AG: Internet für PsychologInnen

Sitzung am 15.06.98 Referentin: Petra Robertz

Thema: computervermittelte Formen der psychologischen Unterstützung,

Beratung und Thema

1 Netzspezifische Qualitäten: Ergänzung statt Ersatz

Neue Qualität hinsichtlich der Form und der Zugangsmöglichkeiten in der psychosozialen Versorgung. Gestaltung einer wohnortunabhängigen, flexiblen, zeitlich und finanziell anforderungsarmen Infrastruktur mit vielfältigen Angeboten. Integration von Information und Kommunikation. Integration von behinderten Menschen. Erleichterung der Kontaktaufnahme für sozial Ängstliche. Emotional bedeutsames soziales Handeln. Selbsterfahrung im Umgang mit neuem Medium und damit verbundenen alltagsfremden Kommunikationseffekten. Zusätzliche Kontakte über Telefon oder persönliche Treffen/Sitzungen ("real-life"/"face to face"). Erreichbarkeit anderer Klientel-Gruppen. Vollständige Erfassung (Dokumentation/ Archivierung ) der "Therapie-Gespräche".

2 Netzspezifische Probleme:

Öffentlichkeit und Privatheit im Netz. Fehlende systematische Evaluation zu Gruppenentwicklung/-dynamik, Anpassung der Kommunikation an die medialen Besonderheiten, Kompetenz der "Berater", soziale Implikationen der verschiedenen Dienste, Risiken simulierter Identitäten usw.. Reflexion beraterischer/therapeutischer Chancen. Datenschutz. Qualitätskontolle (u.a. Professionalität der Berater). Rezipientenreaktion. Schutz vor Mißbrauch. Kommerzialisierung von Angeboten. Netzspezifische Störungen der Kommunikation und Interpretation.

3 Angebote: Struktur
InformationKlinische Psychologie Spezialgebiet der psychologischen Informationsangebote im Netz
Therapie-Ankündigungen
Selbsthilfe-Materialien Zwischen notwendiger Aufklärung und Überpsychologisierung: kommerzielle, nichtkommerzielle Angebote, Selbst-Diagnostika
KommunikationSelbsthilfegruppen Newsgroup, Mailingliste, IRC-Channel, MUD
BeratungGesundheitseinrichtungen, Kriseneinrichtungen, Psychotherapeuten
Therapie"Zukunftsmusik"

4 Kommunikationsszenarien
NewsgroupRessource kollektiven Wissen, Gemeinschaftsbildung, anonymes Lesen und Schreiben (Lurking, Posten) möglich, i.d.R. keine Moderation, Öffentlichkeit und Angreifbarkeit, Glaubwürdigkeit, Rezipientenreaktionen, Vielfalt an Meinungen
MailinglisteAnmelderegularien, Vertrautheit und "kritische Masse", zeitverzögerte Kommunikation (E-mail)
IRC-Channelunmittelbare Verbundenheit in aktueller Situation, Stammchatter, IRC spezifische Ausdrucksmittel (Emoticons, Aktionswörter, virtuelle Objekte, virtuelles Handeln), häufig Erweiterung der Newsgroup-Aktivität
MUDSynchronizität, überdauernde virtuelle Umgebung, Selbstdarstellung (Avatar), selbstexplorierendes Handeln
Beratung

E-Mail-Kontakt

Gesundheitseinrichtungen: Kombination von Beratung und Info-Dienst (kostenfreie Beantwortung privater E-mails und anonyme Veröffentlichung der Ratschläge/Informationen im WWW)
Kriseneinrichtungen: i.d.R. Zusatzangebote bereits bestehender Telefondienste (z.B. telefonseelsorge Köln), z.T. auch IRC-Beratungsstunden
Psychotherapeuten: keine Kontrolle von Qualifikation und Qualität, in USA im Angebot Einmal-E-Mail-Kontakt für $20-40, Ausnahme L. Holmes Bezahlung nur bei Brauchbarkeit, ? "Kummerkasten-Niveau"
TherapieAnpassung der klassischen Psychotherapie an die besonderen medialen Bedingungen hinsichtlich Setting, Beziehung, Methoden und Strategien, Diagnostik.

5 Therapie

Wie lassen sich die Besonderheiten der CMC mit den therapiespezifischen Veränderungs- und Krankheitsmodellen verknüpfen, so daß systematische Interventionen im Netzkontext möglich werden? Gibt es Parallelen?