PROJEKTHINTERGRUND




Weideökologie
(Dr. Anja Linstädter)

 

Forschungsansatz

Mit Hilfe weideökologischer Konzepte und Methoden wollen wir Degradationsprozesse in Abhängigkeit vom Weidemanagement in Savannen erforschen.

 

Was ist Degradation?

Degradation ist der langandauernde oder permanente Verlust eines ökonomischen Gutes, im Fall von Weideland also der unumkehrbare Rückgang der Viehproduktion.
Degradation ist jedoch kein absolutes Geschehen, sondern ein je nach Interessenlage unterschiedlich interpretiertes Konzept. Beschreibungen über das Ausmaß einer Weidedegradation haben daher zwangsläufig auch subjektiven Charakter. Es ist eine Erkenntnis der letzten Jahre, dass Umweltveränderungen, also auch Dürren und Degradationsprozesse, erst durch den ökonomischen und kulturellen Kontext zu einem „Umweltproblem“ werden.

Ein Paper von Bollig & Schulte (1999) gibt eine Diskussion kontrastierender Degradationswahrnehmungen in afrikanischen Savannen:
Artikel Bollig & Schulte 1999

 

Was bedeutet „nachhaltige“ Nutzung von Savannen?

Savannen sind hochgradig von Degradation bedrohte Lebensräume. Degradation ist ein wesentlicher Grund für die zunehmende ökonomische Anfälligkeit subsistenz- und marktorientierter Nutzungssysteme. Wir fragen daher, unter welchen Bedingungen eine Weide-nutzung nicht umweltzerstörend, sondern “nachhaltig” ist.

Als gute Kriterien für eine nachhaltige Nutzung verwenden wir

    1. Ressourcenschonung
    2. Risikominimierung
    3. Erhaltung der Produktivität
    4. ökonomische Lebensfähigkeit und
    5. soziale Akzeptanz

      (nach SNYMAN 1998, SNYMAN 1998)

Eine nachhaltige Nutzung lässt sich am besten fallbezogen über das jeweilige Ziel sowie über die Prozesse oder Maßnahmen zu dessen Umsetzung beschreiben. Wir konzentrieren unsere Forschung auf zwei Fallbeispiele für eine subsistenzorientierte und weitere zwei für eine marktorientierte Nutzung einer semiariden Savanne Namibia. Diese Fälle repräsentieren die große Bandbreite des Weidemanagements und der damit verknüpften ökonomischen Ziele im südlichen Afrika. Eine Nutzungsform (Communal Conservancy) ist im Rahmen des CBNRM-Programms von der Regierung unterstützt (Link). Sie soll der drohenden Übernutzung und Degradation der natürlichen Ressourcen entgegenwirken und ein gesichertes Auskommen für unterpriviligierte Teile der Landbevölkerung ermöglichen.

 

Methode Monitoring

Aus ökologischer Sicht ist die Frage, ob ein Ökosystem nach-haltig genutzt wird, allein anhand einer Analyse des Ist-Zustandes nur sehr schwer zu beantworten. Ökologische Informationen zu kausalen Beziehungen und Wechselwirkungen sind durch empirische Momentaufnahmen praktisch nicht zu erlangen. Dies ist nur durch eine direkte Dokumentation zeitlicher Variabilität bzw. gerichteter Veränderungen möglich, was meist über ein Monitoring erfolgt. Dies ermöglicht es auch, Vegetationsveränderungen bei künftigen Kombinationen von Umweltbedingungen vorherzusagen und ökologische Modelle zu testen.

Detaillierte Infos zum Monitoring finden Sie hier.

 

Methode Auschluss der Beweidung

Eine weitere wichtige Methode der Weide-ökologie sind Beweidungs-Ausschlussversuche. Durch sie lassen sich auf ariden und semi-ariden Weide-ländern Informationen zur Regenerationsfähigkeit der Weiden und zur Struktur der nicht durch Beweidung überprägten Vegetation gewinnen. Die Dynamiken von Savannenvegetation sind bis heute in vielen Aspekten noch ungeklärt. Insbesondere die zeitlichen Veränderungen in savannenartigen Weideflächen sind sehr komplex, da sie durch Wechselwirkungen zwischen Regenfall, Bodeneigenschaften, der Nutzungsgeschichte und dem aktuellen Nutzungsdruck geprägt werden.

Detaillierte Infos zum Monitoring finden Sie hier.

 

Ökonomische Gemeinsamkeit erfolgreicher Nutzung: Flexibilität

Weidedegradation ist kein kontinuierlicher, sondern ein episodischer Prozess. Variablen wie der Niederschlag, die sich außerhalb der Kontrolle durch die Bewirtschaftung befinden, sind die treiben-den Kräfte für ökologische Veränderungen. In ereignis-getriebenen Öko-systemen ist es für den Menschen daher praktisch nicht möglich, die Variabilität über eine einzige biologische Variable, die Besatzdichte, zu kontrollieren. Daraus ergibt sich, dass statische (konservative) Bewirtschaftungs-systeme Degradations-risiken zwangsläufig fördern müssen, da sie sich selten und dann nur langsam auf Krisensituationen ein-stellen können. Der bestmögliche Weg für eine Weidenutzung ist die stän-dige Anpassung an sich verändernde Gegebenheiten. Eine grundsätzliche Gemeinsamkeit erfolgreicher Nutzungssysteme in einer hochvariablen Umwelt ist demzufolge ihr ”opportunistisches” bzw. ”flexibles” Management, wie es Pastoralnomaden schon seit Jahr-tausenden in Afrika betreiben. Das Kriterium ”Opportunismus” beurteilt den Erfolg eines Nutzungssystems jedoch prinzipiell vom menschlichen Standpunkt ausgehend. Ein erfolgreiches System garantiert in erster Linie eine hinreichende Sicherheit für den Nutzer, seine Viehherden in einer hochvariablen Umwelt zu erhalten, d.h. es steht für nutzerspezifischen Nachhaltigkeitskriterien. Erst mittelbar basiert ein erfolgreiches System auf dem Schutz der natürlichen Ressourcen.

 

Ökologische Gemeinsamkeit: Naturnahes Störungsregime?

Zwischen der erheblichen ökonomischen Bedeutung von Savannen und dem vergleichsweise geringen Wissen über ihre Ökologie besteht eine erhebliche Diskrepanz. So ist das “Savannen-Problem”, wie Gras- und Baumschicht in einer Savanne koexistieren können, ohne dass eine der beiden Schichten die andere dominiert, bis heute nicht vollständig geklärt. Heute wird davon ausgegangen, dass Savannen auf vielen Maßstabsebenen ereignisgetriebene Systeme sind, in denen für die Erhaltung einer savannenartigen Vegetationsstruktur bestimmten Störungen eine wichtige Rolle zukommt. Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, dass ökologisch nachhaltige Nutzung einer Savanne ein Störungsregime impliziert, welches Ähnlichkeit zum Regime des natürlichen Ökosystems hat. Die Untersuchung der Rolle anthropogener Störungen bildet daher einen Schwerpunkt unseres Projekts.

Zur Erforschung grundlegender Gemeinsamkeiten eines erfolgreichen Weidemanagements arbeiten wir eng mit zwei weiteren Nachwuchsgruppen zusammen: