Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

3. Theoretische und praktische Begründung

Zunächst ist die aus der Sicht heutiger Lehr- und Lernforschung gegebene Begründung für die Gruppenarbeit analog zur Partnerarbeit zu sehen. In der Darstellung der Partnerarbeit haben wir im Methodenpool argumentiert, dass das Lernen besser gelingt, wenn eine heterogene Gruppenbildung (nach Leistung, Geschlecht, Vorwissen usw.) praktiziert wird. Warum ist das so?
Das gemeinsame Arbeiten erhöht den Lernanreiz, die Motivation und die mehrperspektivische Durch­dringung von Problemen. Aber umstritten ist vielfach in der Literatur noch, ob die Gruppenarbeit tatsächlich auch zu einem besseren Lernergebnis als Einzelarbeit oder Frontalunterricht führen. Dies ist insbesondere in der deutschen Diskussion auffällig, weil dies die Dominanz von frontalen Methoden spiegelt und wenig die Vorteile von Teams erkennen lässt. Dagegen steht allerdings die Arbeitswelt, in der der Teamgedanke sehr viel verbreiteter ist. Im deutschen Sprachraum hat sich vor diesem Hintergrund immerhin der Gedanke durchgesetzt, dass sich ein die Methoden wechselnder Unterricht positiv auswirkt. Besonders bei schwierigen Aufgabentypen erreichen die kooperatives Lernen geübten Schüler/innen bessere Ergebnisse. Für ein optimales Lernen ist es evident, dass die Lerner der Methode positiv gegenüberstehen müssen, deshalb sollten vorab die Vorteile der Methode besprochen und die genaue Planung auch gemeinsam beschlossen werden. So können die Lerner aktiv mitgestalten. Dadurch und durch den Einsatz der Gruppenarbeit kann ein gutes Lernklima geschaffen werden, das nachweislich das erfolgreiche Lernen unterstützt. Meist wird Gruppenarbeit auch mit dem Thema der Selbstständigkeit im Lernen verbunden, was eine Bereitschaft zu motivierten wie auch kooperativen Lernen mit einschließt. Besonders wichtig ist hier das Erkennen der Notwendigkeit von Verantwortungsübernahme. Die Schüler/innen lernen sie für sich selbst, für ihre Gruppe und für ihre gemeinschaftliche Arbeit zu übernehmen. Gruppenarbeit ist jedoch nicht nur eine Methode, sondern kann auch selbst als Kompetenz verstanden und somit zum Ziel des Unterrichts werden. Die Arbeitsstrategien und sozialen Fähigkeiten, welche sie im kooperativen Unterricht erlernen können, werden ihnen in unserer globalen, auf Interaktionen und Netzwerken basierenden Welt, sowohl im Bereich der Arbeit als auch im persönlichen Kontakt Kompetenzen eröffnen. Der Kommunikation kam schon immer eine wichtige Bedeutung zu, doch umso mehr Medien die Menschen verbinden und umso stärker sich Kulturen im Austausch befinden, desto elementarer erscheint es, auf eine gleich­berechtigte Weise mit unterschiedlichsten Menschen gemeinsam Lösungen zu finden. Die Kompetenz respektvoll und interessengeleitet nach einem Weg zu suchen, kann in einem gruppenorientiert ausgerichteten Unterricht grundlegend vermittelt werden. Dazu gehört auch die zu problematisierende Einsicht, dass Gruppenarbeit nicht funktionieren wird, wenn sich die einzelnen Mitglieder der Gruppe egoistisch oder selbstbezüglich verhalten.
Gesellschaftlich leben wir in Gruppen, in allen Berufen sind Gruppen- oder Teambildungen selbstverständlich. Auch die Schule bildet soziale Gruppen, wobei jedoch die Schulklasse als Gruppe meist sehr groß ist. Für die Lebens- und Berufspraxis ist es daher wichtig, Gruppen- und Teamprozesse bewusst in der Ausbildung nicht nur in der Großgruppe zu erfahren. Seit Ende der 1980er Jahren legt deshalb z.B. in Deutschland die Wirtschaft einen zentralen Wert auf diese Schlüsselqualifikation bei Arbeitskräften. Das schließt mit ein, dass die SchülerInnen in ihrer Kommunikationsfähigkeit, der Sozial- und Methodenkompetenz gleichermaßen geschult werden müssen.
Bei vielen Problemen, die sich in der Berufswelt, aber auch im Alltag stellen, ist das gemeinsame Arbeiten von Vorteil. Oft kommt man als Gruppe auf mehr Ideen als wenn man alleine über einen Sachverhalt nachdenkt, da man mit den anderen Gedankengänge austauschen, sie verknüpfen, widerlegen oder auch ausbauen kann. Die Gruppensituation bietet die Möglichkeit, neue Sichtweisen und Perspektiven kennenzulernen, so dass man vom Wissen der anderen Mitglieder profitieren kann. Unterstützen sich diese gegenseitig, kann jeder seine Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern. Da jedes Gruppenmitglied andere Vorkenntnisse, Ideen und auch Ansichten hat, entsteht ein Gruppenvorteil besonders in Bezug auf die Kreativität und Qualität des Problemlösens, sofern der Gruppenprozess nach den Regeln gelingender Gruppenarbeit durchgeführt wird. Agiert man verständnisvoll und kompetent in einer Gruppe, so lernt man zu argumentieren und zu diskutieren. Außerdem übt man sich darin, sein Wissen strukturiert vorzutragen. Dadurch können eigene Wissenslücken entdeckt und andere Sichtweisen kennengelernt werden.
Damit eine Gruppenarbeit aber erst erfolgreich verlaufen kann, müssen die Gruppenmitglieder miteinander kooperieren und ihre Arbeit selbstständig organisieren. Somit bedarf es bei der Problembewältigung eines kooperationswilligen, mündigen und verantwortungsbewussten Menschen. In einer Gruppenarbeit wird es aber auch immer wieder eine Nichtübereinstimmung zwischen Gruppeninteresse und dem persönlichen Interesse geben. Dies ist jedoch nötig, damit sich weder allzu gleichschaltende noch allzu egoistische Ziele durchsetzen. Doch diese Vorteile der Gruppenarbeit müssen zunächst bewusst und gezielt erkannt werden, bevor diese Arbeitsform erfolgreich sein kann.
Damit eine Gruppenarbeit erfolgreich durchgeführt werden kann, ist es notwendig, dass die SchülerInnen ernsthaft zusammenarbeiten, um eine gestellte Aufgabe zu lösen. Eine entscheidende Voraussetzung für eine gute Gruppenarbeit ist, dass die SchülerInnen darauf vorbereitet werden, an welche Regeln sie sich dabei halten sollen. Die erste Regel besteht darin, sich diese Regeln gemeinsam zu erarbeiten.
Teamfähigkeit verlangt, dass sich ein Team entwickeln kann. Da in der Schule aber noch viel zu selten Gruppenarbeit durchgeführt wird, wird der Schritt zur konsequenten Teamentwicklung oft zu wenig getan, obwohl sie die Teamfähigkeit und Selbstständigkeit der SchülerInnen langfristig fördern würde. Die SchülerInnen müssen sowohl elementare Arbeits-, Kommunikations- und Kooperationstechniken als auch eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten  im Unterricht erlernen, damit eigenverantwortliche Teams auch schwierige Aufgaben bewältigen können. Aber erst wenn die Gruppenarbeit professionell durchgeführt wird, wirkt sich diese Arbeitsform inspirierend und motivierend auf die SchülerInnen aus. Mitunter kann dann auch dadurch Zeit und Arbeit erspart werden.
