Jump to main content

COLOGNE UNIVERSITY MAGAZINE

| In Köln unterwegs

Kölns neue Schattenseite: Abkühlung auf der Hohe Straße

Neuartige Beschattungsmaßnahme durch Sonnensegel entwickelt

Wissenschaftler*innen der Kölner Uni erforschen, erkunden und erleben Köln. Sie beschäftigen sich mit Flora, Fauna und nicht zuletzt den Bewohner*innen der Stadt gestern und heute. Über Interessantes, Skurriles, Typisches oder auch weniger Bekanntes berichten sie in dieser Rubrik. Nils Eingrüber, Wissenschaftler und Dozent am Geographischen Institut, über unsere Stadt als Reallabor. 

Die Hohe Straße in Köln gehört zu den ältesten und am stärksten frequentierten Einkaufsstraßen Deutschlands. Um die sommerliche Überhitzung zu verringern und die Aufenthaltsqualität für Passantinnen und Passanten zu verbessern, haben die Kapitalverwaltungsgesellschaft Aachener Grundvermögen, der viele Gebäude auf der Hohe Straße gehören, und das Stadtmarketing Köln eine neuartige Beschattungsmaßnahme entwickelt. Der Verfügungsfonds Kölner City unterstützt das Projekt im Rahmen des Bundesprogramms »Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren«. 

Viele vertikal befestigte Tücher sollen auf der Hohe Straße Schatten spenden und dafür sorgen, dass es kühler wird. Im Gegensatz zu den im mediterranen Raum bereits etablierten horizontalen Sonnensegeln ermöglichen die vertikal angeordneten Beschattungstücher eine bessere Belüftung der Fußgängerzone – insbesondere bei stehender Sommerhitze – sowie eine bessere nächtliche Abkühlung enger Straßenkorridore. Doch kann man den Effekt auch messen und wissenschaftlich erklären? Hier kommt die Universität ins Spiel. 

Unter Leitung von Professor Dr. Ulrich Löhnert vom Institut für Geophysik und Meteorologie erfassen Studierende erstmalig räumlich hochauflösende Klimadaten in einer mit Verschattungsmaßnahmen ausgestatteten Fußgängerzone einer großen deutschen Innenstadt. Bisherige Daten beruhen auf Modellierungen, mit denen die Kühlwirkung geschätzt wird. Die Sensoren, die in verschiedenen Höhen an Straßenlaternen und Hausfassaden angebracht werden, messen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit – sowohl innerhalb als auch außerhalb der verschatteten Bereiche. So können direkt kleinräumige Temperaturunterschiede durch die Verschattung erfasst werden. Entlang einer Strecke von 50 Metern der Hohe Straße sind über 40 Sensoren montiert. Unser Ziel ist es, belastbare Handlungsempfehlungen für weitere Maßnahmen zur Klimaanpassung in innerstädtischen Einkaufsstraßen abzuleiten – etwa durch zusätzliche Begrünung, Wasserneblungsanlagen, kühlende Baumaterialien oder architektonische Verschattungslösungen.

Gemeinsam mit der Bachelorstudentin Britney Fejzolli vom Geographischen Institut habe ich die ersten Hitzewellen dieses Sommers ausgewertet. Es lässt sich jetzt schon sagen, dass die Verschattungsmaßnahmen in der Hohe Straße an heißen Tagen zu einem signifikanten Kühleffekt von 2 bis 3°C in den Nachmittagsstunden führen können. An besonders windstillen Hitzetagen lässt sich eine Kühlwirkung der Lufttemperatur von bis zu 5°C feststellen. Die gefühlte Temperatur von Passanten kann durch die Verschattung dabei um bis zu 11°C reduziert werden. Die Beschattung trägt somit zu einer deutlich geringeren Hitzebelastung und Komfortverbesserung der Menschen auf der Hohe Straße bei.

Wir nutzen die erhobenen Daten von der Hohe Straße sowie von rund 150 weiteren Sensoren, die im Rahmen des AKT@HoMe-Projektes Temperaturen an verschiedenen Orten Kölns mit Hilfe eines Citizen Science-Ansatzes messen, um dreidimensionale Stadtklima-Modelle wie ENVI-met zu trainieren und zu verbessern. Damit können wir die Wirksamkeit von Hitzeschutzmaßnahmen wie Fassadenbegrünung, Straßenrandbäumen, Flächenentsiegelung oder weißen Oberflächen direkt miteinander vergleichen und identifizieren, welche Maßnahmen an einzelnen Standorten am besten geeignet sind. Denn es gibt nicht die eine »Musterlösung«. Einige Hitzeminderungsmaßnahmen können auch negative Effekte zum Beispiel auf die Luftqualität haben. Und überhaupt: Kombinationen verschiedener Maßnahmen sind meist effektiver als einzelne. 

Weiterlesen: AKT@HoMe
Weitersehen: https://youtu.be/Yn9m8ViQzP8
 

Abonnieren

Die Printausgabe des Unimagazins kann unter uni-magazin@uni-koeln.de abonniert werden.

Download & Archiv

Das aktuelle Magazin zum Herunterladen (PDF 4.6 MB) 
Archiv