Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

7. Praxiserfahrungen

>> 7.1 Das Planspiel zur Kommunalpolitik: "Krötenbrunn"
>> 7.2 Konstruktivistisches Planspiel zu Foucault "Wahnsinn und Gesellschaft"
>> 7.3 Planspiel zu Fritz B. Simon "Meine Psychose, mein Fahrrad und ich"

7.1 Das Planspiel zur Kommunalpolitik: "Krötenbrunn"

Erfahrungsbericht: Im Rahmen eines Politikseminars im Sommer 2000 kam ich zum ersten Mal in meinem Leben mit einem Planspiel in Berührung. Das Planspiel „Krötenbrunn“ wird seit mehreren Jahren vom Politikseminar der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln durch den Dozenten Dr. Jürgen Zepp angeboten. Es findet immer im Sommersemester statt und baut auf ein Seminar aus dem Wintersemester auf, in dem theoretische Kenntnisse zur Kommunalpolitik vermittelt werden. Das Ziel dieses Seminars besteht darin, die Teilnehmer die kommunale Politik aktiv durch das Planspiel erfahren zu lassen. Im Gegensatz zu anderen Planspielen ist Krötenbrunn laut Herrn Dr. Zepp „auf unbestimmte Zeit angelegt. Als ich das Seminar zum ersten Mal durchgeführt habe, gab es in Krötenbrunn außer den grundlegenden Dingen gar nichts. Seitdem entwickelt sich die fiktive Ortschaft immer weiter – mit jedem Seminar und den Teilnehmern ein wenig mehr.“
Im Sommer 2008 besteht das Planspiel Krötenbrunn schon seit dreißig Jahren. Nachdem die Studierenden im ersten Jahr des Planspiels eine x-beliebige Ortschaft vorfanden, die durch das fiktive Krötenbrunn symbolisiert wurde, hatten sie die Aufgabe, immer neue Projekte in Angriff zu nehmen, die für die weitere Entwicklung förderlich waren. So expandierte die Ortschaft in den folgenden Jahren kontinuierlich. Nachdem in Krötenbrunn in den vorherigen Jahren schon ein Naherholungsgebiet, eine Umgehungsstraße, eine Mülldeponie und ein kleines Industriegebiet errichtet wurden, sollte später das Industriegebiet ausgebaut werden, um so auch großen Unternehmen einen Anreiz zu geben, sich in Krötenbrunn anzusiedeln. Neben der Erschließung des neuen Industriegebietes sollte unter anderem die Infrastruktur durch einen direkten Autobahnzubringer verbessert werden, wie auch die wirtschaftlichen Bedingungen auf kommunaler Ebene, wie zum Beispiel durch Steuervergünstigungen, geschaffen werden sollten. 

1. Die Einleitung
Nach der Vorstellung der oben angeführten Geschichte Krötenbrunns wurden die Teilnehmer des Planspiels in verschiedene Gruppierungen gelost, die es durchaus auch in den realen Situationen der Kommunalpolitik gibt. Neben den Institutionen, wie zum Beispiel einem kommunalen Parlament und einer Regierung, wurden auch Interessengruppen wie Bürger­vereine oder die Öffentlichkeit durch die Presse anhand verschiedener Rollen repräsentiert. Das Ziel des Planspieles in diesem Jahr  war es, das Vorhaben – den Ausbau des Industrie­gebietes – umzusetzen. Dazu wurden den verschiedenen Gruppen die Spielregeln gegeben und eine jeweilige Rolle wurde zugeordnet. Zudem ist zu erwähnen, dass die räumlichen Bedingungen sehr gut geregelt wurden, da jede Gruppe ausreichend Platz hatte, um die eigenen Ideen umzusetzen. Ebenso wurde eine gewisse Autonomie der Gruppen gewahrt, da die Spielleitung in einem unabhängigen Raum anzutreffen war. Durch dieses Setting wurde gewährleistet, dass jede Gruppe „individuell“ ihre Ideen im Fortgang des Spiels entwickeln und diese einbringen konnte. Als Informationsmedium für alle Gruppen fungierte das Krötenbrunner Tageblatt während des ganzen Spieles.

