Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

3. Theoretische und praktische Begründung

>> 3.1. theoretische Begründung
>> 3.2. prakttische Begründung


3.1. Theoretische Begründung

Der pädagogischen Begründung der Methode Juniorfirma liegt ein uraltes didaktisches Prinzip zu Grunde, nach dem der Lernerfolg dann gesteigert werden kann, wenn sich die Lernenden die Lerninhalte aktiv handelnd am real-konkreten Gegenstand erarbeiten. Dieses Prinzip des „Learning by doing“ geht zurück auf Pädagogen wie Rousseau, Pestalozzi, Kerschensteiner, die das „Erfahrungslernen“, den „bildenden Wert der Arbeit“ und die „Selbstfindung der Erkenntnisse“ betont haben. So findet bereits 1796 ein selbstverwalteter Schülerladen in einer Leipziger Bildungsanstalt Erwähnung. Noch intensiver und moderner wird das handlungsorientierte Lernen allerdings bei Dewey begründet, der jegliche Versuche einer naturalistischen Abbildung vermeidet und Lernen als erster Pädagoge konsequent als konstruktives Handeln versteht.
Die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entstandenen Arbeits- und Produktionsschulen geben Beispiele, die als eine Art Vorgänger der Juniorfirma gelten können: durch Eigenständigkeit und Eigenarbeit wollten sie die „Buch-Schule“ ersetzen, die in ihren Augen zu lebensfern, verstandesorientiert und rezeptiv war. Sie verlegten den Ort des Lernens in die Arbeitswelt, in reale Firmen.
Wenn man ein handlungsbezogenes Lernen errichten will, wie es z.B. Dewey als besonders lernereffektiv annahm, dann bedeutet dies auch, dass die Rolle der Lernenden sich verändert. Im Gegensatz zu den Arbeitsschulen der Reformpädagogik wird in Juniorfirmen deshalb verstärkt auf ein selbst gesteuertes Lernen gesetzt. Ausgehend von diesem Grundgedanken vereint die Juniorfirma drei didaktische Zielebenen in sich:

  • Didaktische Ziele
  • Ökonomische Ziele
  • Innovative Ziele
  • Die didaktischen Ziele betonen hierbei den Ausbildungswert, in dem während der Arbeit in der Juniorfirma Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und personale Kompetenz vermittelt und erworben werden.

    Zur Fachkompetenz zählen insbesondere:
  • Kaufmännisches Zusammenhangwissen,
  • Fähigkeit zur flexiblen und individuellen Kundenorientierung,
  • Differenzierte Rollenwahrnehmung unterschiedlicher Akteure,
  • Organisationskompetenz,
  • Unternehmerisches Handeln.

    Zur Methodenkompetenz zählen insbesondere:
  • Befähigung zur selbstständigen und kooperativen Bearbeitung komplexer Sachverhalte und Handlungen. Dazu gehören Tätigkeiten wie Informieren, Planen, Entscheiden, Ausführen, Kontrollieren und Auswerten.
  • Problemlösungskompetenz,
  • Führung und Organisation sowie Steuerung von Prozessen,
  • Vermittlungskompetenz / Präsentationstechniken.

    Neben den Fach- und Methodenkompetenzen sollen durch die Mitarbeit in einer Juniorfirma auch die sozialen und personalen Kompetenzen der Auszubildenden gefördert werden. Dazu zählen Fähigkeiten wie Kooperations- und Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, oder die Lern- und Leistungsmotivation.“ (Vgl. KUTT in WITTWER (Hrsg.) (2001), S. 31f)

    Die ökonomischen Ziele betonen den Geschäftswert und die Gewinnerzielung, da es sich bei der Juniorfirma grundsätzlich um ein nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführtes Unternehmen handelt.

    Die innovativen Ziele betonen die Veränderung, den Prozess und die Fluktuation, die automatisch in einer Firma mit ständig wechselnder Belegschaft (begründet durch das Kommen und Gehen der jeweiligen Ausbildungsgeneration) entstehen.

    Diese drei Leitziele bergen Lernchancen in ihrem jeweiligen Bereich, stehen allerdings auch in einem direkten Konkurrenzverhältnis zueinander. So können durch eine extreme Bevorzugung etwa des ökonomischen Ziels die didaktischen und innovativen Ziele eingeschränkt werden, wenn z.B. bereits die Mitarbeiterauswahl ausschließlich nach Leistungs- und nicht nach pädagogischen Gesichtspunkten erfolgt. Dieser Aspekt spielt insbesondere im Hinblick auf das Lernziel „Selbstständigkeit“ eine Rolle. Selbstorganisiertes Arbeiten und Lernen im Rahmen der Juniorfirma ist gut geeignet, Selbstständigkeit bei den Auszubildenden zu fördern. Es bewirkt zwangsläufig, dass Fehler gemacht und vom Ausbilder sogar zugelassen werden müssen. Denn Fehler sind Lernchancen, aus denen Erkenntnisse gewonnen und Erfahrungen für die Zukunft gemacht werden können. Sie haben eine Bedeutung für die didaktische Zielebene und schränken gleichzeitig (kurzfristig) die ökonomische Zielebene ein.

    Die Juniorfirma ist eine Ausbildungsmethode, in der die ökonomischen (Lern-)Ziele nicht die einzigen, sondern Ziele neben anderen sind.

    Neben den weiter oben angesprochenen Gründen für aktiv-handelndes, selbst gesteuertes Lernen bietet die Juniorfirma die Möglichkeit des berufsfeldübergreifenden Lernens. Die heterogenen Lerngruppen ermöglichen Berührungs- und Austauschpunkte. Wichtige fachübergreifende Erfahrungen können gemacht, Einsichten gewonnen und Vorurteile anderen Berufsfeldern gegenüber abgebaut werden.

    3.2. Praktische Begründung

    In einem vom Bundesinstitut für Berufsbildung begleiteten Modellversuch von 1983 – 1986 wurde die Methode in acht Betrieben unter der Trägerschaft der IHK Bodensee-Oberschwaben entwickelt. Hier etablierte sich auch der Begriff Juniorfirma. Alle acht Firmen machten äußerst positive Erfahrungen mit diesem neuen Ausbildungskonzept und führen ihre Juniorfirmen bis heute fort. Insgesamt gab es Ende der 90er Jahre in Deutschland ca. 60-80 Juniorfirmen, zusammen mit Schülerfirmen im schulischen Bereich erhöht sich ihre Zahl auf etwa 360.
    Durch die Einführung der Juniorfirma als Ausbildungsmethode lässt sich in den entsprechenden Betrieben eine generelle Verbesserung der Ausbildung bei häufiger Senkung der Ausbildungskosten beobachten. Die Motivation und die Arbeitszufriedenheit der Auszubildenden sind, auf Grund der Arbeit in einer „realen“ Firma und der unmittelbaren Sinnhaftigkeit ihrer Ausbildung, sehr hoch.
    Hinzu kommt, dass die Juniorfirmen häufig als Vorreiter für innovative Prozesse, Produkte oder Marktstrategien innerhalb ihrer Mutterfirma dienen. Die zumeist jungen Mitarbeiter bringen in der Regel eine hohe Kompetenz im informationstechno-logischen Bereich mit und gehen unkonventionell an Probleme und Herausforderungen heran. Auf Grund ihres Alters haben sie einen authentischen Zugang zur Jugend und können so bei der Imagepflege und der Gewinnung junger Kundenschichten hilfreich sein.