Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

6. Reflexion der Methode


>> 6.1 Methodenkompetenz
>> 6.2 Methodenvielfalt
>> 6.3 Methodeninterdependenz


6.1 Methodenkompetenz

Die Partnerarbeit ist eine schülerorientierte Methode, bei der die Schüler durch kommunikatives und kooperatives Arbeiten zusammen nicht nur Fachinhalte, sondern auch Methoden- und Sozialkompetenzen erwerben sollen.
Nach K.H. Cooper wird die Partnerarbeit nicht nur unter dem Aspekt gesehen, dass sie von allen Sozialformen diejenige mit dem geringsten organisatorischen Aufwand ist, sondern dass der Hauptaspekt dieser Arbeitsform darin liegt, dass mit Hilfe der Partnerarbeit „die Erziehung des jungen Menschen zur Partnerschaft, also zur Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Mitmenschlichkeit, Verantwortung, Fairness und Liebe“ (Coppes 1969, 33f) gefördert werden soll. Folglich ist Partnerarbeit eine wichtige Vorbereitung auf dem Weg zur Teamfähigkeit. Bevor man ungeübte Schülerinnen und Schüler in die Gruppenarbeit entlässt und dabei eventuell ein Chaos erlebt, sollte man ihnen über die Einzel- und Partnerarbeit die Qualifikationen vermitteln, die Voraussetzung für die produktive Arbeit in einer Gruppe sind (vgl. dazu Methodenkarte Partnerarbeit). Es kann auch von sozialer Kontrolle gesprochen werden, denn jeder Partner kontrolliert mehr oder minder bewusst und unbewusst seinen Partner. Ohne diese eher unbeabsichtigte Kontrolle würde die Arbeit nicht funktionieren. Allerdings ist hier zu beachten, dass sich sowohl Lernende als auch Lehrende darüber verständigen müssen, wie und nach welchen sozialen Regeln sich Partnerschaft und Partnerarbeit in der vorhandenen Gruppe gestalten und positiv entwickeln lässt. Hier geht es nicht nur um das Ideal der Partnerschaft, sondern vorrangig um die Realität des gemeinsamen Miteinanders. Es steht in der besonderen erzieherischen Verantwortung der Lehrenden, ein positive Beziehungs- und Lernklima herzustellen und dafür einzutreten, dass die Partnerschaften allen Lernern Chancen für eigenes Wachstum eröffnen und nicht zu Schikane, Mobbing oder Diskriminierungserfahrungen irgendeiner Art führen. Gerade hier ist hohe Sensibilität und Präsenz der Lehrenden erforderlich, da die Lernenden sich oft an ungeeigneten Vorbildern orientieren.
Nach Hilbert Meyer ist die Partnerarbeit unter dem Stichpunkt des individualisierten Unterrichts aufgelistet. Typische Schülertätigkeiten bei der Partnerarbeit sind das Suchen eines Lernpartners, das eventuelle Aussuchen von Aufgaben (bei Freiarbeit), die gemeinsame Erarbeitung und die individuelle und, wie schon erwähnt, die gegenseitige Kontrolle. Nach Kersten Reich könnte man aber auch umgekehrt argumentieren und sagen, dass die Partnerarbeit der erste wichtige Schritt in das sozialisierende Lernen ist. Denn näher betrachtet ist gerade die Partnerarbeit eben nur in dem Eigenarbeitsanteil individualisierend, sie gewinnt ihre Stärke jedoch aus der Interaktion und dem sozialen Kontakt, der dann entwicklungsfördernd wirken kann, wenn insbesondere durch leistungsheterogene Paarbildungen und präsente Lehrer das individuelle Lernen mit dem sozialen Lernen unmittelbar verknüpft wird. Für Hilbert Meyer scheint der Frontalunterricht dagegen eine sozialisierte Form zu sein, der individualisierte Formen  zur Seite stehen. Nach der konstruktivistischen Didaktik ist diese Aufteilung jedoch irreführend, denn all diesen Lernformen wohnt immer schon ein soziales Verhältnis inne, das leicht übersehen wird. Dies geschieht insbesondere, wenn die Partnerarbeit als bloße Teamarbeit scheinbar rein methodisch definiert wird, ohne die sozialen Hintergrundbedingungen mit einzubeziehen. Dann wundert sich im schlimmsten Fall die Lehrerin, dass die Partnerarbeit zwischen einer deutschen Schülerin und einem türkischen Mitschüler nicht funktioniert (oder sie setzt beide erst gar nicht zusammen), weil die Partnerar4beit zu wenig als soziales Verhältnis begriffen wurde. In der Didaktik müssen wir Partnerarbeit deshalb gerade als die Gestaltung sozialer Beziehungsverhältnisse verstehen und bewusst gestalten, um die soziale Kommuni­kation in einer heterogenen und diversen Lebens- und Schulwelt positiv zu entwickeln.  Die Methode der Partnerarbeit zeigt im Hinblick auf die Entwicklung des Selbstvertrauens der Schüler/innen eine besondere Bedeutung. Dies hat auch zur Folge, dass sich die Lehrertätigkeit verändert: Der Lehrer hat nicht nur zur Aufgabe, die Lernmaterialien bereitzustellen, die Schüler und Schülerinnen zu beobachten und gelegentlich Hilfestellung zu leisten, sondern auch bewusst und zielgerichtet in die Entwicklung der Sozial- und Methodenkompetenzen so einzugreifen, dass sich die Lernchancen aller Lerner erhöhen können. Der sozialisierte Unterricht hilft,  nicht nur Methodenkompetenzen mit den Lerngegenständen aufzubauen, sondern vor allem soziale Kompetenzen im Umgang miteinander zu entwickeln. Die Partnerarbeit ist deshalb nicht nur gut für das Üben und Festigen, für das Wiederholen und Kontrollieren von Gelernten, sondern auch für die Entwicklung eines sozialen Klima, in dem man sich ausreden lässt, dem anderen zuhört, die Arbeiten von anderen schätzen lernt und sich gegenseitig Respekt erweist. Partnerarbeit hat hierbei einen besonders wichtigen Platz in den Erarbeitungsphasen. Sie lässt sich mit allen anderen Unterrichtsmethoden gut kombinieren, ist leicht planbar und kann durch die begrenzte Dauer in alle Lernarrangements einfach integriert werden.