2. Informations-  und Lesephase
Nachdem die verschiedenen Gruppen eingeteilt worden waren, erhielten diese ihre individuellen Informationen über ihre Interessen beim Ausbau des Industriegebietes. Ebenso konnten sich die Gruppen in einem Archiv über frühere Handlungsstrategien ähnlicher Gruppen informieren. Diese Möglichkeit war sehr förderlich, um etwaige geplante Handlungsstrategien auf ihre Effizienz zu überprüfen. Die Gruppe „kommunales Parlament“, der ich damals zu gelost wurde, hatte dabei die Aufgabe, die Expansion des Industriegebietes zwar zu befürworten, jedoch nur unter der besonderen Berücksichtigung der ökologischen Nachhaltigkeit. Durch diese Position sollte die Diskrepanz zwischen der konservativen Regierungskoalition und der ökologisch-sozialen Opposition veranschaulicht werden. Da­durch, dass die beiden Interessengruppen keine eindeutige Mehrheit hatten, mussten sie sich zwangsläufig miteinander arrangieren, um zu einem Ergebnis zu gelangen.  

3. Meinungsbildungs- und Strategieplanung
In dieser Phase haben die verschiedenen Gruppen die Aufgabe, die derzeitige Situation (oder in anderen Planspielen: die Ausgangssituation) zu analysieren und auf dieser Basis die Handlungsstrategien für den weiteren Spielverlauf zu entwickeln. Nachdem mehrere Strategien in einem Mindmap skizziert worden sind, wurden diese innerhalb Gruppen diskutiert und man entschied sich für eine Auswahl.
Bei dem Vorgehen in unserer Gruppe legten wir sehr großen Wert darauf, dass unser Anliegen, die nachhaltige Planung und Durchführung der Expansion des Industriegebietes, durch die verschiedenen Strategien, die wir entwickelten, umgesetzt werden sollten. Das Ziel unserer Gruppe lag darin, den Konsens aus der bestmöglichen wirtschaftlichen Entwicklung Krötenbrunns vor dem Hintergrund einer ökologisch vertretbaren Basis zu schaffen.

4. Interaktion zwischen den Gruppen
In dieser Phase treten die Gruppen in den aktiven Spielverlauf ein. Nachdem jede Gruppe sich ihre individuelle Strategie zurechtgelegt hat, versucht sie diese nach ihren Vorstellungen umzusetzen.
Bei dem Planspiel Krötenbrunn kommunizierten die Gruppen in verschiedenen Arten miteinander. Zum einen mussten die festgelegten Regeln beachtet werde, wie zum Beispiel,  dass in den Institutionen neue Beschlüsse nur nach vorherigen Anträgen verabschiedet werden konnten. Ebenso war es den Parteien sehr wichtig, ihre Bürgernähe zu zeigen. Daher versuchten sie, deren Anliegen zu berücksichtigen und sie kurzfristig in ihre Strategien einfließen zu lassen. Eine nette Facette an diesem Spiel war, dass die Ereigniskarten nicht benutzt wurden, da die Presse, das Krötenbrunner Tageblatt, diese Aufgabe selbstständig übernehmen konnte. So hatte sie zum einen die Aufgabe, die verschiedenen Gruppen über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren, zum anderen konnte sie durch kreative Meldungen die verschiedenen Gruppen zu neuen, nicht eingeplanten Handlungen animieren. Es bleibt jedoch als kleiner Kritikpunkt meinerseits zu erwähnen, dass jeder Spielzug einer Gruppe dokumentiert werden musste. Dadurch war zwar einerseits die Transparenz gesichert, auf der anderen Seite wurde durch diese sehr bürokratische Form das Aktionspotenzial des Spiels etwas eingegrenzt.

5. Vorbereiten des Plenums
Beim Plenum informieren sich alle Gruppen über ihre Strategien während des Spiels. An diesem Punkt werden alle Vorgänge erläutert und alle Ergebnisse präsentiert. Um diese differenziert vertreten zu können, sollten die verschiedenen Gruppen die Spielschritte noch einmal Revue passieren lassen und eine Gewichtung innerhalb dieser vornehmen. Zudem ist es sehr förderlich, die einzelnen Ergebnisse durch eine Person präsentieren zu lassen.
Beim Planspiel Krötenbrunn verfolgten wir diese Strategie, indem wir zuerst unsere Aus­gangs­position nochmals festlegten und die verschiedenen Schritte dokumentierten, die unserer­­seits darauf folgten – sei es als aktive Handlung oder als Reaktion auf einen vorangegangenen  Schritt.

6. Durchführung des Plenums
Die in Abschnitt fünf erläuterten Ergebnisse werden nun in dem Plenum präsentiert, um allen Teilnehmern die verschiedenen Spielzüge zu veranschaulichen.
Bei dem Plenum zu dem Planspiel Krötenbrunn trafen sich alle Gruppen gemeinsam und erläuterten ihre jeweiligen Strategien und Vorgehensweisen innerhalb der verschiedenen Abschnitte des Spielverlaufs. Durch dieses Plenum erlangten alle Teilnehmer eine Trans­parenz über die jeweiligen Intentionen der einzelnen Gruppen bei den verschiedenen Spielschritten. Eine kritische Reflexion der einzelnen Spielsequenzen war nicht notwendig, da sich innerhalb des Spieles keine negative Gruppendynamik zwischen verschiedenen Gruppen entwickelt hat. Aus diesem Grunde konnten die verschiedenen Gruppen auch nicht die Erfahrung machen, wie sich ein Moderierender in einer kritischen Situation verhalten sollte.

7. Spielauswertung
In diesem letzten Schritt des Planspiels sollte zuerst eine kurze Feedbackrunde durchgeführt werden, um den einzelnen Spielern die Möglichkeit zu geben, sich über den Verlauf des Spiels und ihre Gefühle zu äußern. Daran anschließend beginnt die eigentliche Auswertung des Spiels. Dabei werden die verschiedenen Spielschritte analysiert, Zusammenhänge erläutert und die Ergebnisse, wie auch die damit verbundenen Prozesse, diskutiert. Dadurch sollen die diversen Entscheidungen für die Teilnehmer nachvollziehbar sein, die während des Spiels von allen Gruppen getroffen worden sind. Abschließend sollten die Gruppen noch die Möglichkeit nutzen, mit Hilfe von Leitfragen ihre interne Kommunikation zu analysieren.
Im Rahmen des Planspiels Krötenbrunn wurde die Auswertung leider nicht in dem erläuterten Dreischritt durchgeführt. Die Präsentation der einzelnen Gruppenergebnisse vermischte sich  schon mit der eigentlichen Analyse und Auswertung des Spiels, da der Spielleiter es verpasste, die während der Präsentation beginnenden Diskussionen zu unterbinden. Trotzdem war das Gespräch sehr konstruktiv und die verschiedenen Gruppen konnten sich nach eingehender Analyse der Spielzüge mit dem Endergebnis des Spiels arrangieren. Die Feedbackrunde bildete bei diesem Spiel den Abschluss, der auch mit der Kommuni­kations­analyse verbunden wurde.

Als abschließendes Fazit kann ich persönlich aus diesem Spiel ziehen, dass ich durch die aktive Teilnahme die verschiedenen Facetten der kommunalen Politik mittlerweile nach­vollziehen kann. Meine Gruppe arbeitete während des gesamten Spiels sehr intensiv an neuen Lösungen und Strategien für vorhandene Probleme. Die einzelnen Teilnehmer entwickelten eine sehr große (Mit-)Verantwortung für die einzelnen Arbeitschritte und die daraus resultierenden Ergebnisse innerhalb der Gruppe. Dadurch erlebte ich die Gruppendynamik in unserer Gruppe als sehr positiv, was zum einen durch das Arbeitsklima und zum anderen durch unser soziales Verhalten, wie zum Beispiel Kommunikation, bedingt war. Bei den verschiedenen Spielschritten erlernten wir immer mehr die verschiedenen Perspektiven der Interessensgruppen zu berücksichtigen und so die Thematik in ihrer gesamten, ganzheitlichen Komplexität zu sehen. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, entschied sich meine Gruppe immer nach einer ausgiebigen Diskussion dazu, einen Weg einzuschlagen und diesen mit allen erdenklichen Möglichkeiten durchzuplanen. Dieser Plan wurde dann im weiteren Spielverlauf umgesetzt, jedoch nach jedem, für unsere Entscheidungen relevanten Spielschritt reflektiert und gegebenenfalls revidiert. Abschließend bleibt noch zu erwähnen, dass unsere Gruppe trotz aller unbedachten Aktionen ihre Intention während des ganzen Spieles beibehielt. Dieses Ziel wurde auch in einer gemäßigten Form umgesetzt, da wir uns mit den Gedanken anderer Gruppen arrangieren mussten. De facto haben wir unsere ursprünglichen Gedanken im eigentlichen Spielergebnis wieder erkennen können. Dieses ist auch ein Ziel in diesem Spiel, weil der Teilnehmende nur so Politik nachvollziehen und gestalten kann.


7.2 Konstruktivistisches Planspiel zu Foucault „Wahnsinn und Gesellschaft“

Im Rahmen dieses Planspiels soll den Teilnehmern der Zusammenhang zwischen  gesellschaftlichen Konventionen, Normen und Regeln und der damit verbundenen Machtfrage veranschaulicht werden. Laut Foucault ist der Wahnsinn ein Produkt des gesellschaftlichen Diskurses. Um einen solchen Diskurs zu veranschaulichen, um zu zeigen, wie Normen und Regeln wechselseitiger Kontrolle und Zuschreibungen von normal und anormal aussehen und gelingen, wurde in einem Planspiel die Situation eines „Irrenhauses“ mit einer Vielzahl von Wärtern und Ärzten auf der einen Seite und Insassen mit unterschiedlichen Symptomen auf der anderen Seite simuliert. Dabei gehörte die Erstellung und Durchführung des Planspiels zur Tätigkeit der Studierenden, die ein Semester lang vorbereitend das Planspiel in einer Arbeitsgruppe entwickelten und dann eigenständig durchführten. Um die Macht von sozialen Zuschreibungen zu veranschaulichen und die Teilnehmer erleben zu lassen, kreierte die Planungsgruppe ein Szenario, das die Willkür dieses gesellschaftlichen Prinzips transparent machen soll. Die geschlossene Psychiatrie wurde räumlich auch in der Spielsituation von der Außenwelt abgeschlossen. Die einzelnen Spielgruppen willkürlich zugelost. Die Klienten wurden während des Spiels nach bestimmten Regeln behandelt, zudem durften sie keine Kommunikation untereinander führen, und sie wurden dazu genötigt, sich an die bestehenden Tagestrukturen zu halten. Die Therapeuten durften mit den Klienten nur in Befehlssätzen kommunizieren, ebenso sollte jede Form des Widerstands, etwa das nicht Befolgen einer Anweisung, sofort mit allen Mitteln unterdrückt werden, und sie mussten die aufgestellten Zeitpläne akribisch umsetzen. Zudem war das Personal durch Arztkittel uniformiert, um so die optische Distanz zu den Patienten herzustellen. Für die Teilnehmer bestand die Option, das Spiel frühzeitig zu beenden, indem sie in den Time-out Raum gingen, falls ihnen der Druck zu groß würde. Der elementare Unterschied, der zwischen den Gruppen der Normalen und der Gruppe der Anormalen bestand, war die (fiktive) Diagnose eines Arztes. Dadurch wurden die „Normalen“ von den „Wahnsinnigen“ getrennt und sie mussten unter diesen Bedingungen das Spiel erfahren. Während des Spiels kam es durch das Setting kaum zu Ausbrüchen oder Gewalt, da die Wärter stets freundlich blieben und argumentierten: „So ist es besser für dich.“ Als besonders grausam wurde in der späteren Reflexion von den Insassen die Beschäftigungstherapie, die die Vorbereitungsgruppe nach Recherchen in der realen Psychiatrie gestaltet hatte, empfunden. Selbst unter der Rollenvorstellung einer psychisch gestörten Person wurde die Art der trivialen Beschäftigung als menschenunwürdig erlebt. Im Rahmen der Reflexion wurde den Teilnehmern differenziert die Willkür in diversen Situationen bewusst. Für einige Teilnehmer war die Erfahrung so erlebnisnah, dass sie es als Wohltat empfanden, mittels eines gezielten Rituals aus der Rolle entlassen und damit befreit zu werden. Vor diesem Hintergrund gewann die theoretische Beschäftigung mit den Texten von Foucault eine neue, vertiefende Ausgangsbasis.
(Vgl. auch Foucault, Michel: Wahnsinn und Gesellschaft, eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft, Suhrkamp, 2001)


