Literarische Praktiken in Skandinavien um 1900

DFG-Forschungsprojekt

Publikationen

»Es ist deine Pflicht zu benutzen, was du weißt!«
Literatur und literarische Praktiken in der norwegischen Arbeiterbewegung 1900-1931

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Christian Berrenberg. Würzburg: Ergon, 2014.

476 Seiten, EUR 69,00, ISBN: 978-3-95650-031-2

Die Dissertationsschrift betrachtet eine Literatur – norwegische Arbeiterliteratur um 1900 – die laut Literaturgeschichtsschreibung kaum existierte. Im ersten Teil der Arbeit wird die Literaturdebatte der Arbeiterpresse analysiert, um ein milieuspezifisches Verständnis von Literatur zu rekonstruieren. Es zeichnet sich ein Korpus ›guter Literatur‹ ab, das stets mit Zweckgebundenheit und Aktivität assoziiert wurde, weshalb Literatur in diesem Kontext nicht ohne die Praktiken, die sie hervorruft, analysiert werden kann. Der zweite Teil der Arbeit beschreibt, analysiert und kategorisiert eben diese Praktiken, von denen viele in der bisherigen Forschung vernachlässigt bis übersehen wurden. Die meisten sind im Bereich der Weiterbildung zu verorten: proletarisches Lesen, das Verfassen und Vortragen handgeschriebener Zeitungen, proletarisches Theater, Feste, Studienzirkel u.a. Zwei längere Exkurse – zum milieuspezifischen Bildungsbegriff und zur norwegischen sog. Schundliteraturdebatte und der Frage nach ›guter Unterhaltung‹ – dienen der Kontextualisierung der literarischen Praktiken. Im dritten Teil stellt ein zusammenfassender Vergleich mit Schweden die norwegischen Spezifika heraus und es wird eine Definition von Arbeiterliteratur entworfen, die sich durch die Einbeziehung eines größeren Textkorpus sowie der literarischen Praktiken auszeichnet.

 

Sammelband II: Milieus, Akteure, Medien. Zur Vielfalt literarischer Praktiken um 1900

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Hrsg. von Joachim Grage und Stephan Michael Schröder. Würzburg: Ergon, 2013.

262 Seiten, EUR 39,00, ISBN: 978-3-89913-985-3

Die skandinavistischen und germanistischen Beiträge dieses Bandes versuchen sich an einer „Praxeografie des Textuellen“ (Robert Schmidt), indem sie die vielfältigen Praktiken beleuchten, in die Literaturen zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingebunden waren. Auf der Grundlage einer Verschränkung von Handlungstheorien mit Ansätzen der Performativitätsforschung werden sowohl solche Praktiken in den Blick genommen, in denen wichtige Akteure des literarischen Feldes im Mittelpunkt stehen, als auch solche, die sich durch ihre Einbindung und Verwendung von Medien oder durch ihren Bezug auf bestimmte Milieus definieren lassen: das Vorlesen literarischer Texte im Rahmen von Autorenlesungen und in der Schule, die literarischen Praktiken der Avantgarde und der Boheme, die Inszenierung und Rezeption von Literatur durch Grammophon und Radioübertragung, die Interaktion von Literatur und Presse, die Konstituierung eines milieuspezifischen Literaturbegriffs durch Praktiken der Arbeiterbewegung und die intermedialen Inszenierungsformen von Literatur auf einer Buchausstellung. Die Beispiele machen deutlich, dass Literaturgeschichte nicht nur text- und medienhistorische Verläufe, sondern auch die Entstehung und Entwicklung von Praktiken berücksichtigen muss.

Inhalt:

  • Robert Schmidt
    Von der Performativität zu den Praktiken. Anregungen für eine Praxeografie des Textuellen
  • Katharina Müller
    »Hier wird eine Kunst für eine Kunst entfaltet«. Herman Bangs Vorlesekunst in Kontext der Stimm- und Theaterdiskurse um 1900
  • Esther Prause
    »Die Stimmung ist ein scheuer Vogel, der von lautem Gerede leicht in die Flucht geschlagen wird.« Über das Vorlesen in schwedischen Schulen um 1900.
  • Thorsten Hahn
    Skandal! Manifeste, Autofahrten und Ohrfeigen
  • Constanze Breuer
    Sehen statt Lesen. Robert Musils Vereinigungen unter Glas gelegt
  • Anne-Katrin Stolle
    Die Künstlerkneipe Simplicissimus als Forum literarischer Vortragskultur der Schwabinger Boheme
  • Joachim Grage
    »Eine Blume französischer Herkunft auf norwegischem Felsboden«. Literarische Praktiken im Kabarett Chat Noir, Kristiania 1912
  • Jan-Philipp Holzapfel
    Bühne, Buch und Grammophon: Literarische Praktiken im Kontext von Robert Storm Petersens Monolog »13 Øre« und dessen medialen Realisierungen
  • Dörthe Stefer
    Literatur im Äther – Die literarische Praktik der Radiolesung im frühen norwegischen Radio
  • Antje Wischmann
    Hjalmar Söderbergs Erfindung der ›radio-kåseri‹ – die Erzählung »Misstagssonaten« (1925) und ihre Umsetzung als Rundfunklesung (1933)
  • Christian Berrenberg
    Aus der Fabrik in die Literaturgeschichte? Auf der Suche nach einer norwegischen Arbeiterliteratur
  • Anna Frewer
    Presse und literarische Praktiken in Norwegen im ausgehenden 19. Jahrhundert: Arne Garborgs literaturjournalistische Artikel
  • Stephan Michael Schröder
    Literatur als Ensemble von Praktiken: Die Kopenhagener ›Buchausstellung‹ 1922 und der ›Dänische Autorenfilm‹

 

Sammelband I: Literarische Praktiken in Skandinavien um 1900. Fallstudien

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Literarische Praktiken in Skandinavien um 1900. Fallstudien. Hrsg. von Joachim Grage und Stephan Michael Schröder. Würzburg: Ergon, 2012.