6.2 Methodenvielfalt

Im Rahmen der Methodenvielfalt sollte die Partnerarbeit immer wieder neben Einzel- bzw. Gruppenarbeiten oder deren spezifischen Formen zum Einsatz kommen. Dabei kann es durchaus so sein, dass die Partnerarbeit ebenso gut als Einzel- oder Gruppenarbeit ausgeführt werden könnte, aber mitunter bietet sie sich auch als die günstigere Perspektive an. Dies gilt besonders dann, wenn der Arbeitsauftrag für einen einzelnen Schüler wegen großer Leistungsunterschiede in der Gruppe zu komplex ist, wenn er gezielte Übungen erforderlich macht, die im Paar leichter funktionieren als in einer gruppe, insbesondere wenn sich die Arbeit so aufteilen lässt, dass die Partner sich gegenseitig helfen und unterstützen können. Bei der Teambildung und wenn es um die Förderung der Klassengemeinschaft geht, sollte darauf Wert gelegt werden, dass auch neue Partnerschaften gebildet werden. Es können zwar Zufallspartnerschaften gebildet werden, aber auch bewusst ausgesuchte Partnerschaften nach heterogenen Gesichtspunkten sind durchgehend vorzusehen. Hierbei sollen die Schüler/innen aktiv beteiligt werden: Wer liegt bei dieser Frage am weitesten auseinander? Wer hat die größten Unterschiede zueinander? Wer hat bisher noch nicht zusammen gearbeitet? usw. Solche Reflexionen helfen den Lernern in den Differenzen immer auch das sozial Gemeinsame zu thematisieren und bei Schwierigkeiten offen und transparent nach Lösungen im Umgang mit Heterogenität und Diversität zu suchen.
Ab und an können auch Zufallspartnerschaften gebildet werden. Sie sind bei Lehrenden besonders beliebt, weil sie scheinbar gerecht zu sein scheinen. Aber hinter dieser vermeintlichen Gerechtigkeit steht bloß der Gedanke der Individualisierung und nicht die Aufgabe, soziale Chancen und ein positives Klassenklima bewusst herzustellen. Später werden sich gerade die Lehrer, die nur so vorgehen, beklagen, dass sie in der Klasse mit sozialen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
Bei der Zufallspartnerschaftsbildung könnten Spielkarten mit so vielen Paaren wie Schülerpaare vorhanden sind, verteilt werden. Es werden zwei Bildhälften zusammen gefügt, so dass z.B. weibliche und männliche Tiere zueinander finden müssen. Wichtig ist, dass der Lehrperson bewusst ist, dass – wie bei den Erwachsenen – nicht jedes Kind mit jedem anderen von vornherein gut zusammenarbeiten kann. Erzwungene Partner arbeiten eher gegeneinander als miteinander. Aber genau dies muss zum Anlass genommen werden, dass solche Partnerschaften aus der höheren Einsicht gebildet werden, um die Zusammenarbeit mit dem gemeinsamen Ziel zu verbessern, dass man auch später im Leben sich die Partner in der Arbeitswelt nicht immer aussuchen kann. Nimmt die Lehrerin das Nichtkönnen hin, dann hat sie den Kampf um mehr soziales Miteinander schon verloren!
Es gibt zahlreiche Anlässe im Unterricht die Methode der Partnerarbeit anzuwenden. In den Fremdsprachen können die Partner Dialoge vorbereiten, die sie später vor der Klasse vorspielen, in Mathematik werden schwierige Problemstellungen gemeinsam gelöst, in Geschichte werden Quellen zu zweit interpretiert, in Kunst erstellen zwei Leute ein Produkt, in Deutsch gibt es Partnerdiktate, werden Stoffsammlungen durchgeführt. Hausaufgaben kann man sich gegenseitig vorlesen, Schaubilder, Statistiken und Karikaturen zu zweit erschließen. Nach einer ersten Einübung sollten die Partnerarbeiten aber auch von den zu einfachen und reproduktiven Arbeiten wegkommen und kreative, anspruchsvolle, reflexive Formen annehmen.

 

6.3 Methodeninterdependenz

Die Methode der Partnerarbeit setzt im Zusammenwirken mit anderen Methoden besonders an der Stelle ein, wo etwas gemeinsam erarbeitet und dann auch zu zweit präsentiert werden soll. Die soziale Interaktion spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Im Zusammenhang mit der  konstruktivistischen  Didaktik geht es hier nicht primär um die Wissensaufnahme, sondern darum, das selbstständige Lernen, entdeckendes Lernen, praktisches Lernen und  kooperatives Lernen zu fördern. Hier ist wie bei allen anderen Methoden auch darauf zu achten, dass die Partnerarbeit nicht isoliert und ohne Präsentation oder Evaluation ihrer Wirksamkeit betrieben werden sollte.