Das Arbeiten in einer Gruppe entspricht den Bedürfnissen des Menschen, da er soziale Kontakte benötigt. Versteht man Lernen als den Erwerb fachlicher, methodischer, sozialer und affektiver Kompetenzen, kann Gruppenarbeit als notwendig und zugleich effizient angesehen werden, weil sie in ihren unterschiedlichen Formen alle diese Kompetenzen fördert. Um Sozialkompetenz zu erlangen, ist die Arbeit in Gruppen unerlässlich, damit jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer sich mit anderen Menschen auseinandersetzen können und ihr Verhaltensrepertoire weiterentwickeln können. Gruppenarbeit kann dann soziales Denken, soziale Einstellungen und soziale Handlungsweisen fördern, wenn sie nicht negativ betrieben und erlebt wird. Die SchülerInnen lernen in gut organisierter und durchgeführter Gruppenarbeit, Probleme auch in einem Sozialzusammenhang zu sehen, sie darin zu klären und zu beurteilen und lernen gemeinsam mit ihren Mitschülern, eine Lösung für ein spezielles Problem zu finden. Dadurch kann ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt und gefestigt werden. Entsteht dieses, dann erkennt man, dass die Gruppenarbeit zur Verbesserung auch der sozialen Lernleistung beiträgt. Sie lernen die Teammitglieder kennen und entwickeln dabei nach und nach ein Fein- und Mitgefühl für menschliche Beziehungen. Da die Gruppenarbeit im Vergleich zu anderen Arbeitsmethoden neben den fachlichen und methodischen Kompetenzen vor allem auch die sozialen Bedürfnisse der Lerner befriedigt, werden diese bei gelingenden Ergebnissen besonders durch die Gruppe motiviert. Durch erfolgreiche Gruppenarbeiten kann ein Klima mit weniger Enttäuschungen geschaffen werden und die SchülerInnen können sich in mehreren Rollen erproben.
Das positive an dieser Arbeitsform ist, dass jeder Beitrag, der geleistet wird, wertvoll ist und als solcher auch anerkannt werden kann. Dadurch, dass man an einer gemeinsamen Arbeit mitbeteiligt war und sich alle aktiv beteiligen müssen, was der Frontalunterricht kaum schafft, können die SchülerInnen das neu Erlernte in der Regel auch besser aufnehmen. In kleinen Gruppen erfahren auch unsichere SchülerInnen, dass sie angehört werden, was zur Bildung eines gesunden Selbstvertrauens beiträgt. Sie können sich in einer Gruppe, in der das Klima stimmt, ohne große Scheu äußern. Die SchülerInnen befinden sich während der Gruppenarbeit in einem relativ geschützten Raum, in dem sie sich mit weniger Ängsten befragen, Themen besprechen und sich gegenseitig inspirieren können. Arbeitsgruppen vermitteln Sicherheit, Klarheit und stärken damit das Rückgrat der einzelnen Gruppenmitglieder.
Gruppenunterricht erfordert kurzfristig gesehen zwar mehr Zeit als Frontalunterricht, da die SchülerInnen mehr Zeit benötigen, um einen Sach-, Sinn-, oder Problemzusammenhang zu erkennen. Der Mehraufwand zahlt sich jedoch durch wachsende Methodenkompetenz aus.
Es ist wichtig, dass es vor allem in der Anfangsphase der Gruppenarbeit eine genaue Zuständigkeitsregelung gibt, damit niemand überfordert ist und jeder das Gefühl bekommt, gebraucht zu werden und Verantwortung zu tragen. Insbesondere das Einüben elementarer Arbeits-, Kommunikations- und Kooperationstechniken im Unterricht ist nötig, damit die SchülerInnen in der Lage sind, in Teams eigenverantwortlich Aufgaben zu erledigen.
Wer negative Gruppenerlebnisse hatte, der steht oft auch schon als Schüler/in der Gruppenarbeit negativ gegenüber. Solche negativen Erfahrungen können z.B. sein:

  • Es gibt keine klaren Gruppenregeln.
  • Der Gruppenauftrag ist unklar, das Material ist unvollständig oder nicht hinreichend verfügbar.
  • Die Raumsituation ist ungeeignet.
  • Dominanz bestimmter Gruppenmitglieder, die der Lehrer nicht bemerkt und nicht korrigiert.
  • Einige arbeiten, andere nehmen das Ergebnis einfach mit und bleiben unbeteiligt und werden zu Trittbrettfahrern. Die Lehrerin greift nicht ein.
  • Nur einer stellt das Ergebnis dar und erntet alles Lob.
  • Die eigene Note sinkt, weil einige Gruppenmitglieder faul waren. Der Lehrer sieht das im Sinne sozialer Erziehung als gerecht an.
  • In der Gruppe gibt es Diskriminierungen.