7.3 Planspiel zu Fritz B. Simon „Meine Psychose, mein Fahrrad und ich“

Bei dem Planspiel steht der systemische Aspekt unserer Gesellschaft im Vordergrund. Die Teilnehmenden sollen dabei den systemischen Zusammenhang verschiedener Aspekte inner­halb unserer Gesellschaft erfahren. Dabei ist es durch die systemische Grundannahme prinzipiell möglich, dass alles mit allem zusammenhängt und dass eine Handlung wiederum viele verschiedene andere bedingen kann. Auch hatte das Planspiel das Ziel die Simonsche Theorie der „Verrücktheit“, in der Praxis des Planspiels, nachzuvollziehen.
Um diese Annahme umzusetzen, wurde bei diesem Planspiel eine Gesellschaft kreiert, die aus circa fünfzig Personen bestand. Jede dieser Personen hatte eine Rolle, die ihr zugeschrieben war. Dabei hatte sie ihre individuellen Charaktereigenschaften, Stärken, Vorlieben, Fähig­keiten, aber auch Schwächen, Aversionen und Probleme. Innerhalb dieses Gesellschafts­systems waren die Personen in beliebigen sozialen Konstellationen miteinander verbunden. Die individuellen Eigenschaften flossen fördernd oder störend in diese soziale Vernetzung ein. Neben diesem gesamten System gab es noch verschiedene Mikrosysteme – die ver­schiedenen Familien – der jede Person dieses Spiels angehörte. Insgesamt wurden die Teilnehmer in sieben Familien unterteilt, die aus mindestens drei Mitgliedern bestanden. Die einzelnen Familien entsprachen einem von Simon entworfenen „typisch verrücktem“ Familien­muster. In diesem Spiel waren es die „manisch-depressiven“ und die „psycho­somatischen“ Muster. Jeder Familie wurde von der Spielleitung ein Beobachter zugeteilt, der den ordnungsgemäßen Spielablauf kontrollieren sollte. Auch innerhalb dieser Familien gab es verschiedene Konstellationen untereinander, diese bestimmten auch die Atmosphäre in den Familien, da durch die Ausgangslagen für ausreichend Konfliktpotenzial gesorgt war. Als wichtigster Punkt ist noch anzuführen, dass für jede Person eine vollständige Rolle entworfen worden war: Die Teilnehmende, die eine Rolle übernahm, kannte zu Beginn des Spiels aber nicht die Gesamtheit der Rolle. Sie bekam nur Informationen über ihren Charakter und über den für sie vorgesehenen Tagesablauf. Im Tagesablauf waren für die einzelnen Familien­mitglieder Termine – zum Beispiel Friseurbesuch, Kneipenbesuch, Arzttermin – vorgesehen. Hierfür wurde noch eine Welt erschaffen, in der das Spiel stattfand. Diese entsprach einer fiktiven Stadt mit Läden, öffentlichen und privaten Plätzen. Die notwendigen, weiteren Rollen (Wirt, Friseur, Arzt etc.) wurden von den Organisatoren des Planspieles übernommen. Ihre Aufgabe war es, die einzelnen Personen, beziehungsweise Familien, zu therapeutischer Hilfe zu bewegen, auch konnten sie so jederzeit in das Spielgeschehen intervenieren. Im Planspiel angewandte Therapieformen waren etwa Bewegungstherapie, Psychoanalyse und Familien­therapie. Dadurch, dass die Teilnehmer innerhalb dieser Welt agierten, andere Personen trafen und sich mit diesen befassten, setzte sich dieses Puzzle immer weiter zusammen. So konnten sie sich immer weiter mit dieser Person identifizieren und mussten sich mit Problem­situationen konfrontieren, die zwar in der Rollenbeschreibung angedeutet, aber nicht explizit ausgeführt wurden. Neben dieser Erfahrung der Rollenidentifikation wurde den Spielern schrittweise durch Begegnungen oder Ereignisse bewusst, wie diese kreierte Gesellschaft zusammenhängt und sich wechselseitig bedingen kann. Dadurch können die Teilnehmer im Kleinen erfahren, wie auch eine gesamte Gesellschaft aufgebaut ist, wie sie zusammenhängt und welche bedingenden Faktoren eintreten können. Weitere Inhalte des Spiels waren eine Gruppe, die sich mit der Entwicklung einer neuen Therapieform beschäftigte (gedacht für Teilnehmer ohne Interesse am Planspiel) und eine geschlossene Psychiatrie, die motivationslosen Teilnehmern und „völlig durchgedrehten“ Teilnehmern die Möglichkeit des Ausstiegs bieten sollte.
Entscheidend bei dem Prozess war abschließend eine lange und differenzierte Reflexion der Erlebnisse. Hierbei konnten Literaturkenntnisse der Teilnehmenden eingebracht werden, aber auch Hinweise auf weiterführende Literatur und Reflexionsmöglichkeiten erschlossen werden.