Prof. Dr. Katharina Niemeyer

Proseminar Sommer 2003

Rhetorik in Spanien

2 St. Mo. 12-13.30 in R 263
Beginn: 5.5.2003

Rhetorik war im Mittelalter ein eigenes Studienfach (als eine der sieben artes liberales), in der Renaissance Teil des humanistischen Ideals der kulturstiftenden Einheit von Rede und Vernunft, das gleichermaßen für Wort und Schrift gelten sollte. In der Folgezeit wuchsen so Rhetorik und Poetik immer enger zusammen. Noch in der rhetorikfeindlichen Romantik bildete die Lehre von der Redekunst eine Folie, vor der sich die neue Konzeption echten Sprechens und Dichtens beweisen musste. Seitdem aber scheint die Rhetorik als bewusste und erlernbare Kunst nurmehr in isolierten Teilbereichen präsent, etwa der politischen Rede, dem höheren Management und, last but not least, der Literaturwissenschaft. Ihr geht es in den letzten Jahren nicht mehr nur darum, die Bedeutung rhetorischer Figuren in literarischen Texten zu untersuchen, sondern insgesamt die Funktion und kulturelle Dimension der Rhetorik als jeweils spezifisch konkretisiertem Strukturmuster literarischen Schreibens zu erhellen. Im Seminar wollen wir uns zunächst einen soliden Überblick über Inhalt und Aufbau der klassischen Rhetorik erarbeiten. Daraufhin werden wir wichtige Stationen der wechselvollen Geschichte von Definition, Stellung und Anwendung der Redekunst anhand jeweils zeitgenössischer spanischer Rhetorik-Traktate und literarischer Texte in den Blick nehmen. Der Weg wird uns von Don Quijotes Rede auf das Goldene Zeitalter über die Rhetórica (1757) von Mayans y Siscar bis hin zu Antonio Machados Juan de Mairena führen.

Bedingungen für den Scheinerwerb: regelmäßige und aktive Teilnahme, Übernahme eines Referats und Anfertigung einer schriftlichen Hausarbeit.

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