Alle diese Fehler sind nicht nur Fehler in der Gruppe, sondern auch Planungs- und Durchführungsfehler der Lehrenden. Sie lassen sich – meist bis auf die Raumfrage – durch eine professionelle Didaktik soweit begrenzen, dass die Vorteile der Gruppenarbeit hervortreten können. Wenn dies bei Gruppen nicht gelingt, dann müssen erst einmal vorbereitende Kompetenzen erworben werden, bevor eine Gruppenarbeit starten kann.
Fassen wir noch einmal wesentliche Aspekte zusammen: Eine sinnvoll eingesetzte Gruppenarbeit kann viele verschiedene positive Auswirkungen haben. Von ihnen liegen die meisten im Bereich der Sozialkompetenz, doch auch aus lernpsychologischen Gründen und im Blick auf die Methoden- und Fachkompetenz ist sie sehr geeignet. Welche Gründe lassen sich besonders aus der Sicht der Praxis anführen? (vieles gilt analog für die Partnerarbeit)

  • Neben der so wichtigen Abwechslung der Unterrichtsmethoden spricht besonders die aktive, lernfördernde Eigenleistung für den Einsatz von Gruppenarbeit Die Lerner bauen dabei die Beziehungen zu ihren Mitschülern aus und lernen, wie gewinnbringend gemeinsame Überlegungen sind. Sind die Arbeitsaufträge entsprechend gestaltet und bestimmte Lernvoraussetzungen gegeben, können die SchülerInnen recht selbstständig arbeiten. Bei dieser Methodik steht nicht in erster Linie die Schnelligkeit und „Richtigkeit“ einer Lösung im Vordergrund, sondern die Erfahrung, gemeinschaftlich eine Lösung zu finden, die mit mehreren komplexer durchdrungen werden kann, als in Einzelarbeit. Eine Arbeit in Gruppen ist immer dann sinnvoll, wenn SchülerInnen sich gegenseitig ergänzen sollen und Material bearbeitet werden soll, da die Teilbeträge arbeitsgleich oder arbeitsteilig zusammengetragen und gemeinsam ausgewertet werden können. Dadurch wird mitunter auch Zeit gespart, auch wenn das Verfahren gegenüber dem Frontalunterricht naturgemäß aufwändiger ist.
  • Sozialkompetenz zu erwerben, das bedeutet, andere Lerner von ihren Voraussetzungen, Fähigkeiten und Kompetenzen her zu akzeptieren und mit ihnen kooperativ so umzugehen, dass ein möglichst hoher gemeinsamer kommunikativer, sozialer Gewinn entstehen kann. Dies heißt, den anderen ausreden zu lassen, seine Wahrnehmungen mit aufzunehmen, gemeinsame Ziele und Wege zu finden, Probleme zu verhandeln und Problemlösungen gemeinsam zu suchen.
  • Besonders bedeutend ist die Möglichkeit, dass bei der Gruppenarbeit alle Lerner sich einbringen können und müssen, anders als dies im Frontalunterricht von statten gehen kann. So beteiligen sich hierbei auch jene, die ansonsten aus Schüchternheit gegenüber einer großen Lerngruppe oder der Anwesenheit des Lehrkörpers nicht am Unterrichtsgespräch aktiv teilnehmen. So wird die Lernbereitschaft gesteigert, das erarbeitete Wissen besser verinnerlicht und eigenes, kritisches Denken gefördert.
  • Auch Lernende sind Didaktiker, wie es die konstruktivistische Didaktik von Kersten Reich zeigt. Insoweit kann jedes Gruppenmitglied zugleich Lehrerin sein, was gegenseitige Hilfe und Solidarität im Lernen einschließt. Diese Erfahrungen wechselseitig machen zu können, das macht der positiven Kern einer gelingenden Gruppenarbeit aus.
  • Die Unterstützung einer gleichberechtigten Lernkultur bildet einen wohltuenden Gegenpool zu einem hierarchisch organisierten leistungsorientierten Unterrichts­verständnis, das Schülerinnen insbesondere in Deutschland noch zu häufig vermittelt wird. Sie können sich unbewertet frei äußern und ihnen wichtige Gedanken eigenständig verfolgen, wobei sie von ihrer Gruppe bereichert werden.
  • Auch auf Lehrerseite hat die Gruppenarbeit Vorteile, da die Lehrperson seine SchülerInnen auch einmal in einer anderen Rolle als im Frontalunterricht agieren sieht.