Studienbibliographie zur neueren
skandinavistischen und fennistischen Literaturwissenschaft

2.2.1 Einführungen in die Literaturtheorie

Im gleichen Maße, wie die Literaturtheorie für die Literaturwissenschaft an Wichtigkeit zunahm, verzweigte sie sich auch. Methoden- und Theoriepluralismus heißt das Phänomen, das nichts weiter besagt, als dass es keine Leittheorie (mehr) gibt, der sich alle anderen unterordnen würden. Der Preis, den man für einen solchen Pluralismus zahlen muss, ist eine gewisse Unübersichtlichkeit, der ›Einführungen in die Literaturtheorie‹ abhelfen können.

Eine Einführung in die Literaturtheorie aus dem Blickwinkel der Ästhetik bietet Zima.


Köppe, Tilmann, u. Simone Winko: Neuere Literaturtheorien. Eine Einführung

2. aktual. u. erw. Aufl. Stuttgart u. Weimar: J.B. Metzler, 2013.

In diesem Band werden in erster Linie die neueren Literaturtheorien seit den 1980er Jahren vorgestellt, wobei aber auf wichtige Vorläufertheorien ebenso eingegangen wird. Anliegen ist es, »die Theorien möglichst verständlich und voraussetzungsarm darzustellen, ohne den Sprechgestus der referierten Texte wiederzugeben«. Von anderen Einführungen unterschiedet sich der Band vor allem in der breiteren Auswahl der dargestellten neueren Literaturtheorien sowie in dem Wert, der der Vergleichbarkeit der verschiedenen Ansätze beigemessen wird. Abschließend zu jedem Kapitel findet sich eine (sehr knappe) Beispielinterpretation und eine Liste verwendeter und empfohlener Literatur. [KaP]


Nünning, Ansgar (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe

5., aktual. u. erw. Aufl. Stuttgart u. Weimar: J.B. Metzler, 2013.

Innerhalb eines Jahrzehntes hat sich dieses Lexikon mit seinen über 650 Artikeln, geschrieben häufig von führenden Forschern auf dem betreffenden Feld, unumstritten als Standardwerk zur Literatur- und Kulturtheorie etabliert. Es bietet »Einführungen in die wichtigsten literatur- und kulturwissenschaftlichen Ansätze, deren Hauptrepräsentanten und die von ihnen geprägten Grundbegriffe. Im Mittelpunkt der Artikel stehen die Charakterisierung der theoretischen Grundlagen der verschiedenen Ansätze und die Erläuterung der jeweils relevanten Konzepte sowie der methodischen Zugangsmöglichkeiten zur Analyse von literarischen und kulturellen Phänomen.« (Aus dem Vorwort zur ersten Ausgabe 1998, S. V). Jeder Artikel bietet umfangreiche Literaturhinweise. — Separat sind zwei Auskoppelungen des Gesamtbandes erschienen, ebenfalls beide von Ansgar Nünning herausgegeben: Grundbegriffe der Literaturtheorie. Stuttgart u. Weimar, 2004 (= Sammlung Metzler; 347); sowie Grundbegriffe der Kulturtheorie und Kulturwissenschaft. Stuttgart u. Weimar: Metzler, 2005 (= Sammlung Metzler; 351) (letzter Band erhält eine Auswahl von 150 Artikeln aus dem Lexikon, die um Artikel zu Grundbegriffen der Kulturwissenschaft ergänzt worden sind). [SMS]


Renner, Rolf Günter, u. Engelbert Habekost (Hg.): Lexikon literaturtheoretischer Werke

Stuttgart: Kröner, 1995 (= KTA; 425).

Sortiert nach dem Titel des Werkes, stellt dieses vorzügliche Nachschlagewerk ein Korpus von über 400 Texten aus dem Bereich der literaturtheoretischen Diskussion von der Antike bis heute vor, wobei der Schwerpunkt jedoch auf Werken des 20. Jh. liegt. Die einzelnen Artikel referieren Argumentation, Hauptgedanken und Wirkung des betreffenden Textes und geben knappe weiterführende Literaturhinweise (auch auf deutsche Ausgaben der Texte). Register nach Sachgebieten, Register nach Sachbegriffen sowie ein nach Autoren geordnetes Verzeichnis der besprochenen Werke am Schluss des Bandes. [TFS]


Selden, Raman, Peter Widdowson, u. Peter Brooker: A Reader's Guide to Contemporary Literary Theory

5. Ausg. Harlow: Pearson Educated, 2005.

Eine nicht zuletzt didaktisch gute Einführung in die wichtigsten Literaturtheorien: Auf eine kurze, pointierte Darstellung folgt jeweils eine Liste mit empfohlenen Originaltexten (»Key texts«) und vertiefender Lektüre (»Further reading«). Behandelt werden »New Criticism, moral formalism and F.R. Leavis«, »Russian formalism and the Bakhtin School«, »Reader-oriented theories«, »Structuralist theories«, »Marxist theories«, »Feminist theories«, »Poststructuralist theories«, »Postmodernist theories«, »Postcolonialist theories«, »Gay, lesbian and queer theories«. Der Band endet mit einer Diskussion über unsere Zeit der »Post-Theory«. Anhang 1 enthält eine Liste empfohlener Wörterbücher und Glossare zur Literaturtheorie, Anhang 2 eine Liste einschlägiger (englischsprachiger) Zeitschriften. Ein Namens- und Titelregister sowie ein Sachregister erhöhen die Benutzbarkeit des Bandes. [SMS]


Eagleton, Terry: Einführung in die Literaturtheorie

[Literary Theory. An Introduction; 1983.] Übers. v. Elfi Bettinger u. Elke Hentschel. 5. durchges. Aufl. Stuttgart: Metzler, 2012 (= SM; 246). [1. Aufl. 1988]

Auch wenn Eagletons Einführung mittlerweile schon bald dreißig Jahre alt ist, ist sie immer noch eine der besten Annäherungen an die Literaturtheorie bis zum Beginn der Dekonstruktion (also ohne Theorien wie New Historicism, Gender Studies/Queer Studies/Men's Studies, Postkolonialismus, Performativität etc.). Das Buch verkörpert alle Tugenden angloamerikanischer Einführungen: klar und ohne Umschweife in der Formulierung, also im besten Sinne ›lesbar‹, mit dem Mut zur Wertung und zur Zusammenfassung. So fügt Eagleton etwa New Criticism, Strukturalismus und Semiotik zu einem Kapitel, ebenso Hermeneutik, Rezeptionstheorie und Phänomenologie, während der Psychoanalyse und dem Poststrukturalismus (Dekonstruktion) je ein eigenes gewidmet wird. Dass Eagleton aus einer dezidiert materialistischen (will sagen: marxistischen) Position heraus schreibt, macht auch das Schlusskapitel deutlich: es heißt ›Politische Kritik‹. Das Literaturverzeichnis berücksichtigt nur im Text erwähnte Arbeiten. Die 4. dt. Auflage beinhaltet auch das ›Nachwort‹, das Eagleton für die englische Zweitausgabe seines Klassikers 1996 schrieb und das von 1996 aus auf die Theorieentwicklung seit Ersterscheinen des Buches zurückblickt. [SMS/TFS]


Culler, Jonathan: Literaturtheorie. Eine kurze Einführung

[Literary Theory. A Very Short Introduction; 1997.] Übers. v. Andreas Mahler. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 2002 (= RUB; 18166).

Diese ›kurze Einführung‹ (im amerikanischen Original: ›sehr kurze Einführung‹] verfolgt nicht den Ansatz, die Entwicklung der Literaturtheorie als Abfolge verschiedener ›Schulen‹ und ›-ismen‹ darzustellen, wie dies sonst üblich ist. Statt dessen bietet Culler in seiner konzentrierten, dabei aber zugleich leicht zu lesenden Einführung eine Diskussion der Legitimation der Literaturwissenschaft sowie der gemeinsamen Grundannahmen und Fragestellungen der zum Entstehungszeitpunkt des Buches aktuellen Theorien in acht Kapiteln, die mit »Was ist Theorie?«, »Was ist Literatur und ist sie wichtig?«, »Literatur und Kulturwissenschaft«, »Sprache, Bedeutung und Interpretation«, »Rhetorik, Poetik und Lyrik«, »Erzählen«, »Performative Sprache« und »Identität, Identifikation und das Subjekt« überschrieben sind. Wer trotzdem von seinem ›-ismen‹-zentrierten Zugang zur Literaturtheorie nicht lassen will, bekommt im »Anhang« noch die wichtigsten theoretischen Schulen und Strömungen äußerst kompakt auf jeweils einer Seite skizziert. Das Buch ist allerdings deutlich einer angloamerikanischen Theorieperspektive mit gelegentlichen Ausblicken nach Frankreich verpflichtet. Nach der Frankfurter Schule z.B. sucht man vergebens, und mit ›Kulturwissenschaft‹ ist einzig die angloamerikanische Tradition der Cultural Studies gemeint. Personen- und Sachregister. [SMS]


Bogdal, Klaus-Michael (Hg.): Neue Literaturtheorien. Eine Einführung

3. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2005. [1. Aufl. Opladen: Westdt. Verlag 1990]

Zehn Kapitel behandeln: Michel Foucaults historische Diskursanalyse, Jacques Lacans strukturale Psychoanalyse, Louis Althussers symptomatische Lektüre von Ideologie, eine semiotisch orientierte Diskursanalyse, Bourdieus Kultursoziologie, neuere Hermeneutikkonzepte, literaturwissenschaftliche Rezeptions- und Handlungstheorien, Systemtheorie, feministische Literaturwissenschaft und Dekonstruktion. Anders als etwa Eagletons (S. 178) historisch einordnender und mehrere Ansätze kritisch zusammenfassender Überblick werden hier didaktisch gut aufgebaute Einzeldarstellungen gegeben, wobei es vor allem auf die verständliche Erläuterung zentraler Begriffe ankam. Bogdals einführendes Kapitel fragt nach Ursprüngen und Gründen für die ›Methodologisierung‹ der Literaturwissenschaft und die damit einhergehende Heterogenität sowie nach den Konsequenzen (z.B. dass es keinen ›privilegierten Standpunkt‹ mehr gibt). — Der Band wurde später ergänzt durch einen ›Applikationen-Band‹. [TFS]


Hörisch, Jochen: Theorie-Apotheke. Eine Handreichung zu den humanwissenschaftlichen Theorien der letzten fünfzig Jahre, einschließlich ihrer Risiken und Nebenwirkungen

Ffm: Eichborn, 2004 (= Die Andere Bibliothek).

Eine Präsentation nicht nur literaturwissenschaftlicher Theorien durch einen der prominentesten deutschen Literatur- und Medienwissenschaftler, die eingestandenermaßen stark persönlich geprägt ist: »Die vorliegende Theorie-Apotheke versucht zu rekonstruieren, welche Theorien auf welche Probleme ansprechen und welche Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Risiken sie haben. Sie will Grundzüge, Grundgesten und Grundbegriffe derjenigen Theorien vorstellen und prüfen, die in den letzten fünfzig Jahren das Sagen hatten und zum Widerspruch reizten. Daß auch die in der vorliegenden Theorie-Apotheke gegebenen Referate zum Widerspruch reizen werden, liegt auf der Hand. Geht es doch um die pointierte, produktive Vereinfachungen nicht scheuende Darstellung von haltbaren Grundgedanken - und um den Verdacht, daß es mit der Haltbarkeit dieser Grundgedanken mitunter schlecht bestellt ist.« (S. 23f) Nicht als Einführung in die Literaturtheorie geeignet, aber mit Gewinn zu lesen, wenn man sich bereits etwas im Theorie-Dschungel orientieren und selbst zu einem Urteil über Hörischs streckenweise polemische Diskussion kommen kann. [SMS]


Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften

5. Aufl, mit neuem Nachwort. Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Taschenbuch Verlag, 2014 (= rowohlts enzyklopädie; 55675).

Statt ihren Ausgangspunkt in einzelnen Theorien oder Theoriesträngen wie Strukturalismus, Poststrukturalismus, Hermeneutik o.ä. zu nehmen, versucht Bachmann-Medick »eine andere Geschichte der Kulturwissenschaften« zu skizzieren, »die gerade die Vielzahl der cultural turns zum Leitfaden nimmt« (S. 7). In Einzelkapiteln werden die folgenden turns als Ausdruck neugewonnener Analysekategorien der selbstreflexiven und metadisziplinären Kulturwissenschaften diskutiert: Interpretive turn, Performative turn, Reflexive turn/Literary turn, Postcolonial turn, Translational turn, Spatial turn, Iconic turn. Den einzelnen Kapiteln folgt jeweils eine nützliche Literaturliste zu dem jeweiligen turn. [SMS]




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