278 Seiten, EUR: 42,00, ISBN: 978-3-89913-933-4

Im Zuge der interdisziplinären Diskussion über das Performative wurde in den letzten Jahren verstärkt der Handlungsaspekt von Literatur in den Blick genommen. Die Aufsätze des vorliegenden Bandes knüpfen daran an und untersuchen die Vielfalt literarischer Praktiken jenseits der stillen Textlektüre und der Aufführung auf der Bühne. An Beispielen aus den skandinavischen Literaturen wird gezeigt, wie sich in den Jahrzehnten um 1900, einer markanten Phase der Literaturgeschichte, durch soziale, ökonomische und mediale Umbrüche Handlungsweisen verändern und neue Praktiken etablieren. Nach einer theoretischen Einführung, die den Begriff der literarischen Praktik in Bezug zu aktuellen Positionen der Performativitäts- und Handlungstheorie sowie der Praxeologie setzt, nehmen die Aufsätze jeweils unterschiedliche Akteure, Milieus und Medien in den Blick. Gender-, klassen- und altersspezifische Praktiken werden ebenso untersucht wie das Dichterbegräbnis als multimediale Masseninszenierung, traditionelle literarische Rezeptions- und Vermittlungsformen wie das Lesen und Vortragen ebenso wie Praktiken, die an der Schnittstelle von Literatur und den ›neuen‹ Medien wie Phono- und Kinematographie entstehen.

Inhalt:

  • Schröder, Stephan Michael und Joachim Grage:
    Performativität und literarische Praktiken: Zum Erkenntnispotential einer Verschränkung von Performativitätsforschung und Praxistheorie
  • Müller, Katharina:
    »Die weibliche Lesevereinigung sollte jeder kennen«: Literarische Praktiken, Netzwerke und Sozialkapital in den weiblichen Lesevereinigungen in Skandinavien um 1900
  • Prause, Esther:
    Kontrollierte Freiheit: Die schwedische Debatte um Praktiken kindlichen Genusslesens um 1900
  • Berrenberg, Christian:
    Die handgeschriebenen Zeitungen der norwegischen Arbeiterjugendvereinigungen: »eine weltgeschichtliche, philanthropische und psychologische Mission«
  • Grage, Joachim:
    Literatur im Konzertsaal: Liedvortrag als literarische Praktik (nicht nur) in Kopenhagen
  • Holzapfel, Jan-Philipp:
    Phonographie als literarisches Experimentierfeld: Die dänischen Ruben-Tonaufnahmen (1889–1897)
  • Schröder, Stephan Michael:
    ›La mort de l’auteur‹: Die Funeralinszenierung Bjørnstjerne Bjørnsons 1910

Eine Annotation des Sammelbandes von Florian Brandeburg ist im Nordeuropaforum (2012:1/2), S. 183–185 erschienen.

 

  • Behschnitt, Wolfgang:
    »Text, teater, handling. Om performativitet som ett möjligt litteraturvetenskapligt forskningsperspektiv«. In: Tidskrift för litteraturvetenskap (2007:4), 35-49.
  • Schröder, Stephan Michael:
    Ideale Kommunikation, reale Filmproduktion. Zur Interaktion von Kino und dänischer Literatur 1909–1918. Berlin: Humboldt-Universität zu Bln Nordeuropa Inst., 2011. (= Berliner Beiträge zur Skandinavistik; Band 18).
  • Grage, Joachim :
    »Ballett, Oper, Melodrama – Walküren im Musiktheater des 19. Jahrhunderts«. In: Eddische Götter und Helden. Milieus und Medien ihrer Rezeption. Eddic Gods and Heroes. The Milieux and Media of Their Reception. Hg. von Katja Schulz. Frankfurt a.M. 2011 (Edda-Rezeption; 2), S. 293-311.
  • Behschnitt, Wolfgang: »Literatur als Praxis. Tegnérs Romanze Axel (1822) als Vorlesestück«. In: European Journal of Scandinavian Studies (EJSS) 41 (2011:2).
  • Behschnitt, Wolfgang: Rez. zu Andreas Nyblom: Ryktbarhetens ansikte (2008). In: European Journal of Scandinavian Studies (EJSS) 42 (2012:1), S. 95-99.
  • Holzapfel, Jan-Philipp: »›Man gibt mir drei Minuten, um mich an die Zukunft zu wenden‹. Zur Gründung des dänischen Staatsarchivs für historische Filme und Stimmen 1913«. In: Ruth-E. Mohrmann (Hg.): Audioarchive. Tondokumente digitalisieren, erschließen und auswerten. Münster u.a.: Waxmann, 2013 (= Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland; 121), S. 61–74.

 

 

Letzte Aktualisierung der Seite am: 08. April 2014
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