4. Darstellung der Methode

Skulpturen stellen Beziehungen innerhalb eines Systems (z.B. Familie, Freundeskreis, Schulklasse) in Haltung und Position bildhaft dar.
Der Gestaltungsvorgang einer Skulptur unterliegt keinen starren Regeln, ist somit flexibel und kann nach Bedarf variiert werden. In der Regel wird ein Beobachter festgelegt (dies ist häufig ein Mitglied des darzustellenden Systems, in Ausnahmefällen der Leiter), welcher als "Bildhauer" fungiert. Dieser hat die Aufgabe, die einzelnen Systemmitglieder (z.B. die Mitglieder seiner Familie) im Raum so anzuordnen, wie es seinem inneren Bild entspricht und sie gegebenenfalls (wenn die einzelnen Mitglieder dazu bereit bzw. mit der Skulpturenarbeit bereits vertraut sind) dazu aufzufordern, ihre Körperhaltung, Mimik und Gestik nach seinem Wunsch zu verändern. Folgende Grundelemente können dabei hilfreich sein.


Systemisch Bilder zu stellen

bedeutet, dass eine Person aus der Familie/Gruppe zum "Bildhauer" wird. Der Leiter hat dabei die Aufgabe, den "Bildhauer" nur insoweit zu unterstützen, indem er Fragen stellt, die sich auf die Beziehungsmerkmale beziehen und ihn dazu ermutigt, verschiedene Grundelemente auszuprobieren und zu verändern, bis dieser mit seinem "Bild" zufrieden ist. Im Anschluss daran werden die einzelnen Mitglieder der Skulptur dazu aufgefordert, ihre Position und Haltung beizubehalten und Gefühle wahrzunehmen, die sie in dieser Stellung empfinden. Indem jeder einzelne diese Gefühle dann mitteilt (Fühlt er sich wohl in der jeweiligen Position?, Würde er gerne etwas verändern? Was würde er gerne verändern? Passt das Gefühl, das er empfindet zu dem Gefühl, das der "Bildhauer" hat? Ist es für ihn eine völlig neue Perspektive auf das System oder gleicht sie der eigenen?...) kann eine intensive Auseinandersetzung entstehen, die neue Sichtweisen offen legt und Handlungsalternativen aufzeigt. Im Anschluss an die Vollendung einer Skulptur können bei Bedarf weitere Alternativskulpturen folgen.


Räumlicher Abstand

hilft dabei, emotionale Nähe oder Entfernung zu verbildlichen. Je weiter Mitglieder eines Systems emotional von einander entfernt sind, desto größer ist der räumliche Abstand zwischen ihnen innerhalb der Skulptur. Um die emotionale Distanz zwischen Personen noch zu verstärken bzw. um Gefühle wie Hass, Misstrauen, Abneigung auszudrücken, kann der Beobachter die betreffenden Personen z.B. zusätzlich dazu auffordern, sich gegenseitig den Rücken zuzuwenden.

Untere und obere Positionierungen

der Systemmitglieder dienen dazu, hierarchische Strukturen darzustellen. So können Dominanz bzw. Untergebenheit in der Skulptur dadurch bildhaft gemacht werden, indem eine Person zu einer anderen aus einer räumlich niedrigeren Position hinaufschaut, während letztere wiederum ihren Blick aus der räumlich höheren Position hinunter, auf die andere Person richtet. Eine weitere Möglichkeit ist auch, eine Person z.B. auf einem Stuhl zu platzieren und eine weitere dazu aufzufordern, sich davor auf den Boden zu setzen.


Mimik und Gestik

bieten die Möglichkeit, differenzierte Strukturen innerhalb eines Systems bildhaft darstellen. Hierbei gibt es unzählige Möglichkeiten, wie z.B. Berührungen von Personen (Wer fasst wen an), Blickrichtungen (Wer schaut sich in die Augen? Wer hat keinen Blickkontakt?...), Körperhaltungen (Wer steht gerade und aufrecht, wer steht gebeugt? Wer zeigt mit dem Finger auf wen? Wer steht mit offenen Händen da? Wer ballt seine Hände zu Fäusten?...).
Systemische Vorgehen heißt, die auftretenden Stellungen in ihrem Kontext zu sehen, keinesfalls aus solchen Stellungen lineare oder kausale Wirkungen ableiten zu wollen, sondern den rekursiven und interaktiven Anteil zu beachten und zu besprechen, der sichtbar wird. Nicht das isolierte Individuum, sondern das Individuum im Netzwerk seiner Möglichkeiten steht vor Augen.


Systemische Leitung und Qualifikation

Der Leiter einer Skulptur muss qualifiziert sein und darf keinesfalls nach eigenen dogmatischen Perspektiven oder moralischen Setzungen verfahren. Er muss kritisch genug sein zu erkennen, dass er nicht voreilig zu viel in eine Skulptur hinein interpretieren darf, wenn diese nicht eindeutig genug die wirklichen Gefühle der Betroffenen darstellt.
Durch häufigere Rückversicherungen, und falls erforderlich entsprechende Interventionen, kann das Risiko überstürzter, unangebrachter, fehlerhafter Lösungen vermieden werden.
Ebenso muss der Leitende die Bereitschaft mitbringen, eine problematische Skulptur auszuhalten, z.B. eine Skulptur, die in ihm selbst aufwühlende Empfindungen auslöst.
Auch sollte sich der Leiter darüber im Klaren sein, dass eine Skulptur Widerstandsformen unterlaufen kann, weshalb bestimmte Grenzen der Teilnehmer berücksichtigt und die Integrität des Systems gewahrt werden müssen.
Um Widerstände zu vermeiden, sollte er auf Wertungen gänzlich verzichten und stattdessen eher neutrale Fragen stellen, wie etwa: "Wie fühlen Sie sich dabei?" "Wie geht es Ihnen?".
Die Arbeit mit Skulpturen und die damit verbundene Aufgabe, die Systemmitglieder zu solchen ungewöhnlichen Handlungen zu bewegen, erfordert viel Mut auf Seiten des Leitenden. Außerdem setzt der Umgang mit Skulpturen ein gewisses Maß an Frustrationsbereitschaft des Leiters voraus, wenn dieser beispielsweise einmal zu hohe oder falsche Erwartungen an eine Skulptur hinsichtlich der Problemlösung gestellt hat.
Der Leiter sollte sich als Mittelsperson verstehen, weshalb er darauf achten sollte, vorrangig non-direktiv zu arbeiten. In diesem Zusammenhang ist eine ausgeprägte Beobachtungsgabe unerlässlich.
Der Leiter soll darauf achten, dass sich das aufstellende Systemmitglied über Folgendes bewusst ist:

  • die eigene Vorstellung (wie ich mich sehe)
  • die eigene Vorstellung vom anderen (wie ich dich sehe)
  • die eigene Vorstellung der Vorstellung des anderen von mir (wie ich dich sehe, dass du mich siehst)
  • die eigene Vorstellung der Vorstellung des anderen über meine Vorstellung von ihm (wie ich dich sehe, dass du mich dich sehen
  • siehst)