5.
Beispiele
Themenbeispiele
für den Klassenrat:
Beziehungskonflikte (Schüler - Schüler, Schüler Lehrer)
Außenseiter-Probleme
Kommunikation mit Lehrern
Lehrerbewertung
Planung einer Projektwoche
die Umgestaltung der Sitzordnung
die Einbeziehung aktuell auftretender außerschulischer
Themen in den Unterricht
die Bearbeitungsweise eines Unterrichtsthemas und die entsprechende
Unterrichtsgestaltung
die Verbesserung der Qualität des Unterrichts usw.
Bei allen Themen
ist es entscheidend, dass das Thema oder Problem tatsächlich
mit der Gruppe/Klasse zu tun hat, dass die Gruppe/Klasse über
Ressourcen zur Lösung verfügt und wirkungsvolle Entscheidungen
treffen kann. Ob diese Kriterien erfüllbar sind, sollte und
kann auch erst im Rat diskutiert werden.
Wir
möchten nun noch mögliche Beispiele etwas konkreter aufzeigen:
Beispiel
1:
In einer Klassenratssitzung trägt eine Gruppe von Schülern
vor, es störe sie, dass einige Jungen beim Fußball im
Sportunterricht den Ball viel zu fest schießen würden.
Ein Schüler wurde schon einmal im Gesicht getroffen und hat
dabei Schaden erlitten. Dieses Verhalten würde Ihnen den Spaß
am Fußball nehmen.
Nun kommen zuerst die Angesprochenen zu Wort. Aus ihrer Sicht ist
dieses feste Schießen ganz normal, da nur so ein schnelles
Passspiel und ein guter Torschuss möglich sind.
Nun kommt reihum jeder Schüler zu Wort und nimmt Stellung zu
diesem Problem. Nachdem jeder sich geäußert hat, wird
klar, dass die Mehrheit der Schüler dieses „Gebolze“
als störend oder beängstigend empfinden. Das wird auch
den Schülern klar, die im Sportunterricht fest schießen,
und umgekehrt können einige der anderen Schüler nun verstehen,
dass dieses Verhalten nicht aggressiv gegen sie gerichtet sein soll,
sondern einfach zur Spielweise dieser Schüler gehört.
Nun wird gemeinsam nach einer Lösung für dieses Problem
gesucht. Es werden Vorschläge gesammelt und gut sichtbar für
alle auf einem Metaplanpapier in der Mitte des Sitzkreises notiert.
Nachdem alle Vorschläge aufgeschrieben sind, wird über
jeden einzelnen diskutiert und wo notwendig auch nach dem Mehrheitsprinzip
abgestimmt. In unserem Beispiel stimmt die Mehrheit dafür,
dass beim Fußball die hohen Bälle nicht mehr so fest
geschossen werden dürfen, die flachen Bälle aber schon.
Außerdem wollen 8 Schüler, die gerne härter schießen,
den Sportlehrer fragen, ob sie während der Trainingszeit in
der Sportstunde nicht eine viertel Stunde für ein eigenes Spiel
„4 gegen 4“ nutzen können, bei dem sie so fest
schießen können, wie sie wollen.
Abschließend werden die Ergebnisse im Protokoll festgehalten
und die Umsetzung soll im nächsten Klassenrat bewertet werden.
Beispiel
2:
Während des Unterrichts kommt es in der Klasse der Lehrerin
X häufiger zu Störungen des Ablaufs, in Form von lautem
Reden oder Geschrei und Herumwerfen von Gegenständen. Zumeist
wird dies durch restriktive Maßnahmen unterbunden, was für
eine gewisse Zeit das Klassenklima beeinträchtigt. Lehrerin
X glaubt zu erkennen, dass die Unruhen von Schüler A und B
ausgehen. Hieraus resultiert ein angespanntes persönliches
Verhältnis zwischen der Lehrerin und den beiden Schülern.
Die Lehrerin trägt auf die Wandzeitung ein: Unruhe während
des Unterrichts.
Bei der nächsten Klassenratssitzung (diese Methode ist in der
Klasse ein fester Bestandteil) wird das Thema besprochen. Die Lehrerin
liest den Punkt vor und erläutert ihn aus ihrer Sicht: Sie
beschreibt, wie sie die angesprochene Situation wahrnimmt und wie
sie sich dabei fühlt. Sofern der Klassenrat von jedem Beteiligten
als offen und wertschätzend und nicht bloß sanktionierend
erlebt und akzeptiert werden kann, wird sie dabei auch Schüler
A und B direkt ansprechen. Dies sollte auf eine neutrale, objektive,
wertschätzende Weise erfolgen. Sie sagt, wie unangenehm sie
diese Situationen empfindet, und dass sie sich eine gute Beziehung
zu den Schülern und eine angenehme Klassenatmosphäre wünscht.
Da Schüler A und B direkt angesprochen wurden, können
sie sich als erste dazu äußern. Sie selbst empfinden
sich nicht als Störquelle, haben aber durchaus das angespannte
Verhältnis zur Lehrerin bemerkt. Nun kommen andere Schüler
zu Wort; nach einigen Beiträgen zeichnet sich ab, dass mehrere
Schüler die Störungen selbst als unangenehm empfinden
und sie äußern aus ihrer Sicht, wie es zu diesen kommt.
Häufig scheinen es kleinere Aktionen zu sein, die von Schüler
A und B ausgehen, die eine Reihe weiterer Aktionen unter Beteiligung
der gesamten Klasse hervorrufen. An diesem Punkt wird eine Zwischenbilanz
gezogen und anhand der Notizen des Protokollanten die Sachlage dargestellt.
Es wird deutlich, dass die Störsituationen dem Großteil
der Klasse unangenehm sind, diese aber nicht allein von A und B
zu verantworten sind. Vielmehr gehen sie auf die Beteiligung der
gesamten Klasse zurück. Die Lehrerin erkennt, dass sie ihre
Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation auf A und B konzentriert
hat und verbalisiert dies auch gegenüber A und B. Nun wird
besprochen, wie das Problem gelöst werden kann. Ein Schüler
schlägt vor, dass immer wenn jemand eine Störung provoziert
oder durch Mitmachen dazu beiträgt, 50 Cent bezahlt werden
müssen. Ein Schüler vertritt die Meinung, dass Schüler
A und B einfach nicht mehr mit den Störungen anfangen sollen
und sieht dadurch das Problem als gelöst. Darauf entgegnet
ein anderer Schüler, dass man aber genauso gut einfach nicht
mehr auf bestimmte Aktionen reagieren kann und sich dadurch das
Problem lösen ließe. Nach weiteren Wortmeldungen stimmt
der Klassenrat über die Vorschläge ab: Es wir beschlossen,
zunächst keine Sanktionen einzusetzen. Vielmehr einigt sich
die Klasse darauf, sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen
zu lassen. Da für die Störungen alle verantwortlich sind,
sollen alle den Störungen gemeinsam entgegenzuwirken. Diese
Vereinbarung gilt bis zur nächsten Klassenratssitzung und soll
dann auf ihren Effekt hin überprüft werden.
Unter
dem Stichwort „Klassenrat“ findet man z.B. über
http://www.google.de
etliche Darstellungen zur praktischen Klassenratsarbeit. Dabei fällt
allerdings auf, dass der Klassenrat viel zu oft bloß als Instrument
der Konfliktlösung, aber viel zu wenig als grundlegender Bestandteil
der Partizipation und Demokratisierung des Lehrens und Lernens genutzt
wird. |