ressourcen zu nutzen. Allerdings hat der Staat weiterhin die Kontrolle über die Ressource Wild, indem er z.B. Nutzungsquoten vorgibt oder den Umgang mit Problemtieren reglementiert. Dadurch fühlt sich der individuelle Nutzer aus der Verantwortung genommen. Hinzu kommt, dass die neuen Managementstrukturen und die damit verbundenen anspruchsvollen Aufgaben nur durch entsprechend ausgebildete Personen ausgeübt werden können. Diesen Anforderungen können die Amtsträger in den Neuen Institutionen aufgrund fehlender Erfahrungen und ungenügender Anleitung, aber auch fehlender sozialer Akzeptanz derzeit häufig noch nicht gerecht werden.

Weiterhin stehen die Neuen Institutionen in ihren Entscheidungsbefugnissen oft noch neben den bisher verantwortlichen Alten Institutionen (traditionelle Autoritäten). Es kommt zu Autoritätskonflikten durch Kompetenzüberschneidungen und -unklarheiten und zu Problemen der sozialen Akzeptanz. Diese können bis hin zu einem Zer-fall der traditionellen Strukturen führen. Eine für Entscheidungs-prozesse wichtige Kooperation zwischen Alten und Neuen Institutionen ist selten. So führt die Praxis der Ausweisung von Weidegebieten zu Wildschutzgebieten häufig zu einem Konflikt zwischen alter Wirtschaftsweise und kommunaler Nutzung natürlicher Kollektivressourcen. Häufig werden marginale oder wenig produktive Flächen als Schutzgebiete ausgewiesen. Der weidewirtschaftliche Wert dieser Flächen ist zwar gering, doch diese Flächen haben trotzdem eine große Bedeutung für ein erfolgreiches Weidemanagement. Sie sind im „alten“, auf Rinderhaltung basierenden Nutzungssystem der Herero und Himba oft Gebiete mit einer ökologischen Pufferfunktion und fungieren als „Versicherung“ für Dürrezeiten. Damit sind sie essentieller Bestandteil einer risikominimierenden Nutzungsstrategie. Es soll untersucht werden, welche Konflikte bezüglich des veränderten Weidemanagements auftreten. Unter welchen institutionellen Rahmenbedingungen können diese Konflikte gelöst werden?

 

Methoden